Archimedisches Prinzip lässt Supervulkane ausbrechen
Es sind die gewaltigen Kräfte des Auftriebs, die Supervulkane ausbrechen lassen. Das haben zwei Forschergruppen jetzt unabhängig voneinander herausgefunden.
Wenn Supervulkane ausbrechen, verwüsten sie ganze Landstriche, mehrjährige vulkanische Winter können dann zu einem Massensterben führen. So etwas geschieht äußerst selten – das letzte Mal vor 26.500 Jahren, als der Vulkan Taupo auf Neuseeland eruptierte und dabei über 1000 Kubikkilometer flüssiges Gestein, Geröll und Staub ausstieß. Mit dieser Menge ließe sich der Bodensee etwa 20 Mal füllen. Nun haben gleich zwei Forscherteams unabhängig voneinander den Mechanismus enträtselt, der solche Supervulkane ausbrechen lässt.
Schon Archimedes wusste um die Kraft des Auftriebs
Es ist allein der Auftrieb des flüssigen Gesteins in einer gigantischen Magmakammer, der ausreicht, einen kritischen Überdruck von zehn bis 40 Megapascal aufzubauen. „Der Effekt ist vergleichbar mit dem Auftrieb eines mit Luft gefüllten Fußballs unter Wasser, der durch das schwerere umgebende Wasser nach oben gedrückt wird“, erläutert Wim J. Malfait von der Technischen Hochschule in Zürich (ETHZ). „Dieser zusätzliche Druck ergibt sich durch die unterschiedlichen Dichten von festem Gestein und flüssiger Magma.“ Der griechische Gelehrte Archimedes formulierte dieses Prinzip des Auftriebs schon vor über 2000 Jahren: „Der statische Auftrieb eines Körpers in einem Medium ist genauso groß wie die Gewichtskraft des vom Körper verdrängten Mediums.“
Übertragen auf eine Magmakammer könnten diese gewaltigen Auftriebskräfte eine etwa zehn Kilometer dicke Erdkruste durchbrechen und alles Magma aus der Kammer in die Umwelt schleudern. In der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“ berichten die Forscher um Malfait, dass solche Supervulkane sogar spontan ohne jeden äußeren Anlass ausbrechen können.
Untersuchungen an künstlich hergestellten Magmaschmelzen
Für ihre Erkenntnisse haben die Wissenschaftler die Eigenschaften silikatreicher Mineralien in der European Synchroton Radiation Facility im französischen Grenoble mit Röntgenstrahlen untersucht. Sie simulierten dort die extremen Bedingungen in der Tiefe einer Magmakammer. Dafür spannten sie das Gestein zwischen zwei Stempel aus extrem festem Wolframkarbid und pressten es mit bis zu 36.000 Atmosphären Druck zusammen. Gleichzeitig heizten sie es auf 1700 Grad Celsius. Diese künstlich hergestellten Magmaschmelzen untersuchten sie bei unterschiedlichen Druck- und Temperaturbedingungen. „Die Ergebnisse zeigen, dass bei einer ausreichenden Größe der Magmakammer alleine der durch Dichteunterschiede verursachte Überdruck genügt, um die darüber liegende Kruste zu durchbrechen und eine Eruption in Gang zu setzen“, erklärt Carmen Sanches-Valle von der ETHZ.
Zweite Publikation bestätigt die These von der Kraft des Auftriebs
In der gleichen Ausgabe der „Nature Geoscience“ präsentieren Geowissenschaftler der Universität Genf und der School of Earth Sciences der University of Bristol Computersimulationen von vulkanischen Prozessen im Untergrund. „Wir fanden heraus, dass Auftrieb von Magma den Schlüssel für Supereruptionen liefert, wogegen ein Magmazustrom in der Kammer eher für relativ kleine und häufigere Vulkanausbrüche verantwortlich ist“, erklärt Luca Caricchi von der Universität Genf. Das Forscherteam aus Genf und Bristol nutzte Computermodelle, Daten bekannter Supervulkane und 1,2 Millionen Simulationen, um dem Geheimnis dieser Superexplosionen auf die Spur zu kommen.
Geologische Prozesse im Untergrund noch nicht vollständig geklärt
Die Forscher wussten, dass Supervulkane nicht alleine durch den Überdruck ausbrechen können, den das nachfließende Magma aufbaut. Denn dafür sind die Magmakammern einfach zu groß. Sie können mehrere Kilometer dick und 100 Kilometer breit sein. Die jetzigen Erkenntnisse zum großen Einfluss der Dichteunterschiede zwischen festem Gestein und flüssiger Magma können die geologischen Prozesse im Untergrund aber auch nicht vollständig erklären. So kann der Überdruck einer Supervulkan-Magmakammer teilweise durch kleinere Vulkanausbrüche abgebaut werden. Zudem besteht die Möglichkeit, dass flüssiges Magma über Hunderttausende von Jahren zu festem Gestein kristallisiert und so das Ausbruchsrisiko mindert.
Krater statt Kegel nach Superexplosion
Bei einer Superexplosion werden mindestens 1000 Kubikkilometer Material ausgeworfen. Das ist rund 100 Mal mehr Gestein, als bei der Eruption des Pinatubo 1991 auf den Philippinen, der zu den schwersten Vulkanausbrüchen des 20. Jahrhunderts zählt. Solche Supervulkanausbrüche hinterlassen keinen Vulkankegel. Stattdessen bildet sich ein Krater in der Erdkruste – die ausgeleerte Magmakammer, deren Durchmesser bis zu 100 Kilometer betragen kann. Bekannte Überbleibsel solcher Mega-Ausbrüche sind der Toba-See in Indonesien, der Taupo-See in Neuseeland und die Caldera im Yellowstone-Park in den USA.
Yellowstone-Supervulkan ist seit 17 Millionen Jahren aktiv
Viele Wissenschaftler sind der Überzeugung, dass die derzeit größte Gefahr vom Yellowstone-Supervulkan ausgeht, der zuletzt vor 640.000 Jahren ausbrach. Dieser Supervulkan ist seit 17 Millionen Jahren aktiv und steht unter strenger Beobachtung von Geologen. Denn es gilt als wahrscheinlich, dass er „unmittelbar“ vor einem Ausbruch steht. Es ist aber nicht vorherzusagen, ob dieser Ausbruch noch in diesem Jahrzehnt geschieht oder erst in einigen Tausend Jahren. Denn in Bezug auf die Jahrmillionen der Erdgeschichte ist der Begriff unmittelbar nur in Jahrtausenden zu fassen.
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