Software revolutioniert Suche nach neuen Materialien
Forschende des MIT haben eine Methode entwickelt, die elektronische Eigenschaften von Materialien 85-mal schneller charakterisiert als herkömmliche Verfahren. Sie könnte die erfolgreiche Suche nach neuen Materialien für leistungsstärkere Solarzellen, Computerchips oder Akkus dramatisch beschleunigen.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nutzen KI-Anwendungen, um unter Millionen von chemischen Verbindungen potenziell vielversprechende Formulierungen zu finden. Im nächsten Schritt produzieren spezielle Maschinen unzählige Materialproben, die auf den KI-Ergebnissen basieren. Bisher fehlte jedoch eine Methode, die schnell überprüft, ob die jeweilige Materialprobe hält, was sie verspricht. Das Material-Screening ist der eigentliche Engpass bei der Suche nach neuen, innovativen Funktionsmaterialien.
Visuelle Analyse von Materialproben
Das von den MIT-Forschenden um Eunice Aissi und Alexander Siemenn entwickelte Verfahren beschleunigt die Charakterisierung neuer Materialien enorm. Es analysiert automatisch Bilder gedruckter Halbleiterproben und schätzt deren Potenzial für elektronische Anwendungen. Die auf zwei Algorithmen basierende Technologie arbeitet 85-mal schneller als bisherige Ansätze.
Die Forscherinnen und Forscher wollen die Technik zum Beispiel einsetzen, um neue, leistungsstärkere Materialien für Solarzellen zu finden. Darüber hinaus wollen sie die Technologie in ein vollautomatisches Material-Screening-System integrieren.
Material-Screening für das autonome Labor der Zukunft
„Letztendlich stellen wir uns vor, diese Technik in ein autonomes Labor der Zukunft einzubauen“, sagt Eunice Aissi. „Das ganze System würde es uns ermöglichen, einem Computer ein Materialproblem zu geben, ihn potenzielle Verbindungen vorhersagen zu lassen und dann rund um die Uhr diese vorhergesagten Materialien herzustellen und zu charakterisieren, bis er die gewünschte Lösung gefunden hat.“
„Der Anwendungsbereich für diese Techniken reicht von besseren Solarzellen bis hin zu transparenter Elektronik und Transistoren“, ergänzt Alexander Siemenn. „Er umfasst tatsächlich die gesamte Bandbreite der Möglichkeiten, die Halbleitermaterialien der Gesellschaft bieten können.“
Manuelles Screening zu langsam
Normalerweise charakterisieren Fachleute manuell etwa 20 Materialproben pro Stunde. Zum Vergleich: Viele Druckgeräte können bis zu 10.000 Materialkombinationen pro Stunde produzieren. „Der manuelle Charakterisierungsprozess ist sehr langsam“, bestätigt Co-Autor Professor Tonio Buonassisi. „Er bietet zwar ein hohes Maß an Vertrauen, ist aber nicht an die Geschwindigkeit angepasst, mit der man heutzutage Materie auf ein Substrat bringen kann.“
Buonassisi und sein Team wandten sich der Computer-basierten Bildanalyse zu, um die Charakterisierung zu beschleunigen. Sie entwickelten zwei Algorithmen: einen zur Schätzung der Bandlücke aus hyperspektralen Bildern mit 300 Kanälen und einen zur Bestimmung der Stabilität aus RGB-Bildern mittels Farbveränderungen im Zeitverlauf.
Materialwissenschaft trifft auf Robotik
Das Team testete die Algorithmen an 70 verschiedenen Perowskit-Proben, die ein Roboter auf einen Objektträger druckte. Eine Hyperspektralkamera scannte den Träger, der Bandlücken-Algorithmus charakterisierte die Proben und berechnete die Bandlücken in nur sechs Minuten.
Für den Stabilitätstest variierten sie Umgebungsbedingungen wie Feuchtigkeit und Temperatur in einer Kammer und machten 2 Stunden lang alle 30 Sekunden RGB-Fotos. Der Stabilitäts-Algorithmus analysierte die Farbveränderungen und berechnete einen Haltbarkeitsindex für jede Probe.
Algorithmen liefern exakte Ergebnisse bei 85-facher Geschwindigkeit
Verglichen mit manuellen Messungen von Fachleuten erreichten die Algorithmen eine Genauigkeit von 98,5 Prozent für die Bandlücke und 96,9 Prozent für die Stabilität – bei 85-facher Geschwindigkeit.
„Wir waren immer wieder schockiert, wie diese Algorithmen nicht nur die Geschwindigkeit der Charakterisierung erhöhen, sondern auch genaue Ergebnisse liefern konnten“, sagt Siemenn. „Wir wollen die Algorithmen in die derzeitige automatisierte Materialpipeline integrieren, die wir aktuell im Labor entwickeln. So können wir sie vollautomatisch laufen lassen, indem wir maschinelles Lernen nutzen, um zu bestimmen, wo wir diese neuen Materialien entdecken, sie drucken und dann tatsächlich charakterisieren wollen, und das alles mit einer sehr schnellen Verarbeitung.“
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