Ultraleichtes Keramikmaterial übersteht extreme Temperaturen
US-Wissenschaftler haben ein Keramik-Aerogel entwickelt, das äußerst leicht, langlebig und hitzebeständig ist. Es könnte zum Beispiel für die Isolierkacheln von Raumfahrzeugen eingesetzt werden.
Wenn ein Space Shuttle von einem Raumflug wieder in die Erdatmosphäre eintritt, entwickelt sich an der Außenhülle extreme Hitze. Superisolatoren dienen in solchen Situationen als Barriere, um die Technik vor der Wärmeeinwirkung zu schützen. Keramische Aerogole haben in dieser Hinsicht großes Potenzial, doch die bisherigen Materialien zeigten nach wiederholten Temperatuschwankungen Ermüdungserscheinungen und brachen verhältnismäßig schnell. Wissenschaftler der University of California haben jetzt ein neues Keramikmaterial entwickelt, das widerstandsfähiger und flexibler ist als die herkömmlichen Aerogele. Gleichzeitig ist es deutlich leichter.
Aerogele sind ein Phänomen. Diese Werkstoffe werden aus wässrigen Lösungen gewonnen, durch Gelation und geeignete Trocknungsverfahren. So entstehen Festkörper, die unter anderem eine sehr geringe Dichte aufweisen. Unterm Strich bestehen sie vielfach zu mehr als 99 % aus Luft. Hinzu kommt ein filigranes Netzwerk aus dünnen Schichten, für die sich unter anderem Keramik, Kohlenstoff oder Metalloxide eignen. Keramische Aerogele sind sehr fest in ihrer Struktur, gleichzeitig aber auch sehr porös. Sie sind zwar ausgesprochen hitzebeständig, doch großen Temperaturschwankungen oder langanhaltender Wärme halten sie in der Regel nicht gut stand – sie brechen nach mehreren Veränderungen ihrer Umgebungstemperatur. Das neue Material soll hingegen außergewöhnlich elastisch sein, was es bei Tests unter extremen Bedingungen bereits bewiesen hat.
Lange Haltbarkeit des keramischen Aerogels dank großer Flexibilität
Grundlage des neuen keramischen Aerogels ist das Material Bornitrid. Die Atome dieser Keramik sind in hexagonalen Mustern angeordnet, ähneln optisch in der Draufsicht also Bienenwaben. Aus dieser Struktur haben die Forscher ein dreidimensionales netzartiges Gebilde geformt, das sehr besondere Eigenschaften aufweist: Bei zunehmender Erwärmung dehnt es sich nicht aus, sondern zieht sich zusammen. Wird es mechanisch in die Länge gezogen, wird es in der Mitte keineswegs dünner, sondern dicker. Physikalisch lassen sich diese Eigenschaften mit einem negativen Wärmeausdehnungskoeffizienten und mit einer negativen Poissonzahl beschreiben, also einer Ausdehnung des Materials quer zur Zugrichtung. Vergleichbar ist dieses Verhalten mit einem Tennisball, der in der Mitte schmaler wird, wenn man ihn auf einen Tisch drückt. Im Ergebnis ist das neue keramische Aerogel dadurch deutlich flexibler und weniger spröde als seine Vorgänger. Es kann auf 5 % seines ursprünglichen Volumens komprimiert werden und sich vollständig erholen. Andere Aerogele lassen sich nur auf maximal 20 % zusammenpressen.
Diese Flexibilität ist der Schlüssel für die Haltbarkeit des keramischen Aerogels. Gewöhnliche keramische Materialien dehnen sich bei Hitze aus. Wiederholte Temperaturveränderungen belasten daher ihre Struktur und führen verhältnismäßig schnell zu Brüchen. Da sich das neue Aerogel bei Hitze zusammenzieht, hält es dieser besser stand: Die Ingenieure legten Proben in einen Behälter, den sie innerhalb weniger Sekunden von minus 198 Grad Celsius auf über 900 Grad Celsius erhitzen. Selbst nachdem die Wissenschaftler diesen Versuch mehrere Hundert Male wiederholt hatten, zeigte das Material keine Schäden. Einen zweiten Test überstand es genauso gut. Dabei lagerten die Forscher das keramische Aerogel eine Woche lang bei 1.400 Grad Celsius. Es hatte nach dieser Zeit weniger als 1 % seiner mechanischen Festigkeit eingebüßt.
Einsatz in der Raumfahrt oder Automobilindustrie möglich
Das neue keramische Aerogel wäre wegen seiner besonderen Eigenschaften unter anderem dafür geeignet, Wärme in Raumfahrzeugen oder in Autos zu dämmen. Auch für die Speicherung von Wärmeenergie oder für Katalysatoren könnte es eingesetzt werden. Zuvor müssen die Wissenschaftler allerdings noch ein praktisches Problem lösen. Die Herstellung des Aerogels ist nämlich äußerst kompliziert. Für einen industriellen Einsatz muss es den Forschern daher zunächst gelingen, ihr Verfahren auf die Massenproduktion zu übertragen. Das Team hat aber größere Ziele: Es plant bereits die Entwicklung eines keramischen Aerogels, das diese positiven Eigenschaften übertrifft und noch hitzebeständiger und leichter ist.
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