Wissenschaftler finden in der Karibik ölfressende Bakterien
In einem Asphaltsee auf der Karibikinsel Trinidad haben Forscher jetzt gleich eine ganze Gemeinschaft von Mikroorganismen entdeckt, die Öl abbauen können. Falls sie auch in anderen Öl-Lagerstätten vorkommen, könnten sie der Ölindustrie zukünftig den Weg zu profitablen Bohrfeldern weisen.
Er ist wahrlich keine Schönheit, der Pitch Lake im Südwesten der Karibikinsel Trinidad in der Nähe der 18.000-Seelen-Ortschaft La Brea. Dieser See ist ein See aus natürlichem Asphalt und er ist der größte seiner Art. Auf einer Fläche von etwa 40 Hektar enthält diese geologische Besonderheit und Touristenattraktion Trinidads geschätzte zehn Millionen Tonnen Asphalt. Der Grund: In der Tiefe strömt durch einen Riss in der Erdkruste ständig Öl nach oben, das in etwa 1000 Meter Tiefe unter großem Druck lagert.
Am Pitch Lake wird das Öl bei seinem Aufstieg langsam zu natürlichem Asphalt. In diesem Asphalt entdeckten die Wissenschaftler nun eine Lebensgemeinschaft von Mikroorganismen – 20 verschiedene Arten, teils Archaeen, das sind einzellige Organismen, teils Bakterien, die in winzigen eingeschlossenen Wassertröpfchen leben. Diese Wassertröpfchen sind mit einem Volumen von einem bis drei Mikroliter winzig klein – sie sind etwa 50 Mal kleiner als ein normaler Wassertropfen.
Öl ist Festmahl für Mikroorganismen
Die Tropfen sind mit Kohlenwasserstoffen nahezu gesättigt und damit giftig und lebensfeindlich für die meisten Mikroorganismen. Den Asphaltarten, die die Wissenschaftler entdeckten, macht das aber nichts aus, erklärt Rainer Meckenstock, Professor am Helmholtz-Zentrum für Grundwasserökologie in München: „Das Öl ist ein super Festmahl für Mikroorganismen, die Toxizität spielt keine Rolle.“ Ihre Erkenntnisse haben die Wissenschaftler im Magazin Science vorgestellt. Die Mikroorganismen bauen das Öl ab, das sie umgibt. Und zwar anaerob, also ohne Einsatz von Sauerstoff.
Das Forscherteam vermutet, dass sich solche Lebensgemeinschaften wie im Pitch Lake auch in anderen Öl-Lagerstätten tummeln. „Ob in allen Ölquellen solche Tröpfchen existieren, werden wir erst noch herausfinden“, sagt Meckenstock.
Falls die robusten Mikroorganismen auch in anderen Ölquellen vorkommen, könnten sie in Zukunft für die Ölindustrie zu einem weiteren Indikator werden. Denn Unternehmen erstellen für potentielle Ölferlder fortlaufend mathematische Modelle über Qualität und Menge des schwarzen Golds. Und je mehr Informationen in diese Modelle einfließen, desto aussagekräftiger und genauer werden sie. Bisher können aber wegen der ungenauen mathematischen Modellierung oft nur rund 30 Prozent eines Ölvorkommens genutzt werden. Wenn die Vermutung zutrifft, könnten die jetzt im Magazin Science vorgestellten Erkenntnisse abzuschätzen helfen, wo teure Ölbohrungen wirtschaftlich sinnvoll sind.
Bakterien könnten eine Ölpest nicht verhindern
Die nächste Ölpest kann aber mit der Entdeckung der Münchner Geowissenschaftler nicht eingedämmt werden. Denn die Mikroorganismen im Pitch Lake beginnen mit dem Ölabbau erst dann, wenn das Öl verklumpt am Sand oder am Meeresboden liegt. Das angeschwemmte Öl an der Küste muss daher aerob abgebaut werden, also unter Verwendung von Sauerstoff. Meckenstock sagt, dass es dafür auch Lebewesen gibt, „die können aber nicht so schnell arbeiten, wie es in solchen Fällen nötig wäre.“
Der Asphaltsee auf Trinidad bietet eine der seltenen Möglichkeiten, natürlich aufgestiegenes Öl zu analysieren und dort nach Leben zu forschen. An klassischen Förderanlagen existiert nur Öl, welches hohem Druck ausgesetzt ist und mit Wasser und anderen Stoffen verunreinigt ist.
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