Sekundäre Pflanzenstoffe schützen Holz vor UV-Strahlung
Rein pflanzlich gegen UV-Schäden an Parkett und Holzmöbeln: Das Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV) hat mit der Naturhaus Naturfarben GmbH einen innovativen transparenten Holzschutz entwickelt, der ohne bedenkliche Chemikalien auskommt.
Wer mit Holz lebt und Sonnenlicht liebt, kennt das Problem: UV-Strahlen greifen die Oberflächen von Möbeln und Parkett an. Das ultraviolette Licht bestimmter Wellenlängen löst in Holz den Prozess einer Photooxidation aus, der zu Verfärbungen und Schäden führen kann. Mit Schutzlacken lässt sich das verhindern. Die Crux: Konventionelle Produkte enthalten häufig chemische Verbindungen wie beispielsweise Benzophenone, Benzotriazole oder Phenyltriazinderivate – und die gelten als gesundheitsschädlich.
Viele Menschen, die Wert darauf legen, sich mit Möbeln aus natürlichen Materialien wie Holz zu umgeben, schrecken deshalb vor Holzschutzlacken zurück. Biobasierte Alternativen ohne diese Stoffe gibt es zwar bereits, doch sie haben einen anderen großen Nachteil: Sie sind nicht transparent, sondern farbig. Das verändert die natürliche Optik des Holzes. Schädliche Chemie, ein verfälschtes Aussehen oder schnelleres Altern des wertvollen Naturprodukts? Es ist ein Dilemma für alle, denen Nachhaltigkeit ebenso wichtig ist wie das natürliche Aussehen ihrer Einrichtung.
Eine Lösung ist in Reichweite. Das Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV hat eine Modellformel für einen unbedenklichen, transparenten und zu 100 Prozent biobasierten UV-Holzschutz entwickelt, gemeinsam mit der Firma Naturhaus Naturfarben aus dem oberbayrischen Riedering.
Pflanzlicher UV-Schutz und gute Bindung im Holzschutzlack
2021 startete am Fraunhofer IVV 2021 das Projekt „ProTann“. Der erste Schritt bestand darin, für den ersten transparenten Bio-Holzschutzlack pflanzliche Stoffe zu finden, die das Holz vor UV-Strahlung schützen und dessen natürliche Struktur sichtbar lassen.
Das war Neuland für die Forschenden am Fraunhofer IVV. Zwar hatte das Team bereits seit Längerem sehr erfolgreich mit pflanzlichen Proteinen zur natürlichen Bindung in Beschichtungssystemen gearbeitet, wie Melanie Platzer aus der Abteilung „Verfahrensentwicklung Pflanzliche Rohstoffe“ berichtet, jedoch: „Neu für uns war die Kombination mit sekundären Pflanzenstoffen, die als UV-Schutz für einen wasserbasierten Lack dienen sollten.“ Eines der Ziele des Forschungsprojektes war es deshalb, zu erreichen, dass sich beide pflanzliche Komponenten, die Proteine und die sekundären Pflanzenstoffe, im Lack fest miteinander verbinden.
Viele Anforderungen an pflanzliche Komponenten
Zunächst testeten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedene Proteine, darunter Erbsen- oder Soja-Eiweiß, über deren Bindungseigenschaften sie bereits Erkenntnisse aus einem Vorprojekt hatten. Im Blick hatten sie diesmal jedoch, ob eine Beschichtung mit diesen Proteinen auf Holz haften und in dieses einziehen würde. Eine weitere Anforderung an den entstehenden Lack: Er sollte möglich sein, ihn vom Holz wieder abzuziehen. Nur so könne überhaupt gemessen werden, ob das neue Produkt tatsächlich eine UV-blockende Wirkung habe, so Melanie Platzer.
Das Projektteam entschied sich schließlich für zwei Proteine und mischte verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe hinzu, die einen guten Schutz vor UV-Strahlung bieten. Nun kam es auf eine weitere Eigenschaft des neuen Holzschutzmittels an: den pH-Wert. Jeder Holzlack muss einen bestimmten Wert aufweisen, damit er das natürliche Material schont. Von besonderem Interesse war für das Forschungsteam zudem, wie sich die Pflanzenextrakte beim Mischen verhalten, wie gut sich die verschiedenen Komponenten lösen, ob sie mit den Proteinen interagieren und schließlich: ob sich im Prozess die Färbung der neuen Holzbeschichtung verändern würde.
Bio-Holzschutz: Regionalität der Rohstoffe im Blick
Nach zwei Jahren Projektarbeit stand fest: Das Konzept für einen transparenten biobasierten Holzschutzlack ist aufgegangen. Das Vorhaben glückte sogar mit vielen unterschiedlichen Kombinationen, auch mit Mischungen verschiedener sekundärer Pflanzenstoffe. „Letztlich hatten wir viele Treffer, was mögliche Protein-Additiv-Kombinationen für den UV-Schutzlack anging“, erklärt Melanie Platzer.
Mit diesem Ergebnis konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schließlich auch Überlegungen über die Produktion anstellen und eine Formulierung auswählen, die in punkto Regionalität und Verfügbarkeit der Rohstoffe besonders günstig ist. Wo es möglich sei, beziehe man in die Produktentwicklung Reste aus der Agrar- und Lebensmittelindustrie mit ein, etwa Schalen aus der Apfelsaftherstellung oder Trester aus der Weinproduktion, so die Fraunhofer-Wissenschaftlerin. Und so viel ist sicher: Sämtliche möglichen Kombinationen sind unbedenklich für Lebewesen, bei Hautkontakt ebenso wie beim Einatmen.
Weitere Anwendungschancen ausloten
Derzeit entwickelt die Firma Naturhaus Naturfarben die ausgewählte Formel weiter. Dabei soll die Zusammensetzung so angepasst werden, dass das neue Produkt in größerem Maßstab hergestellt werden kann. Das Ziel ist es, einen neuen Markt im Bereich der biobasierten Holzschutzmittel zu erschließen. Für die praktische Anwendung hält die Firma es für möglich, dass der neue wasserbasierte Lack in mehreren Schichten aufgetragen und durch einen weiteren Naturlack versiegelt werden könnte. Damit würde der Holzschutz Parkett und Möbel lange vor UV-bedingten Schäden bewahren.
Das Fraunhofer IVV will die vielfältigen Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt weiter nutzen. Ein Folgeprojekt ist bereits angestoßen worden. Darin soll es um andere mögliche Anwendungen der UV-abweisenden Protein-Pflanzenstoff-Kombinationen gehen, zum Beispiel in der Verpackungsbeschichtung oder im Hautschutz.
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