Rohstoffe 05.12.2024, 07:00 Uhr

Neues Verfahren: Bergbauschlamm wird zu Metallen und Baustoffen recycelt

Forschende der TU Bergakademie Freiberg haben ein neues Recyclingverfahren entwickelt, das aus Bergbauschlamm wertvolle Metalle und Baustoffe gewinnt. In der Pilotanlage am „Roten Graben“ bei Freiberg wurde der Prozess erfolgreich erprobt und könnte Lösungen für den Nachbergbau in anderen Regionen liefern.

Ein alter Bergwerkstollen.

Bergbauschlamm enthält viele Schadstoffe, aber auch wertvolle Rohstoffe.

Foto: PantherMedia / mishainik

In den vergangenen drei Jahren ist es einem Forscherteam der TU Bergakademie Freiberg gelungen, ein neuartiges Verfahren zu entwickeln, das Bergbauschlamm in wichtige Ressourcen umwandelt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler testeten den Prozess erfolgreich in einer Pilotanlage: Aus Bergbauschlämmen und -abwässern gewannen sie Eisen und Zink, während die verbleibenden Reste zu einem neuen Baustoff auf Basis der Geopolymertechnologie weiterverarbeitet wurden. Am Ende der Umwandlung wird sogar sauberes Wasser in das Ursprungsgewässer zurückgeführt. Die Chemikerinnen und Chemiker demonstrierten die Funktionsfähigkeit der neuen Recyclingtechnologie am sogenannten „Roten Graben“ bei Freiberg und planen, das Verfahren in Zusammenarbeit mit regionalen Partnern weiterzuentwickeln. Darüber hinaus könnte die Methode einen Ansatz bieten, um die Nachbergbau-Herausforderungen in anderen Regionen zu bewältigen.

Innovative Filtration trennt Metalle und Schadstoffe aus Bergbauschlamm

Der „Rote Graben“, ein künstlich angelegter Bach in einem ehemaligen Bergbaugebiet, ist Ziel von eisenhaltigen Wässern und mehr als 13.000 Kubikmetern Schlamm aus dem Freiberger Revier. Bisher galt dieser Bergbauschlamm als Altlast, die aufwendig ausgebaggert und deponiert werden musste. Jetzt wird der Schlamm durch eine Filterpresse gepumpt und entwässert. Martin Bertau vom Institut für Technische Chemie an der TU Bergakademie Freiberg erläutert: „Mehrere Membranen filtern die festen Bestandteile ab und entfernen in einem weiteren Schritt enthaltene Schwermetalle.“ Ergebnis dieses Prozesses sind sauberes Wasser und ein Restschlamm, der für die weitere Verarbeitung genutzt wird.

Das Forscherteam um Professor Bertau gewinnt aus den verbliebenen Resten des Bergbauschlamms die Metalle Eisen und Zink. Dafür setzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein etabliertes Verfahren ein, um die Wirtschaftlichkeit des Gesamtprozesses zu gewährleisten. Michael Kraft, Mitarbeiter des Projekts, erklärt: „Das gewonnene Material lässt sich in einem Hüttenbetrieb einsetzen, der daraus Eisen und Zink herstellt. In Freiberg wäre dies zum Beispiel die Befesa GmbH.“ Während dieses Vorgangs sammeln sich Schadstoffe wie Arsen, Blei und Cadmium im Elektrofilter an und werden so dauerhaft aus der Umwelt entfernt, da sie sich nun fachgerecht entsorgt lassen. Auf diese Weise werden nicht nur wertvolle Rohstoffe aus dem Bergbauschlamm gewonnen, sondern auch ein drängendes Umweltproblem gelöst.

Aus Bergbauschlamm werden nachhaltige Geopolymerbaustoffe

Selbst der mineralische Rückstand, der nach der Metallgewinnung aus dem Bergbauschlamm zurückbleibt, wird von den Chemikerinnen und Chemikern weiterverwertet. Michael Kraft erläutert das Vorgehen: „Wir können den Rückstand in sogenannte Geopolymerbaustoffe umwandeln, indem wir ihn mit gebranntem Ton und Natronlauge versetzen – letzteres ist vielen als Abflussfrei bekannt.“ Geopolymere sind Bindemittel, die in ihrer Zusammensetzung natürlichen Mineralien nachempfunden sind und Eigenschaften haben, die mit Zement vergleichbar sind. So können aus dem aufbereiteten Bergbauschlamm beispielsweise stabile Ziegel hergestellt werden, die unbegrenzt recycelbar sind. Das von den Forschenden entwickelte Verfahren wurde bereits zum Patent angemeldet.

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Im Hinblick auf die EU-Wasserrahmenrichtlinie, die eine Behandlung von Bergbauwässern vorschreibt, leistet das neue Verfahren einen Beitrag zur frühzeitigen Erfüllung behördlicher Vorgaben. Zudem entlastet es die Natur von Schadstoffen. Martin Bertau erklärt: „Durch die Technologie zur Nutzung der Grubenschlämme werden nicht nur Deponieflächen geschont.“  Michael Kraft ergänzt: „Rund acht Prozent der weltweiten CO2-Emissionen gehen auf die Zementproduktion zurück. Mit Geopolymeren lassen sich diese Emissionen um 80 Prozent reduzieren – das ist ein echter Beitrag zum Klimaschutz.“

Weltweites Interesse an Recyclingtechnologie für Bergbauschlamm

Die Pilotanlage zur Aufbereitung von Bergbauschlamm stößt bereits auf großes Interesse. „Mehrere Standorte haben ihr Interesse an den Versuchscontainern bekundet“, erzählen die beteiligten Chemiker. „Die Versuchsanlage wird über den Winter gereinigt und geht im Frühjahr an einen neuen Standort.“ Die in Freiberg entwickelte Technologie wird darüber hinaus im kommenden Jahr im Deutschen Pavillon auf der Weltausstellung 2025 in Osaka präsentiert, was die internationale Aufmerksamkeit für das Recyclingverfahren unterstreicht.

Das Verbundvorhaben, an dem neben der TU Bergakademie Freiberg mit mehreren Instituten auch Industriepartner beteiligt sind, wird im Rahmen des Bündnisses rECOmine – Ressourcenoriemtierte Umweöttechnologien für das 21. Jahrhundert gefördert. Das Projekt mit einer knapp dreijährigen Laufzeit (01.01.2022 – 30.11.2024) erhält eine Fördersumme von circa 1 Million Euro aus dem Programm „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.

Ein Beitrag von:

  • Julia Klinkusch

    Julia Klinkusch ist seit 2008 selbstständige Journalistin und hat sich auf Wissenschafts- und Gesundheitsthemen spezialisiert. Seit 2010 gehört sie zum Team von Content Qualitäten. Ihre Themen: Klima, KI, Technik, Umwelt, Medizin/Medizintechnik.

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