Einblicke in die Welt des PCs von morgen
Der PC ist tot? Abstürzende Verkaufszahlen sind die eine Seite der Medaille. Doch der PC hat längst sein angestammtes graues Gehäuse verlassen und eine große Zukunft. Davon ist zumindest Chip-Primus Intel überzeugt.
Ist der PC eine aussterbende Spezies? Manche Kommentare nach Bekanntwerden der jüngsten Marktzahlen von Gartner bzw. IDC zum weltweiten PC-Markt im 1. Quartal 2013 könnten diesen Verdacht nähren. Mit einem Minus von 11 % bzw. 14 % bei den verkauften Stückzahlen war der Rückgang im Jahresvergleich seit vielen Jahren ohne Beispiel. Das kann den mit Abstand größten Lieferanten der wichtigsten Komponente des PCs, den Chip-Weltmarktführer Intel, verständlicherweise nicht ruhen lassen.
Auch bei Intel verzeichnete man im 1. Quartal 2013 einen Rückgang beim Umsatz, allerdings deutlich geringer, als die abgestürzten PC-Stückzahlen vermuten ließen: Um 6 % ging der Umsatz mit PC-Mikroprozessoren und Chipsets zurück, im Serverbereich waren es knapp 8 %. Für Intel-Sprecher Martin Strobel ist das kein Widerspruch: Längst würden PC-Prozessoren und -Chips in einer breiten Palette von Geräten eingebaut, die nicht alle von den Auguren als „PC“ gewertet werden, Beispiel Tablet. Zudem sei gerade in den dynamischen PC-Märkten in Asien eine lebhafte Szene kleiner PC-Assemblierer am Entstehen, die nur schwer in das Zahlenwerk der Marktforscher Eingang fänden.
Intel glaubt an die Zukunft des PC
Doch das ist nicht die einzige Antwort des Chipgiganten (Umsatz 1. Quartal 2013: 12,6 Mrd. $) auf die neuen Herausforderungen des Marktes. Mit einem „Future Showcase“ tourte man Ende April durch Europa – um zu zeigen, wie vielfältig die Gattung PC schon heute ist, wie vielfältig sie sich in naher Zukunft entwickeln wird. Und natürlich auch, welche Anwendungen für die PC-Technik sich in der ferneren Zukunft zeigen werden, ohne dass diese Anwendungen äußerlich noch wie ein „klassischer“ PC daherkommen.
Bereits Computergegenwart sind allerlei Spielarten von Tablets, Ultrabooks und den Mischformen, die sowohl als Tablet wie auch als leichtes Notebook funktionieren. Gerade bei den „Detachables“, Geräten also, bei denen der Bildschirm als Tablet von der Tastatur abnehmbar ist, gibt es ein Dilemma: Beim Einsatz als Ultrabook möchte der Nutzer eine möglichst große Bildschirmfläche haben, während der Bildschirm als Tablet noch bequem zu halten und zu bedienen sein muss. „North Cape“ heißt Intels Antwort: Im angedockten Zustand wird das 13-Zoll-Display mit 1920 x 1080 Pixeln optimal ausgenutzt. Wird das Display abkoppelt, kommt die Smart-Frame-Technologie ins Spiel: Sie verringert die verfügbare Displaygröße auf 11,6 Zoll und schafft einen nicht Touchscreen-aktiven Rahmen in genau der richtigen Größe für die das Tablet haltenden Finger.
In die nähere PC-Zukunft verweist das Konzept des „Perceptual Computing“. Für Intel-Forscher Yuriy Kozachuk steht dies für eine Art Revolution der Interaktionen mit technischen Geräten aller Art. Man könne damit unterschiedliche Geräte wie Tablets und Ultrabooks, aber auch Bedienelemente auf dem Armaturenbrett eines Autos mithilfe von Gesten, Sprache und Augenbewegungen steuern.
Steuerung mit Gesten, Sprache und den Augen
Kernelement ist ein kombinierter Sensor, der einerseits per Digicam ein Bild aufnimmt, andererseits mit Ultraschall die Entfernung zum aufgenommenen Objekt misst. Er soll noch im Herbst als Zubehör erhältlich sein. Von Intel gibt es für Entwickler bereits das entsprechende Software-Development-Kit, so dass die Gestensteuerung schon bald Realität sein könnte.
In einer Demonstration steuerte Kozachuk mit zwei Händen die optische Darstellung eines Sonnensystems, spielte mit einer fiktiven Figur „Stein, Papier, Schere“ oder zeigte, wie mit der gleichen Funktionalität bei Videotelefonaten via Skype der Hintergrund der sprechenden Person automatisch ausgeblendet wird.
Als Beispiel, wie PC-Technik auch außerhalb des klassischen Desktops oder Notebooks zukünftig genutzt werden kann, diente im Future Showcase die intelligente Fahrzeugbeleuchtung (s. Kasten). Laut Intel-Forscher John Tompkins soll sie dem Autofahrer helfen, bei Regen oder Schneefall besser sehen zu können. Das funktioniere zwar vorerst nur im Labor, könnte aber durchaus binnen zehn Jahren Realität in den Fahrzeugen werden.
NUC – „the Next Unit of Computing“ – nennt Intel einen Mini-PC in der Größe zweier Zigarettenschachteln. Er findet bereits heute Einsatz an Stellen, wo man einen PC nicht sehen soll, z. B. an Werbe- und Verkaufsdisplays im Einzelhandel.
Der Chip-Weltmarktführer hatte noch mehr Ideen präsent – Stichwort Energieeffizienz und Sicherheit –, die demonstrierten, wie zukunftsfähig das PC-Konzept auch außerhalb der eingetretenen Pfade ist. Ob dann allerdings diese und andere Konzepte wirklich mit Intel-Chips realisiert werden oder mit denen der Rivalen – von AMD bis ARM – das wird sich im Wettbewerb entscheiden.
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