Nachhaltigkeit in der Industrie 25.09.2020, 07:00 Uhr

Thyssenkrupp will Öko-Stahl herstellen

Deutschlands größter Stahlproduzent hat ein Konzept für den Standort Duisburg vorgestellt. Schon bald soll dort der erste Hochofen 2.0 in Betrieb gehen – bereits für das Jahr 2025 ist geplant, klimafreundlichen Stahl herzustellen. Das Produktfolio muss dafür nach Angaben von Thyssenkrupp nicht angepasst werden.

Stahlhütte

Die Stahlproduktion soll bleiben, aber umweltfreundlich werden. Thyssenkrupp hat seine Pläne vorgestellt.

Foto: panthermedia.net/retrophoto

Der Klimawandel hängt in einem wesentlichen Maße an der Industrie. Denn dort, wo der Energieaufwand am höchsten ist, ist es natürlich auch am schwersten, emissionsfreie Prozesse zu etablieren. Thyssenkrupp hat sich dennoch ehrgeizige Ziele gesetzt, um einen Beitrag zur Energiewende zu leisten – und auf diese Weise langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben: Bis zum Jahr 2030 will der Konzern seine CO2-Emissionen um 30 % senken. 2050 soll es nur noch klimaneutralen Stahl geben. Einen wichtigen Beitrag soll das Konzept für den Hochofen in Duisburg leisten.

2021 sollen detaillierte Pläne vorliegen

Welche Relevanz der Stahlstandort Duisburg für die Energiewende hat, lässt sich leicht an einer Zahl verdeutlichen: Dort entstehen nach Angaben von Thyssenkrupp mehr als 2 % der CO2-Emissionen, gerechnet auf ganz Deutschland. Entsprechend groß wäre der Effekt, wenn eine grüne Stahlproduktion gelänge.

Thyssenkrupp setzt dafür an zwei verschiedenen Hebeln an. Auf der einen Seite soll Wasserstoff zum Standard-Energieträger im konventionellen Hochofenbetrieb werden. Auf der anderen Seite sind neue, sogenannte Direktreduktionsanlagen geplant, um den Ausstoß schädlicher Klimagase zu senken.

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Dabei soll der Standort Duisburg zum Vorzeigeprojekt werden. „Unsere Expertinnen und Experten im Stahl haben ein technologisch anspruchsvolles, integriertes Klimakonzept für den größten Stahlstandort in Europa vorgestellt. Aufbauend auf diesem Konzept werden wir im Rahmen einer Umsetzungsstudie bis Anfang 2021 die Details für den nachhaltigen Umbau unserer Produktion festlegen. Das Konzept wird eine Signalwirkung weit über Duisburg hinaus entfalten“, sagt Martina Merz, Vorstandsvorsitzende bei Thyssenkrupp.

Wasserstoff wird ein wichtiger Energieträger

Der größte Teil der Anlage soll bereits bis 2025 stehen und zu diesem Zeitpunkt 400.000 Tonnen grünen Stahl pro Jahr produzieren. Für 2030 liegt das Ziel bei drei Millionen Tonnen klimaneutralem Stahl.

An erster Stelle steht hierbei der Einsatz von Wasserstoff. Er wird statt Einblaskohle verwendet. Das heißt: Es entsteht kein CO2 mehr, wie zuvor bei der Kohle üblich, sondern unschädlicher Wasserdampf. Eine entsprechende Versuchsreihe ist im November 2019 am Standort Duisburg-Hamborn gestartet.

Direktreduktionsanlagen werden in die Produktion einbezogen

Im nächsten Schritt baut Thyssenkrupp Direktreduktionsanlagen (DR-Anlagen) auf. DR-Anlagen werden mit Gasen betrieben. Perfekt wäre auch hier Wasserstoff als Energiequelle, um eine klimaneutrale Produktion zu erreichen. So lange dieser noch nicht in ausreichender Menge zur Verfügung steht, kann Erdgas die Lücke füllen. Gegenüber Kohle sinkt der CO2-Ausstoß dabei bereits deutlich. Der Stahlkonzern plant, die erste großtechnische DR-Anlage im Jahr 2024 in Betrieb zu nehmen.

Das ist mit zusätzlichen Umstellungen verbunden. Denn DR-Anlagen produzieren kein flüssiges Roheisen, sondern festen Eisenschwamm. Dieser muss zunächst zu einem roheisenähnlichen Produkt eingeschmolzen werden, damit die klassische Weiterverarbeitung möglich ist. Das soll ein neues Aggregat leisten, das sich in der Entwicklung befindet. Es wird ein strombetriebener Einschmelzer entstehen, der mit den DR-Anlagen kombiniert werden kann. Auf diese Weise müssten die Prozesse in den Duisburger Oxygenstahlwerken nicht verändert werden. Trotzdem hätte das Produkt die gewünschte Qualität.

Eine weitere Technologie, an der Thyssenkrupp arbeitet, ist das Projekt Carbon2Chem®. Dabei geht es darum, Prozessgase aus der Stahlproduktion aufzuarbeiten. Im Ergebnis sollen daraus Basischemikalien für die chemische Industrie hergestellt werden. Die Prozessgase würden damit Synthesegase aus importierten fossilen Ressourcen wie Öl oder Erdgas ersetzen. Basischemikalien bilden die Grundlage für Produkte wie Dünger, Kunststoffe oder Treibstoffe.

Thyssenkrupp will eine grüne Industriewende einleiten

Laut Thyssenkrupp ist das vorgestellte Konzept aktuell das einzige dieser Art. Es bringt zwei besondere Vorteile mit sich. Zum einen bezieht es die aktuell vorhandenen Strukturen ein, was die Investitonskosten verringert. Zum anderen kann das Produktportfolio bestehen bleiben.

„Wir können im integrierten Hüttenverbund unseren geplanten Hochofen 2.0 kostengünstiger betreiben als auf der grünen Wiese. Das ist einer der vielen Vorteile des Standortes Duisburg“, sagt Bernhard Osburg, Sprecher des Vorstands von thyssenkrupp Steel. „Thyssenkrupp Steel kann den Kern für eine grüne Industriewende in der Rhein-Ruhr-Region bilden, weil wir Ausgangspunkt für zahlreiche Wertschöpfungsketten sind.“

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Ein Beitrag von:

  • Nicole Lücke

    Nicole Lücke macht Wissenschaftsjournalismus für Forschungszentren und Hochschulen, berichtet von medizinischen Fachkongressen und betreut Kundenmagazine für Energieversorger. Sie ist Gesellschafterin von Content Qualitäten. Ihre Themen: Energie, Technik, Nachhaltigkeit, Medizin/Medizintechnik.

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