Magnesium-Luft-Batterien versprechen vierfache Reichweite für Elektroautos
Magnesium-Luft-Batterien sind ideale Stromspeicher, im Prinzip jedenfalls. Sie haben eine hohe Kapazität, der Rohstoff ist in ausreichenden Mengen vorhanden und sie können weder brennen noch explodieren. Die Lebensdauer ist jedoch gering. Das wird jetzt geändert.
Wenn es nach der Papierform ginge, wäre die Magnesium-Luft-Batterie kaum zu schlagen. Sie würde Autos im Vergleich zu herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien bei gleichem Gewicht die vierfache Reichweite bescheren. Doch noch ist sie bei weitem nicht langlebig genug. Das zu ändern steht im Mittelpunkt des Projekts E-Magic, was für European Magnesium Interactive Battery Community steht. An ihm arbeiten Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), des Helmholtz-Instituts Ulm (HIU) sowie anderer europäischer Forschungseinrichtungen.
„Magnesium ist ein vielversprechendes Material und einer der wichtigsten Kandidaten unserer Post-Lithium-Strategie“, sagt Maximilian Fichtner, stellvertretender Leiter des HIU. Eine breite Verfügbarkeit von Magnesiumbatterien könne die Elektrifizierung der Mobilität und den Ausbau dezentraler Heimspeicher entscheidend voranbringen.
Beschleuniger für Magnesium-Ionen
Jeder der beteiligten Forscher ist Experte für die Lösung eines bestimmten Problems. Im Mittelpunkt stehen Werkstofffragen: Wie muss die Metallelektrode gestaltet sein? Wie schafft man es, dass die Ionen schnell genug hindurchschlüpfen, sodass einerseits auch beim energieintensiven Beschleunigen beispielsweise genügend Strom abgezapft werden kann, andererseits die Aufladung nicht zu lange dauert? Auch die Auswahl des richtigen Elektrolyttypen ist eine wichtige Aufgabe innerhalb des Forschungsprojekts. Er ist flüssig und trennt die positive Luftelektrode von der negativen Magnesiumelektrode. Im einfachsten Fall ist es Salzwasser.
Die poröse Luft-Elektrode sollte eine große Oberfläche haben, damit dort beim Entladen der Batterie möglichst viele Sauerstoffatome reduziert werden können. Bei diesem Prozess werden Elektronen frei, die als Strom durch den Verbraucher fließen, etwa durch den Automotor. Endstation ist die Magnesiumelektrode. Beim Aufladen der Batterie findet der Prozess in umgekehrter Richtung statt.
Lithium lässt manchmal ganze Autos brennen
Die derzeit noch zu kurze Lebensdauer schreckt die Forscher nicht ab, denn das Magnesium-Luft-Prinzip hat deutliche Vorteile. So bilden sich zum Beispiel an den Magnesium-Anoden keine Dendrite. Solche elektrochemischen Ablagerungen an den Elektroden können in Lithium-Ionen-Batterien nadelartige Strukturen bilden und Störungen oder sogar gefährliche Kurzschlüsse verursachen. Dabei sind schon Laptops, Smartphones und sogar ganze Elektroautos verbrannt. Einige werden sich an das Samsung Galaxy Note 7 erinnern, dessen explosionsgefährdeter Akku eine gigantische Rückrufaktion auslöste und dem Hersteller einen Millionenschaden bescherte. Daraufhin wurden verschiedene Ansätze erprobt, wie ein Bauteil, das bei Überhitzung ein Flammschutzmittel freisetzt oder mit Kieselgel versetzte Li-Ion-Akkus. Das sollte die Lithium-Ionen-Akkus in Smartphones und Elektroautos davor bewahren zu explodieren.
„Bei Magnesium gibt es keine vergleichbaren Prozesse. Deshalb können wir Magnesium in metallischer Form verwenden und so die sehr hohe Speicherkapazität des Metalls direkt nutzen. Das steigert die Leistungsfähigkeit der Batterie“, so Zhirong Zhao-Karger, die in der Forschungsgruppe Festkörperchemie des HIU die Aktivitäten des neuen Forschungsprojekts koordiniert.
In Europa könnte eine Batterie-Industrie entstehen
Die Abkehr vom Lithium und die Hinwendung zu Magnesium hätten auch nicht-technische Vorteile. Während Lithium ein knappes Gut ist und bergmännisch gewonnen werden muss – mit schweren Folgen für die Umwelt wie sich zuletzt am Diskurs über die Lithium-Partnerschaft zwischen Deutschland und Bolivien zeigte –, lässt sich das Ausgangsmaterial für die Herstellung von Magnesium unter anderem aus Meerwasser gewinnen. Abgesehen davon ist Magnesium zudem 3000-mal häufiger auf der Erde vertreten als Lithium.
Metall-Luft-Batterien wären auch eine große Chance für die europäische Wirtschaft. Bei Lithium-Ionen-Akkus hinkt sie hoffnungslos hinterher. Hier ist Asien mit uneinholbarem Vorsprung Spitzenreiter. Magnesium gilt als große Chance, eine europäische Batterieindustrie aufzubauen. Es sei denn, die USA preschen nach vorn. Ingenieuren am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge ist es gelungen, Aluminium-Luft-Batterien ihre schlimmste Macke auszutreiben. Nämlich die schnelle Selbstentladung, wenn sie nicht genutzt werden. Das verhindert nach Forschungen der MIT-Wissenschaftler eine neue Bauweise.
Aluminiumbatterien haben bei gleichem Volumen eine weitaus höhere Kapazität als Lithium-Ionen-Akkus, sind also auch heiße Kandidaten für die Elektromobilität. Sie haben nur einen Nachteil: das Aufladen. Wenn sie leer sind müssen sie ausgetauscht werden. Wertlos sind sie dann allerdings nicht. In einem industriellen Prozess bekommen sie neue Aluminiumelektroden – und werden dazu noch aufgeladen.
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