Neues Biomaterial 24.06.2024, 12:03 Uhr

Kunststoff aus Gerstenstärke soll das Plastikproblem verringern

Forschende der Universität Kopenhagen haben einen neuen, vollständig biologisch abbaubaren Biokunststoff aus Gerstenstärke und Zuckerrübenabfällen entwickelt, der das Potenzial hat, die Plastikverschmutzung erheblich zu reduzieren.

Kunststofffolie aus Gerstenstärke

Die Kunststofffolie des dänischen Forschungsteams aus Gerstenstärke.

Foto: Andreas Blennow

Plastik dominiert unser Leben. Von Verpackungen über Kleidung bis hin zu Flugzeugteilen – überall finden wir Kunststoff. Doch die dunkle Seite dieser Allgegenwärtigkeit ist die immense Umweltverschmutzung. Plastikberge schwimmen in den Ozeanen, mikroskopisch kleine Partikel gelangen in unsere Körper. Recycling scheint nicht die Antwort zu sein, denn nur neun Prozent der Kunststoffe werden tatsächlich recycelt. Der Rest wird verbrannt oder landet in der Natur, was katastrophale Folgen für die Umwelt hat.

Eine vielversprechende Lösung kommt nun von der Universität Kopenhagen. Forscher haben dort ein innovatives Material entwickelt, das aus Gerstenstärke und Zuckerrübenabfällen besteht. Dieser Biokunststoff ist nicht nur widerstandsfähig, sondern auch vollständig biologisch abbaubar. Innerhalb von nur zwei Monaten wird er in der Natur zu Kompost. Professor Andreas Blennow vom Fachbereich Pflanzen- und Umweltwissenschaften erklärt: „Unser neues Material ist stärker und wasserbeständiger als bisherige Biokunststoffe und kann komplett von Mikroorganismen zersetzt werden.“

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Der Weg zur Entwicklung

Das Forschungsteam hat sich der Herausforderung gestellt, ein Material zu schaffen, das nicht nur biologisch abbaubar, sondern auch praktisch und vielseitig einsetzbar ist. Sie verwendeten dafür Amylose und Zellulose, zwei natürliche Substanzen, die in der Pflanzenwelt weit verbreitet sind. Amylose wird aus Pflanzen wie Mais, Kartoffeln, Weizen und Gerste gewonnen, während Zellulose ein Kohlenhydrat ist, das in allen Pflanzen vorkommt. Besonders innovativ ist der Einsatz von Nanocellulose, die aus Abfällen der Zuckerindustrie hergestellt wird und für die mechanische Festigkeit des neuen Materials sorgt.

Ein entscheidender Schritt war die Entwicklung einer speziellen Gerstensorte, die reine Amylose produziert. Reine Amylose verwandelt sich im Gegensatz zu herkömmlicher Stärke nicht in Brei, wenn es mit Wasser interagiert – was für die Herstellung von robusten Biokunststoffen essentiell ist. Diese Zusammenarbeit mit der Universität Aarhus führte zur Gründung eines Spin-off-Unternehmens, das die Produktion und Weiterentwicklung vorantreibt.

Nachhaltige Produktion und Verwendung

Die Rohstoffe für den neuen Biokunststoff werden entweder in Wasser gelöst und vermischt oder unter Druck erhitzt. Das Ergebnis sind kleine Pellets, die weiterverarbeitet und in verschiedene Formen gepresst werden können. Diese Methode ist nicht nur effektiv, sondern könnte auch problemlos weltweit eingesetzt werden. „Die gesamte Produktionskette für amylosereiche Stärke existiert bereits“, betont Blennow. Millionen Tonnen reiner Kartoffel- und Maisstärke werden jährlich produziert, was die Skalierbarkeit des neuen Materials ermöglicht.

Die Anwendungsmöglichkeiten des neuen Biokunststoffs sind vielfältig. Besonders interessant ist sein Einsatz in der Verpackungsindustrie. Lebensmittelverpackungen könnten in Zukunft aus diesem umweltfreundlichen Material bestehen. Aber auch in anderen Bereichen, wie der Automobilindustrie für die Innenverkleidung von Autos, sieht Blennow großes Potenzial.

Herausforderungen und Zukunftsperspektiven

Trotz der vielversprechenden Ergebnisse gibt es noch einige Hürden zu überwinden. Der Weg von der Laborproduktion zur großflächigen industriellen Fertigung ist lang. Doch Blennow und sein Team sind optimistisch. Derzeit arbeiten sie an der Patentanmeldung, die den Weg für die Produktion ebnen soll. Auch die Zusammenarbeit mit dänischen Verpackungsunternehmen zeigt, dass die Industrie bereit ist, neue Wege zu gehen.

Recycling allein wird das Plastikproblem nicht lösen. Die verschiedenen Kunststoffarten müssen sorgfältig getrennt werden, um Schadstoffe zu vermeiden. Dies ist ein aufwendiger und oft ineffizienter Prozess. Daher plädiert Blennow für ein Umdenken: „Wir sollten Materialien verwenden, die wie Plastik funktionieren, aber die Umwelt nicht verschmutzen.“ Der Biokunststoff aus Gerstenstärke könnte ein wichtiger Schritt in diese Richtung sein.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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