Dehnbare Textilbatterie gewinnt Strom aus Schweiß
Diese Batterie aus einem US-amerikanischen Forschungslabor ist aus Taxtilien, sie ist dehnbar und sie nutzt als Energiequelle Bakterien. Sportler und Mediziner dürften eigentlich nur auf sie warten.
In vielen Geräten spielt es keine Rolle, ob ein schwerer Akku enthalten ist. Doch an anderer Stelle kann die Batterie regelrecht störend wirken. Dies ist vor allem bei Wearables der Fall, also all jenen Gerätschaften, die sich dem Körper anpassen, ja geradezu anschmiegen sollen. Forscher der New Yorker Universität Binghamton haben nun eine dehnbare Textilbatterie entwickelt, die nicht nur einen bestechenden Formfaktor aufweist, sondern Wearables in Zukunft salonfähig machen könnte. Könnte die Biobatterie also eine kleine Revolution sein?
Energie durch Bakterien und Dehnung
Entwickelt wurde die Biobatterie von einem Forschungsteam der Universität Binghamton unter Leitung des Assistenzprofessors für Elektrotechnik und Technische Informatik, Seokhun Choi. Das Ziel der Forschungsgruppe war es, eine Batterie zu entwickeln, die sich für komplexe und sich bewegende Oberflächen eignet. Ganz konkret ging es den Forschern etwa um Körperteile, um die sich die Wearables beim Sport oder aber auch im Alltag legen. Dass es Anwendungszwecke gibt, legt der Markt bereits jetzt nahe, schließlich erfreuen sich Fitnessarmbänder wie Fitbit nach wie vor großer Beliebtheit, auch für Smartwatches wäre eine Anwendung im Armband zumindest denkbar. Da die Batterie textilbasiert ist, fühlt sie sich am Körper nicht anders an als etwa Funktionskleidung.
Zunächst einmal mag es wenig appetitlich klingen, aber Teil der Energiequelle, die die Forscher ausgemacht haben, sind Bakterien. Immerhin tragen Menschen zu jedem Zeitpunkt mehr Bakterien als Körperzellen mit sich herum. Sie kommen überall am menschlichen Körper vor und sind vor allem dann hoch aktiv, wenn Schweiß zersetzt werden muss. Tatsächlich liegt hierin aber auch ein Risiko der Batterie, denn sie unterscheidet nicht zwischen guten und schlechten Bakterien. Tatsächlich dürften sich solche mikrobiellen Batterien jedoch keine dem Menschen schadhaften Bakterien zunutze machen. Prinzipiell bedürfe es noch ein wenig Zeit, die Batterien darauf abzustimmen, tatsächlich nur Bakterien aus dem menschlichen Schweiß zu nutzen, geben die Wissenschaftler zu.
Vom Ziel, die Batterie ausschließlich mit Schweiß anzutreiben, ist das Team im Moment also noch ein Stück entfernt. Doch die Batterie beeindrucket nicht nur durch die potenzielle Fähigkeit, konstant Energie aus Bakterien zu generieren, sondern sie erhält sich diese Fähigkeit auch unter wiederholtem Ausdehnen und Drehen. Was für Kleidung beim Tragen, Falten und Waschen eine Selbstverständlichkeit ist, ist für eine Batterie alleine eine kleine Revolution. Den Testbedingungen konnte die dehnbare Biobatterie aber problemlos standhalten.
Nicht der erste Versuch, aber ein vielversprechender
Der Elektroingenieur Choi hat inzwischen bereits einige Erfahrung bei der Konstruktion etwas anderer Batterien sammeln können. Zu seinen vorigen Entwicklungen etwa zählen ein Akku, der mit Speichel betrieben wird, und eine faltbare Batterie auf der Basis von Papier. Diese kann im Stile eines Origami-Sternes gefaltet werden und bietet anschließend genug Strom, um ein LED-Licht für 20 Minuten zu betreiben.
Und während diese Entwürfe von Akkus durchaus für sich revolutionär waren, so ist die Textilbasis das revolutionär Neue an der Idee von Chois Team. Denn so erst wird es möglich, dass die Batterie vollkommen nahtlos in den Alltag integriert werden kann. Die mikrobiellen Zellen bieten sogar noch weitere Vorteile, denn ihre Funktion als Biokatalyst beschert dem Material stabile enzymatische Reaktionen. Das Resultat ist eine lange Lebenszeit.
Textile Energie für Medizin und (Leistungs-)Sport
Die Biobatterie, die in Zusammenarbeit zwischen der Binghamton Universität und der amerikanischen National Science Foundation entstanden ist, soll eine wichtige Lücke schließen. Als erneuerbare Energiequelle für Wearables soll die Textilbatterie eine umweltfreundlichere und praktischere Alternative zu herkömmlichen Geräten sein und dabei helfen, zuverlässig und in Echtzeit Daten zu sammeln. Denkbare Einsatzzwecke in der Medizin sind etwa die Überwachung von Puls- und Herzfrequenz von Patienten oder die Kontrolle des Blutzuckerspiegels bei Diabetikern. Beim Freizeitsport könnte die textilbasierte Batterie Leistungsdaten verlässlicher messen als dies mit den meisten Geräten für Hobbysportler der Fall ist (da die Messung des Herzschlags etwas präziser ist als die Pulsmessung einer Uhr oder eines Fitnessarmbands). Und selbst im Leistungssport könnte die textilbasierte Batterie zum Einsatz kommen. So können etwa beim Fußball Leistungsdaten der Spieler gesammelt und abgeglichen werden, um die körperliche Komposition während eines Spiels zu überwachen, ohne den Spielern zusätzliche Diagnostikgeräte umhängen zu müssen. Selbst ein Chip im Trikot, wie ihn ein Münchner Unternehmen gerade präsentierte, wäre damit ad acta. Dass die Technologie zudem umweltschonender ist als klassische Mignon-Zellen, erscheint da nur als einer von vielen Vorzügen.
Derzeit befindet sich die Technologie der biobasierten dehnbaren Textilbatterie noch in den Kinderschuhen, zu Buche stehen eine Forschungspapier in der Publikation „Advanced Energy Materials“ und das funktionsfähige Material, das vom Forschungsteam getestet wurde. Einige Jahre wird es also noch dauern bis verschwitzte Sportsocken die Energie für die Smartwatch liefern. Bis dahin liefert sich die Entwicklung ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit einer anderen Neuheit: Wissenschaftler aus Texas haben eine Textilfaser entwickelt, die durch Bewegung Strom erzeugt. Das Material Twistron erreicht dabei eine Leistung von 250 Watt pro Kilogramm.
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