Wasser und Öl resignieren vor Karlsruher Super-Schutzschicht
Schmutz auf dem Autolack, Graffiti an der Hauswand, Matsch an den Schuhen – alles Ärgernisse, denen ein Ingenieur aus Karlsruhe mit Fluoropor begegnet. Der Werkstoff macht den Lotuseffekt auch für Öl möglich und soll sich zur universalen Schutzbeschichtung mausern.
Den Trick der Lotuspflanze, Wasser von der Oberfläche abperlen zu lassen, haben sich Materialhersteller weltweit längst zunutze gemacht. Nissan ist gerade dabei, einen Autolack zu entwickeln, der nicht mehr schmutzig wird. „Allerdings funktioniert dieser Trick nicht für Öle – die Lotuspflanze ist wasser- aber nicht ölabweisend“, erklärt Bastian Rapp.
Genau da setzt der Ingenieur des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) an. Er entwickelt am Institut für Mikrostrukturtechnik eine Schutzschicht, die dank Lotuseffekt 2.0 auch Öl unbeeindruckt an sich herunterlaufen lässt.
Das Geheimnis sind Fluorpolymere
Wo setzt Rapp den Hebel an, um der Industrie ein neues Supermaterial zu bescheren? „Ölabweisende Oberflächen müssen chemisch anders aufgebaut sein, hierfür sind Fluorpolymere notwendig“, sagt Rapp. Das sind Hochleistungskunststoffe, die hitzebeständig und chemisch stabil sind – zu den bekanntesten Vertretern zählt das Beschichtungsmaterial Teflon für Antihaft-Bratpfannen. „Kombiniert man die chemischen Eigenschaften der Fluorpolymere mit der Rauigkeit der Lotuspflanze, erreicht man Oberflächen, von denen sowohl Wasser als auch Öle abperlen.“
Derzeit steht der Ingenieur noch vor einem Problem: Zwar ist es ihm gelungen, im Labor eine superabweisende Oberfläche mit Lotus-2.0-Effekt herzustellen. Doch im Praxiseinsatz geht sie schnell in die Knie, weil sie zu empfindlich gegen Abrieb ist. Die Lösung: Rapp entwickelt eine neue Klasse fluorierter Polymere namens Fluoropor, die wesentlich robuster sein soll. Der Lotus-2.0-Effekt soll dann auf nahezu beliebigen Oberflächen funktionieren.
Die Industrie würde in die Hände klatschen: Fluoropor könnte der verarbeitenden Industrie beispielsweise feinporige Siebe zur Verfügung stellen. Mit diesen ließen sich Öl- und Wassergemische wieder trennen, die als Kühlschmierstoffe zum Einsatz kommen. Es könnte aber auch Windschutzscheiben fürs Auto geben, an denen kein Wasser kondensiert und die im Winter nicht einfrieren.
Bund fördert Entwicklung mit 2,85 Millionen Euro
Von diesen Vorteilen hat Ingenieur Rapp das Bundesministerium für Bildung und Forschung schon überzeugt. Er erhält für die kommenden vier Jahre 2,85 Millionen Euro für den Aufbau einer wissenschaftlichen Nachwuchsgruppe. Ins Team gesellen sich Chemieverfahrenstechniker und Fachleute für organische Chemie, Materialchemie und Prozesstechnik.
Forschungsort bleibt das KIT, sagt Rapp: „Am KIT-Institut für Mikrostrukturtechnik und seiner Technologieplattform Karlsruhe Nano Micro Facility steht uns für unsere Forschung eine große Bandbreite an Analyse- und Strukturierungsmethoden zur Verfügung, zum Beispiel die Rasterkraft- und Rasterelektronenmikroskopie.“ Ein solches Mikroskop führt einen Elektronenstrahl über das zu vergrößernde Objekt. Die Wechselwirkungen zwischen Elektronen und Objekt lassen sich in ein Bild mit hoher Schärfentiefe übersetzen.
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