Welche Rohstoffe für die Energiewende werden knapp?
Die Zukunft wird elektrisch, dafür braucht es jede Menge Rohstoffe, insbesondere Metalle und Mineralien. Einige davon drohen knapp zu werden. Welche das sind und was gegen die Rohstoffknappheit unternommen werden kann – in diesem Beitrag erfahren Sie es.
Ob Wärmepumpe oder E-Auto: Die Zukunft wird elektrisch, so zumindest der aktuelle Stand der Technik. Bis 2050 soll nach dem Pariser Klimaabkommen der Ausstoß klimaschädlicher Gase auf null sinken. Dann braucht es zwar keine Kohle, Öl oder Erdgas mehr, dafür andere Materialien. Hier sind insbesondere Metalle zu nennen, die es für Elektronik aller Art und in großen Mengen benötigt. Nun hat Deutschland seinen Metallbergbau in den 1990er-Jahren aufgegeben und ist komplett von Importen abhängig. Es drohen neue Abhängigkeiten und Rohstoffknappheit für bestimmte Metalle. Welche das sind und wie sich dagegen ansteuern lässt, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Darum geht es in diesem Artikel: |
Welche Metalle braucht es für die Energiewende?
Für eine klimafreundliche Energieversorgung braucht Deutschland Metalle und Mineralien – die es hierzulande meist nicht gibt oder nicht abgebaut werden. Allein in einem Computerchip für die digitale Steuerung es Kraftwerks stecken rund 60 verschiedene Elemente, darunter Metalle wie Gallium, Seltene Erden, Germanium, Indium oder Tellur. Und ohne Lithium wird die Verkehrswende nicht zu schaffen sein. In Zukunft wird der Rohstoffbedarf im Gleichschritt mit dem Ausbau der erneuerbaren Energie steigen. Das ist klar – nicht klar ist hingegen, in welchem Umfang der Rohstoffverbrauch steigen wird und ob früher oder später die Versorgungssicherheit gefährdet ist.
Die Deutsche Rohstoffagentur (DERA) hat 2021 eine Studie veröffentlicht, in der unter anderem die Rohstoffe für die Energiewende identifiziert wurden:
Rohstoff | Heutige Verwendung | Wichtigste Zukunftstechnologien |
Gallium |
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Germanium |
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Graphit |
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Indium |
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Kobalt |
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Kupfer |
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Lithium |
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PGM (Ruthenium, Iridium, Platin) |
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Rhenium |
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Scandium |
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Seltene Erden (Scanium, Yttrium, Dysprosium, Terbium, Neodym, Praseodym u.a.) |
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Tantal |
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Titan |
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Vanadium |
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Wie sieht der Rohstoffbedarf in Zukunft aus?
Nun reicht es nicht aus, nur die Rohstoffe für die Energiewende zu identifizieren, sie müssen auch quantifiziert werden. Auch das geschieht in der DERA-Studie. Das Fraunhofer ISI und das Fraunhofer IZM waren hierbei für das Erstellen der Prognosen verantwortlich. Genauer gesagt hat die Forschungsgruppe für ausgewählte Zukunftstechnologien für das Jahr 2040 ermittelt. Und das ausgehend vom Bedarf im Jahr 2018 und der im Jahr 2018 produzierten Menge an Rohstoffen. Bei der Prognose hat die Forschungsgruppe zudem drei mögliche Entwicklungsszenarien hinsichtlich der künftigen Energiepolitik betrachtet:
- Im ersten Szenario ist alles auf Nachhaltigkeit ausgelegt, die Kohlenstoffintensität ist gering
- Das zweite Szenario beschreibt einen Mittelweg
- Im dritten Szenario geht es eher um Entwicklungs- als um Umweltziele, die Kohlenstoffintensität ist hoch
Je nachdem, welche Entwicklung wir in den kommenden 20 Jahren nehmen, werden die einen oder anderen Rohstoffe mal mehr, mal weniger stark benötigt. Im Vergleich zu 2018 ist jedoch bei allen Szenarien und für alle untersuchten Rohstoffe ein Anstieg zu verzeichnen. In Zahlen ausgedrückt (benötigte Tonnen pro Jahr), sieht das folgendermaßen aus:
2018 | 2018 | Szenario 2040 |
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Rohstoff | Bedarf [t] |
Produktion [t] |
1 [t] |
2 [t] |
3 [t] |
Ruthenium | 12 | 33 | 80 | 200 | 630 |
Scandium | 5 | 9,1 | 72 | 34 | 6 |
Lithium | 7.500 | 95.000 | 560.000 | 380.000 | 85.000 |
Iridium | 0,01 | 6,8 | 34 | 20 | 2 |
Platin | 0,11 | 190 | 66 | 230 | 810 |
Kobalt | 50.000 | 130.000 | 490.000 | 360.000 | 160.000 |
Tantal | 1.200 | 1.800 | 2.600 | 2.500 | 3.800 |
Germanium | 59 | 140 | 240 | 250 | 280 |
Lanthan | 2,1 | 36.000 | 39.000 | 11.000 | 1.200 |
Graphit | 22.000 | 1,2 Mio | 1. Mio. | 890.000 | 200.000 |
Vanadium | 320 | 91.000 | 64.000 | 69.000 | 61.000 |
Rhenium | 15 | 50 | 28 | 26 | 36 |
Titan | 75.000 | 200.000 | 130.000 | 110.000 | 140.000 |
Yttrium | 2,7 | 7.600 | 4.600 | 2.300 | 1.600 |
Dysprosium / Terbium | 850 | 1.300 | 7.000 | 8.800 | 8.100 |
Neodym / Praseodym | 10.000 | 31.000 | 70.000 | 63.000 | 69.000 |
Indium | 210 t | 810 | 420 | 340 | 330 |
Kupfer | 4 Mio. | 24 Mio. | 5,5 Mio. | 7.1 Mio. | 9.2 Mio |
Gallium | 44 | 410 | 88 | 79 | 92 |
Sie sehen, verschiedene Rohstoffe werden in den kommenden Jahren zu immensen Mengen im Vergleich zu heute benötigt. Da stellt sich die Frage, ob der Bedarf überhaupt gedeckt werden kann und woher wir die jeweilige Ressource bekommen können.
Wie sieht es mit den vorhandenen Ressourcen aus?
Um abschätzen zu können, welche Rohstoffe in Zukunft knapp werden könnten, ist es wichtig zu wissen, welche Ressourcen noch vorhanden sind. Weiterhin kommt es darauf an, woher die Rohstoffe stammen. Gerade die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie schnell Lieferwege unterbrochen werden können. Gerade China hat sehr viele Rohstoffe und oft fast ein Monopol darauf. Wenn wir von dort nichts bekommen, sieht es mit einem Schlag sehr düster aus. Oft kommen die Rohstoffe zudem aus Ländern, in denen die politische Lage nicht stabil ist. Das kann Russland sein, auch in diversen afrikanischen oder südamerikanischen Ländern kann es schnell passieren, dass keine Lieferungen mehr bei uns ankommen. Zumal die Abbaubedingungen mitunter in Sachen Menschenrechte zumindest zweifelhaft sind.
Schauen wir uns genauer an, welche Rohstoffe in den kommenden Jahren knapp werden könnten:
Kritischer Rohstoff #1: Lithium
Lithium gehört sicherlich zu den Materialien, die für die Energiewende besonders wichtig sind. Derzeit stammt das Metall zu rund 60 Prozent aus Australien, gefolgt von Chile und China. Die weltweiten Lithiumressourcen werden auf 80 Millionen Tonnen geschätzt. Das hört sich zunächst einmal beruhigend an, doch es wird dennoch damit gerechnet, dass die Ressource in den kommenden Jahren knapp werden könnte. Insbesondere auch deshalb, weil zu wenig in die Gewinnung und Verarbeitung der Lithium-Rohstoffe aus bereits bekannten Lieferstätten investiert wird. Michael Schmidt von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) erklärte gegenüber dem Handelsblatt: „Selbst, wenn alle aktuell geplanten und im Bau befindlichen Projekte im Zeitplan umgesetzt werden und wir von einem mittleren Nachfragewachstum ausgehen, werden wir nicht genug Lithium haben, um die weltweite Nachfrage 2030 zu decken“.
Kritischer Rohstoff #2: Platin
Lieferengpässe werden auch für Platin befürchtet, dabei ist das Metall für die Energiewende unersetzlich. Platin spielt insbesondere für den Einsatz in Brennstoffzellen und für die Wasserstoffelektrolyse (Herstellung von Wasserstoff) eine wichtige Rolle. Hier zählt Russland zu den Top-5-Produzenten auf der Welt. Je länger der Ukraine-Krieg und die Sanktionen gegen Russland andauern, desto stärker werden wir die Unterversorgung zu spüren bekommen.
Kritischer Rohstoff #3: Kupfer
Zu den Materialien, die knapp werden könnten, zählt auch Kupfer. Und das, obwohl es bereits heute allgegenwärtig und scheinbar in Fülle vorhanden ist. Der Finanzdienstleister S&P Global sieht für die Energiewende jedoch vor allem ein Kupfer-Problem. Das Metall wird überall dort benötigt, wo Strom fließt. „Die Energiewende wird viel stärker von Kupfer abhängig sein als unser derzeitiges Energiesystem“, sagte Daniel Yergin, stellvertretender Vorsitzender von S&P Global, gegenüber dem US-Sender CNBC. „Man ist einfach davon ausgegangen, dass Kupfer und andere Mineralien schon vorhanden sein werden. Kupfer ist aber eben das Metall der Elektrifizierung, und die Elektrifizierung ist ein wesentlicher Bestandteil der Energiewende.“ Es wird der Studie zufolge davon ausgegangen, dass wir für die Energiewende bis 2050 mehr Kupfer benötigen, als zwischen 1900 und 2021 weltweit verbraucht wurde.
Kritischer Rohstoff #4: Kobalt
Zu den kritischen Rohstoffen zählt zudem Kobalt. Nach einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) könnten die Kobaltreserven in elf Jahren aufgebraucht sein. Und das bereits alleine für die etwa 36 Millionen neuen E-Autos, die bis 2030 auf die Straße kämen. Noch ist Kobalt ein wichtiger Rohstoff für die Batterieproduktion. Es gäbe jedoch keinen Grund für Panik, sagte IW-Consult-Geschäftsführer Karl Lichtblau: „An kobaltfreien Batterien wird gearbeitet, man darf den technischen Fortschritt nicht unterschätzen. Aber da muss man am Ball bleiben.“
Kritischer Rohstoff #5: Seltene Erden
Bei Seltenen Erden besteht im Grunde keine Knappheit, hier ist Deutschland jedoch zu einem großen Maße von China abhängig. Im Jahr 2021 wurde knapp 3.800 Tonnen aus Fernost eingeführt, was einem Anteil von 66 Prozent entspricht. Hoffnung macht hier die Entdeckung eines gigantischen Vorkommens an Seltenen Erden in Kiruna, im Norden Schwedens. Hier könnten mehr als eine Million Tonnen Seltenerdmetalle lagern, allerdings wird es noch mindestens ein Jahrzehnt dauern, ehe die Metalle abgebaut werden können.
Kritischer Rohstoff #6: Graphit
Hier muss zwischen natürlichem und synthetischem Graphit unterschieden werden. Bei beiden Varianten ist China der wichtigste Produzent. Für die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien wird in Zukunft jede Menge Graphit benötigt, was zu Engpässen führen könnte, insbesondere wegen der Konzentration auf ein Lieferland. Generell lässt sich jedoch genügend Graphit für die Energiewende aus anderen Ländern importieren oder synthetisch herstellen.
Welche Lösungen gegen knappe Rohstoffe gibt es?
Einige Rohstoffe könnten im Zuge der Energiewende knapp werden. Oft liegt es jedoch nicht an fehlenden Ressourcen, sondern an Abhängigkeiten von einzelnen Ländern und daran, dass vorhandene Potenziale nicht genutzt werden, weil eine Förderung zu teuer ist. Neuer Lagerstätten zu erschließen, ist daher ein Hebel für die Zukunft. Auch neue Fördertechnologien können dabei helfen, mehr kritische Rohstoffe zu erhalten.
Ein weiterer Hebel ist das Recycling. Durch pyrometallurgische und chemische Verfahren lassen sich kritische Metalle aus Produkten am Ende ihres Lebenszyklus wieder rückgewinnen. Darauf baut das sogenannte Urban Mining auf. In den Städten lagern noch jede Menge Rohstoffe, die einst verbaut wurden und die wieder einer neuen Nutzung zugeführt werden könnten. So lagern zum Beispiel noch Millionen an alten Handys in deutschen Schubladen, die jede Menge Metalle enthalten.
Neue Rohstofflager erschließen
Deutschland hat sich in den 1990er-Jahren komplett aus dem Metallbergbau zurückgezogen. Der Grund: Es wurde einfach unrentabel, zudem gab es neue Umweltgesetze. In der Folge waren die Rohstoffe aus dem Ausland wesentlich günstiger, selbst wenn sie über lange Transportwege nach Deutschland geschafft wurden. Das könnte sich noch rächen, denn Metalle werden immer teurer, auch wegen des Ukraine-Krieges. So stieg der Preis für Nickel im Jahr 2022 zum Beispiel innerhalb von zwei Tagen um rund 250 Prozent.
Um Abhängigkeiten zu reduzieren und den steigenden Preisen entgegenzuwirken, werden in Deutschland nun fieberhaft neue Rohstoffquellen gesucht. Bei Spremberg an der sächsisch-brandenburgischen Landesgrenze werden zum Beispiel größere Kupferbestände vermutet. Eventuell gibt es in dem Gestein auch Blei, Zink, Gold und Silber. Im Erzgebirge gibt es zudem eine der größten Lithium-Lagerstätten der Welt. Bis zum Ende des zweiten Weltkriegs war die Region um Zinnwald der größte Versorger von Lithium für den Weltmarkt. Dann wurde der Bergbau dort im Vergleich zu den Salzseen Südamerikas zu teuer. Das kann sich nun wieder ändern.
Lithium lässt sich aber auch auf andere Weise gewinnen: „Bei der Gewinnung von Erdwärme aus der Tiefe wird sehr viel Flüssigkeit mit Lithium-Gehalten entnommen, dessen Exploration sich lohnt. Bevor es wieder in den Untergrund verpresst wird, lässt sich Lithium herausfiltern“, so Christian Bücker, Vize-Präsident der Deutschen Geophysikalischen Gesellschaft. Solche Geothermie-Projekte gibt es zum Beispiel im Oberrheingraben.
Recyclingquoten verbessern
Bisher sind die Recyclingquoten eher niedrig, das Recycling ausgedienter Produkte könnte daher eine echte Goldgrube werden. Allerdings ist es derzeit oft so, dass die Produkte sehr komplex zusammengesetzt sind. Das macht ein Trennen von Materialien aufwendig und teuer. Eine Lösung könnte im Design der Produkte liegen. Dafür braucht es Regelungen, dass bestimmte Komponenten wiederverwendbar sein müssen. Eine lange Lebensdauer hilft außerdem.
„Momentan lohnt sich Recycling nur für teure Metalle wie Gold, Platingruppen-Metalle und Kupfer. Oder es handelt sich um Metalle, die man einfach durch Magnete herausholen kann. Der Rest der 60 chemischen Elemente, die in einem Laptop enthalten sind, werden verschlackt“, so Jens Gutzmer, Direktor des Helmholtz-Instituts für Ressourcentechnologie in Freiberg. Das bedeute einen massiven Verlust der Technologie-Metalle wie Seltene Erden, Niob, Tantal und Lithium. Bei anderen Geräten wie Smartphones ist es ähnlich.
Beim Recycling von Autobatterien gibt es ebenfalls noch einen großen Aufholbedarf. „Das Recycling von Lithium ist sehr gering“, sagt Jens Gutzmer. In den kommenden Jahren sieht der Geologe Verbesserungen durch Forschungsprojekte wie das Green-Batterie-Cluster des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), bei dem das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien vorangetrieben wird. Auch Autohersteller wie Volkswagen treiben das Batterierecycling voran. Nach eigenen Angaben ist ein geschlossenes Kreislaufverfahren zur Rückgewinnung von wertvollen Rohstoffen das Ziel. Aluminium, Kupfer und Kunststoff sollen zu 90 Prozent wiederverwertet, Lithium, Nickel, Mangan oder Kobalt zurückgewonnen werden.
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