Vielseitig einsetzbar 12.01.2018, 12:30 Uhr

Neuer Superklebstoff ist hart und weich zugleich

Fraunhofer-Forscher haben scheinbar Unmögliches geschafft: Je nach Art der Aushärtung hat ein neuer Kleber unterschiedliche Eigenschaften. Er lässt sich im Fahr- und Flugzeugbau einsetzen, weil er Vibrationen locker wegsteckt. Aber auch Orthopäden können ihn nutzen, um Haltungsschäden zu heilen.

Biegsam und hart in einem Stück: das neue Kunststoff-Metamaterial MetAK.

Biegsam und hart in einem Stück: das neue Kunststoff-Metamaterial MetAK.

Foto: Fraunhofer LBF

Ein neuartiger Kleber erfüllt scheinbar widersprüchliche Aufgaben: Er ist hart und flexibel zugleich. MetAK, wie der Kleber heißt, ist von einem Team um Roland Klein vom Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit (LBF) in Darmstadt entwickelt worden. Er lässt sich vielseitig einsetzen, etwa im Flugzeug-, Auto- und Bahnbau, aber auch in der Orthopädie.

Komponenten sind frei käuflich, aber geheim

MetAK ist vergleichbar mit Mehrkomponentenklebern, wie sie im Baumarkt angeboten werden. „Bei uns werden allerdings mehrere Komponenten zusammengemischt“, sagt Klein. Welche es sind bleibt sein Geheimnis. Nur das Grundmaterial verrät er: Kunstharz, das sich auch in Farben und anderen Klebstoffen befindet. Die Verschwiegenheit bei Details ist nachvollziehbar: Die Komponenten, die das Kunstharz zum Wunderkleber machen, müssen nicht eigens produziert werden. Sie sind frei verkäuflich.

Kleber werden immer häufiger genutzt, weil sie Gewicht einsparen. Früher benötigten Windschutzscheiben von Autos einen metallischen Rahmen, um fest zu sitzen. Heute werden sie einfach eingeklebt. Selbst viele Komponenten in Flugzeugen werden geklebt statt geschweißt.

Ein einziger Kleber erfüllt viele Aufgaben

Bisher müssen, je nach Beanspruchung der Klebestellen durch Vibrationen, Zug- oder Scherkräfte, unterschiedliche Kleber eingesetzt werden. MetAK dagegen kann alles. Das Geheimnis liegt an der Aushärtetechnik. Zur Wahl stehen Wärme- und Strahlenbehandlung. „Die Bereiche, die flexibel bleiben sollen, werden nicht bestrahlt, sondern mit Wärme behandelt und so ausgehärtet“, so Klein. „Sie verbinden sich optimal mit den bestrahlten, festen Bereichen zu einem Netzwerk. Ihre Konsistenz ist dann gummiartig.“ Das sei ideal für dynamische Belastungen, wie sie beispielsweise bei der Verbindung von Automotor und Karosserie auftreten.

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Es ist sogar möglich, die Aushärtung durch Wärme so zu steuern, dass bevorzugt bestimmte Vibrationsfrequenzen aufgefangen werden. Zudem lässt sich der Härtegrad von MetAK in den Bereichen, wo es nötig ist, durch eine mehr oder weniger große Intensität steuern. Nach der abschließenden Wärmebehandlung mit einem Heizstrahler oder im Ofen bei 100 bis 180 °C (je nach Anwendung), ist MetAK nicht mehr verformbar, die chemische Reaktion abgeschlossen.

Attraktives Korsett für Skoliose-Patienten

MetAK lässt sich auch in Formen gießen. Gezielt mit Wärme und Strahlen ausgehärtet entstehen Formteile unterschiedlicher Flexibilität. Kleins Kollege Tim Bastian Klaus arbeitet an einem Korsett aus MetAK, das die verformte Wirbelsäule von Patienten, die an Skoliose leiden an den richtigen Stellen stützt, an anderen jedoch flexibel nachgibt. Damit lassen sich schmerzhafte Druckstellen vermeiden. Gleichzeitig lassen sich Design und Luftdurchlässigkeit solcher Korsetts an die Wünsche der Träger anpassen. Das ist vor allem ein wichtiges Kriterium für Jugendliche, derartige Korsetts zu tragen oder abzulehnen – und damit den Therapieerfolg zu gefährden.

Vor wenigen Wochen machten deutsche Forscher bereits mit einem Superkleber Schlagzeilen, der andere Eigenschaften hat. Die Professoren Nediljko Budisa von der Technischen Universität Berlin, Holger Dobbek von der Humboldt-Universität in Berlin und Andreas Möglich von der Universität Bayreuth haben das Darmbakterium Escherichia coli so manipuliert, dass es den Kleber produziert, mit denen sich Miesmuscheln an Felsen fixieren, sodass selbst schwere Stürme sie nicht losreißen können. Der Kleber ist vor allem für Chirurgen interessant, die bisher beispielsweise komplizierte Knochenbrüche nur mit metallischen Einlagen und Schrauben fixieren können. Künftig verbinden sie die Teilchen mit Miesmuschelkleber.

Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Kempkens

    Wolfgang Kempkens studierte an der RWTH Aachen Elektrotechnik und schloss mit dem Diplom ab. Er arbeitete bei einer Tageszeitung und einem Magazin, ehe er sich als freier Journalist etablierte. Er beschäftigt sich vor allem mit Umwelt-, Energie- und Technikthemen.

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