Nordsee attraktiv für Öl und Gas
Energie: Investitionen in Öl- und Gasvorkommen kehren zurück in die britischen Nordsee. „Unter dem Namen Nordsee gibt es eigentlich mindestens zwei Meere“, beschreibt Peter Hitchens, Analyst für Öl- und Gasmärkte von Panmure Gordon, die Unterschiede in dem europäischen Gewässer.
Die südliche, mittlere und nördlichere Nordsee, über Jahrzehnte eingehend erforscht, zieht heute vor allem mittlere und kleine unabhängige Öl- und Gasfirmen an, die dort Lizenzen erwerben und die Produktion hochfahren.
Westlich der Shetland Inseln herrschen viel extremere Wetterbedingungen und die Wassertiefe in diesem Teil der Nordsee beträgt 600 m und mehr. Dort lagert rund ein Fünftel der noch vorhandenen Öl- und Gasreserven in der britischen Nordsee. Um diese schätzungsweise 2,1 Mrd. boe (Barrel Öläquivalent, 1 Barrel (1 bl) = 159 l) bemühen sich große Konzerne wie Chevron und Total.
Ende September hat die britische Regierung Chevron grünes Licht für die Exploration mit Tiefseebohrungen offshore der Shetlands gegeben. Aus dem riesigen Rosebank-Feld hofft Chevron 75 000 boe/Tag fördern zu können. Total hat inzwischen alle behördlichen Genehmigungen, Erdgas aus den Feldern Laggan und Tormore zu fördern. Das 2-
Mrd.-£-Projekt (rd. 2,5 Mrd. €) sieht vor, das Gas ab 2014 auf den Shetlands aufzubereiten und dann in das britische Gasnetz einzuspeisen.
Doch das Bild, das Analyst Hitchens beschreibt, stimmt nicht mehr so ganz. Bis zu 160 Mio. £ (ca. 180 Mio. €) pro Öl- oder Gasfeld können Unternehmen bei Investitionen in der Nordsee für geeignete Projekte abschreiben. Ein Anreiz auch für kleinere Unternehmen. Die schottische Explorations- und Fördergruppe Cairn zum Beispiel hat bei Tiefwasserbohrungen mindestens so viel Know-how und Erfahrung wie mancher Multi. Dass Cairn als Erster die Genehmigung für Tiefwasserbohrungen vor Grönlands Küste erhalten hat, zeigt das Vertrauen der strengen dänischen Behörden und ihrer grönländischen Partner.
Die übrige, viel weiter erforschte und erschlossene Nordsee ist durchaus nicht nur für kleinere und mittlere Ölfirmen interessant. So bleibt BP in der Nordsee aktiv. Außerdem zeigen zunehmend Unternehmen aus Übersee und Asien ihre Entschlossenheit, sich ein Stück vom Ölkuchen in der Nordsee zu sichern.
So versucht die Korea National Oil Corporation (KNOC) mit einer unfreundlichen Übernahme für 1,87 Mrd. £ (ca. 2,1 Mrd. €) die britische Dana Petroleum zu kaufen. KNOC hält oder hat inzwischen An-gebote für über 90 % der Dana-Anteile. KazMunaiGas, die staatliche Öl- und Gasgesellschaft Kasachstans, stieg mit 35 % beim White Bear Gas-Projekt der BG Group in der zentralen britischen Nordsee ein.
Simon Lockett, der Vorstandschef von Premier Oil, hat Asien vorerst den Rücken gekehrt und hofft, die Produktion aus Feldern in der Nordsee verdoppeln zu können. Premier gehört zu den Entdeckern des Catcher-Feldes, in dem schätzungsweise 300 Mio. boe lagern. Die anderen Partner Agora Oil, Encore, Nautical Petroleum und nicht zuletzt die BASF-Tochter Wintershall hoffen wie Premier-Chef Lockett, dass Catcher sich als so reiches Vorkommen erweist, wie es den Anschein hat.
Viele der unabhängigen Unternehmen übernehmen von den multinationalen Konzernen fertig explorierte Felder, die entweder als zu klein oder schon weitgehend ausgebeutet gelten.
Amjad Bseisu, Vorstandschef von Enquest, geht den Weg, die Förderung aus solchen reifen Feldern weiter zu optimieren und gleichzeitig kleinere Konkurrenten wie das Explorationsunternehmen Stratic zu übernehmen. Ithaca Energy, eine andere Ölfirma in der Nordsee mit einer Förderung von 5000 boe/Tag, übernahm im August dort Beteiligungen von der französischen GdF Suez, einem der größten Energiekonzerne in Europa. KATHARINA OTZEN
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