Neue Designstrategie 24.01.2023, 07:00 Uhr

So wird Stahl ultrahochfest und gleichzeitig gut verformbar

Forschende haben eine Methode entwickelt, mit der sich die Eigenschaften von Stahl besser bearbeiten lassen. Das Ergebnis: Das Material kann einerseits ultrahochfest sein und andererseits auch gut verformbar sein. Gelungen ist den Forschenden das, weil sie sich mit der Struktur des Martensits eingehend beschäftigt haben.  

Stahlrollen neben- und übereinander

Forschende haben eine Lösung gefunden, Stahl günstiger und nachhaltiger mit passenden Eigenschaften herzustellen.

Foto: Panthermedia.net/jordache

Stahl ist praktisch ein Alltagsgegenstand. Er wird vielfältig eingesetzt, unter anderem in Gebäuden, Fahrzeugen, bei Infrastrukturen. Da die Einsatzgebiete so unterschiedlich wie vielfältig sind, muss der jeweilige Stahl die passenden Materialeigenschaften aufweisen. Während der eine besonders fest sein muss, sollte der andere eher formbar sein. Das ist der Grund, weshalb es etwa 2.500 verschiedene Stahlsorten gibt. Stetig komme weitere hinzu oder vorhandene werden optimiert und weiterentwickelt.

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Wenn es darum geht, Stähle zu optimieren oder neue herzustellen, beschäftigen sich Forschende vor allem mit den drei zentralen Eigenschaften: Nachhaltigkeit, Festigkeit und Verformbarkeit. Hinzu kommen noch die Kosten der Herstellung, die es zu berücksichtigen gilt, und die industrielle Anwendbarkeit. Auch kritische Legierungselemente nehmen die Materialwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler dabei unter die Lupe. Hintergrund ist, dass neue Legierungen mit weniger chemischen Elementen auskommen und stattdessen mehr nachhaltige Elemente enthalten und kostengünstiger in der Herstellung sind.

Damit hochfeste Stähle gut verformbar werden, müssen sie legiert werden

Aktuell hat sich ein Forschungsteam der chinesischen Northeastern University und dem Max-Planck-Institut für Eisenforschung (MPIE) in Düsseldorf damit beschäftigt, für sogenannte Mittel-Mangan-Stähle eine neue Designstrategie zu entwickeln, um dessen Eigenschaften zu optimieren. Diese Art von Stahl ist dafür bekannt, einerseits ultrahochfest zu sein und andererseits gleichzeitig gut verformbar. Solche Eigenschaften sind vor allem bei Bauteilen gefragt, die sicherheitsrelevant sind, also zum Beispiel in Flugzeugen, Industrieanlagen, Kraftwerken oder der Autokarosserie. „Dort müssen die Stähle fest sein, aber gleichzeitig auch eine hohe Energie im Falle einer Verformung aufnehmen können. Je mehr Energie aufgenommen wird, desto mehr wird der Aufprall abgeschwächt und die Insassen bleiben geschützt“, sagt Dierk Raabe, Direktor am MPIE.

Doch gerade diese beiden entscheidenden Eigenschaften sind nicht einfach herzustellen. Nach aktuellem Stand der Technik gibt es zwei Stähle, die dafür eingesetzt werden können: sogenannte martensitaushärtende sowie verformte und partitionierte Stähle, auch DP-Stähle genannt. Martensitaushärtende Stähle sind besonders fest – bis zu 2 Gigapascal (GPa), aber auch recht spröde und als Legierungen müssen Legierungselemente verwendet werden, die teuer, nur begrenzt verfügbar und wenig nachhaltig sind: unter anderem Nickel, Kobalt, Molybdän oder Titan. DP-Stähle können ähnlich fest sein, lassen sich dazu aber auch um mehr als 15% dehnen. Der Nachteil: Sie sind kompliziert und kostspielig in der Verarbeitung, die Verformung ist eher unregelmäßig.

Stahl wird noch fester und besser verformbar durch mehrmaliges Schmieden

Bei allen ultrahochfesten Stählen gibt es eine Gemeinsamkeit: Ihr Martensitgefüge folgt keinen topologischen Gestaltungs- oder Formkriterien. Das hat zur Folge, dass der Stahl zwar fester wird, aber die fehlende Struktur dafür sorgt, dass die Verformbarkeit nachlässt. Genau hier setzen die Forschenden an. „Durch mehrmaliges Schmieden, einer Behandlung unter kryogenen Bedingungen und Vergütung konnten wir zahlreiche Mikromechanismen aktivieren, die das Material stärken und duktiler machen. Unser neuer Stahl erreicht eine Zugfestigkeit von 2,2 GPa und lässt sich dennoch um 20% dehnen“, erläutert Raabe.

Das Verfahren sorgt dafür, dass eine lamellenartige Struktur entsteht. „Das lamellenartige Gefüge erinnert an einen typischen Damaszenerstahl, der durch Faltung und Kombination verschiedener Eisenlegierungen an Festigkeit gewinnt. Hier beschränken wir uns auf eine Legierung, aber nutzen eine ähnliche hierarchische Gefügeordnung“, sagt Raabe.

Für die Stahl-Designstrategie nutzen die Forschende verschiedene Verfahren

Um die Eigenschaften des Materials bis auf die atomare Ebene zu erforschen, setzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf die Transmissions- und Rasterelektronenmikroskopie sowie die Atomsondentomographie. Darüber hinaus wollten sie mit diesen Verfahren die einzelnen Verarbeitungsschritte und deren Einfluss genauer in Erfahrung bringen. Ein Ergebnis: Durch das Schmieden konnte zum Beispiel eine höhere Versetzungsdichte erreicht werden sowie eine stärker verteilte Nanoausscheidung, die eine höhere Dehnbarkeit zur Folge hat. Und genau die ergibt sich aus den Versetzungen im Martensit und der allmählichen, durch Verformung angeregten Phasenumwandlung.

Die Forschenden sind überzeugt, dass ihre neu entwickelte Designstrategie in bestehende industrielle Verfahren integriert werden kann. Auch eine Skalierung sei einfach und effizient möglich. Der nächste Schritt ist von den Forschenden auch schon geplant: Sie wollen die Zusammensetzung der Legierung und die Route der Verarbeitung auch für andere martensitische Legierungsklassen anpassen, damit man auch bei diesen Stählen eine gute Kombination aus hoher Festigkeit und Verformbarkeit erreicht.

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Ein Beitrag von:

  • Nina Draese

    Nina Draese hat unter anderem für die dpa gearbeitet, die Presseabteilung von BMW, für die Autozeitung und den MAV-Verlag. Sie ist selbstständige Journalistin und gehört zum Team von Content Qualitäten. Ihre Themen: Automobil, Energie, Klima, KI, Technik, Umwelt.

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