Volkskrankheit Schlafprobleme 29.12.2017, 07:27 Uhr

Ein Roboter, der mit ins Bett kommen soll

Drei junge niederländische Schlafforscher haben ein Roboterkissen entwickelt, das Menschen beim Ein- und Durchschlafen helfen soll. Dafür ist allerhand Technik in dem kuscheligen Knirps verpackt.

Frau mit Schlafroboter-Kissen im Arm

Nichts Geringeres als einen ruhigen und erholsamen Schlaf versprechen die Entwickler des Roboterkissens Somnox.

Foto: Somnox

Die amerikanische Crowdfunding-Plattform Kickstarter hat bereits mehrere Erfolgsgeschichten geschrieben. Die Smartwatch Pebble etwa war ursprünglich ein Kickstarterprojekt. Doch immer wieder sorgen Kampagnen für Furore, die sich zwischen Genie und Wahnsinn bewegen. Auf dieser Grenze balanciert auch Somnox, das Roboterkissen. Dieses Kissen soll Menschen dabei helfen, natürlich einzuschlafen und aufzuwachen und in der Nacht regelmäßiger zu atmen. Ist das die Zukunft des Schlafens oder nur ein Maschine gewordener Albtraum?

Schlafstörungen sind eine Volkskrankheit

Erst in diesem Jahr hat die Krankenkasse DAK eine umfassende Studie zu Schlafstörungen und gesundem Schlaf durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass rund 80 Prozent aller Erwerbstätigen schlecht schlafen. Das ist nicht nur eine erschreckend hohe Zahl, sondern auch ein Anstieg von rund zwei Dritteln im Vergleich zu 2010. In absoluten Zahlen sind also 34 Millionen Deutsche von Schlafstörungen betroffen ¬ und damit potenzielle Kunden von Somnox.

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Schlafstörungen lassen nicht nur die Betroffenen verzweiflen, auch die Wirtschaft leidet unter müden Arbeitnehmern und den Folgen. Annähernd jeder Zehnte leidet unter schweren Schlafstörungen, entsprechend ist seit 2010 auch die Zahl der Krankmeldungen rasant gestiegen. Und das, obwohl viele Schlafgeplagte den Gang zum Arzt scheuen. Der Markt für ein Kissen, das besseren Schlaf verspricht, ist also durchaus da, die Kickstarterkampagne wurde deutlich überfinanziert. Einer erfolgreichen Serienproduktion von Somnox steht also eigentlich nichts mehr im Wege.

Somnox, der wohl weichste Roboter der Welt

Der Somnox Schlafroboter ist ein Kissen, das mithilfe seines mechanischen Innenlebens den Atem des Schläfers regulieren soll. Statt auf dem nierenförmigen Kissen zu liegen, fungiert es als „kleines Löffelchen“ und wird im Schlaf umklammert ¬ ganz so, als würde der Mensch ein Kleinkind in den Schlaf wiegen. Tatsächlich pulsiert das Somnox Kissen dabei und imitiert so den Atem eines Mitmenschen, an den sich der Atem des Schläfers anpasst. Zum Einschlafen verlangsamt sich die Atemfrequenz, was schneller in den Schlaf wiegt. Über die Nacht wird der Atemrhythmus dann konstant gehalten.

Wenn das „Mitatmen“ des nierenförmigen Kissens nicht hilft, bietet Somnox auch noch beruhigende Schlaflieder, den Klang eines Herzschlags oder aber Meditationsanleitungen. Registriert das Kissen, dass der Nutzer eingeschlafen ist, senkt sich die Lautstärke und verstummt schließlich. So wie die Eltern sich während der Gute-Nacht-Geschichte langsam aus dem Kinderzimmer stehlen.

Auch ein sanftes Nachtlicht steckt im Einschlafkissen, das nach einer erholsamen Nacht für sanfteres und natürlicheres Aufwachen sorgt. Dadurch spricht Somnox menschliche Grundbedürfnisse nach Wärme, Zuneigung und Komfort an. All das in Kombination mit einer ergonomischen Form

und komfortablem Obermaterial. Und natürlich gibt es eine Anbindung an eine App, die den Schlaf genau misst und analysiert.
Entwickelt wurde Somnox von waschechten Schlafforschern des Instituts für Technologie im niederländischen Delft. Die vier Robotik-Ingenieure wollten ihr technisches Know-how in einem Roboter umsetzen und gleichzeitig ein sehr persönliches Problem lösen. Entstanden ist dieser kuschlig weiche Roboter, der bei den 85 Testschläfern besonders dann Wirkung zeigte, wenn sie aufgrund von Stress- oder Angstsymptomen mit dem Einschlafen haderten. Während 90 Prozent der User besser einschliefen, berichteten immerhin noch 70 Prozent aller Schläfer von entspannteren Nächten.

Hilft Somnox wirklich? Streit um Wirksamkeit des Roboterkissens

Was in der Pressemitteilung und der Kickstarter-Kampagne sehr überzeugend klingt, beeindruckt längst nicht jeden. Schlafmediziner wie Michael Feld haben ihre Zweifel daran, dass die Verlangsamung der Atemfrequenz durch das Kissen tatsächlich eine Wirkung auf Menschen mit schweren Schlafstörungen haben kann. Aufgrund des Formfaktors ist Somnox zudem nicht für Menschen in jeder Schlafstellung geeignet, ansonsten müssten Bauchschläfer sich etwa auf das Roboterkissen legen und damit ihre Wirbelsäule unnatürlich überdehnen.

Die Testschläfer von Somnox waren allerdings vom Kissen überzeugt. Wer auf der Seite schläft und einen ruhigeren Schlaf für rund 590 Euro sucht, könnte am Roboterkissen also durchaus Gefallen finden. Im Preis werden das Kissen mit waschbarem Bezug und das Ladegerät enthalten sein. Auch App und kostenlose Updates sollen im späteren Kaufpreis inbegriffen sein.

Eine ruhige Traumnacht mit Somnox

Nicht jede erfolgreiche Kickstarter-Kampagne ist auch von einem erfolgreichen Produktlaunch begleitet. Das ist die gerne übersehene Wahrheit des Crowdfundings. Die Produktion des Somnox soll dank der erfolgreichen Kampagne noch im Dezember 2017 beginnen, so dass Käufer im Juli 2018 mit den ersten Roboterkissen schmusen können.

Menschen mit Schlafstörungen zu helfen, ist dabei nicht nur ein hehres Unterfangen, sondern auch ein Markt mit enormem Potenzial. Immerhin verspricht Somnox einen besseren und entspannteren Schlaf auf Knopfdruck. Menschen, die unter Schlafstörungen leiden und entsprechend entkräftet sind, könnten somit wirksame Hilfe bei der Stressbewältigung und bei Angstzuständen bekommen. Die Preisempfehlung von knapp 600 Euro dürfte allerdings nicht jedem potenziellen Kunden gefallen.

Der Begriff Somnox übrigens ist eine Mischung der beiden lateinischen Worte für Traum (somnium) und Nacht (nox). Für alle, die noch irgendeinen Grund dafür suchen, ihr persönliches Somnox zu rechtfertigen: Sogar der Name ist clever.

Ein Beitrag von:

  • ingenieur.de

    Technik, Karriere, News, das sind die drei Dinge, die Ingenieure brauchen.

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