Feuerwehrmaske mit Datenbrille für verrauchte Räume
Dank der Wissenschaftler der Westsächsischen Hochschule Zwickau (WHZ) könnte die Digitalisierung künftig Feuerwehrleute bei Brandeinsätzen unterstützen und ihnen helfen, sich in brennenden Gebäuden zu orientieren.
Trotz ausgezeichneter Ausbildung ist es für Feuerwehrleute eine große Herausforderung, Menschen aus einem brennenden Gebäude zu retten. In der Regel kennen sie die Örtlichkeiten nicht und Rauch erschwert die Sicht. Eine Orientierung ist daher schwer möglich. Das wollen Elektrotechniker der Westsächsischen Hochschule Zwickau (WHZ) ändern. Sie haben eine Kombination aus Atemschutzmaske, Datenbrille und Ad-hoc-Lokalisierung entwickelt.
Die Suche nach Menschen in einem brennenden Gebäude verläuft bei professionellen Rettungskräften nach einem standardisierten Verfahren, das regelmäßig trainiert wird. Trupps aus jeweils zwei Rettungskräften tasten sich durch die Räume und halten Kontakt zueinander, um sich zu unterstützen und gegenseitig auf Gefahren hinzuweisen. Dennoch kommt es gerade bei sehr starker Rauchbildung immer wieder vor, dass die beiden Teammitglieder den Kontakt zueinander verlieren. Unter den vorherrschenden Bedingungen – kein Sichtkontakt, Atemmaske, Stress, Panik und gegebenenfalls Lärm – ist es extrem schwer, den Kollegen wiederzufinden. Eine solche Situation und der damit verbundene Orientierungsverlust kann für die Rettungskräfte tödlich enden. Umso wichtiger ist es also, dass sie durch moderne technische Möglichkeiten bei ihrer Arbeit unterstützt werden. Dabei mussten die Forscher berücksichtigen, dass die Gerätschaften extremen Bedingungen ausgesetzt sind.
Datenbrille statt Sichtkontakt
„Unsere Innovation besteht darin, dass in einer Atemschutzmaske für den Feuerwehreinsatz eine Datenbrille integriert wird. Rettungskräfte können sich somit in dunklen oder verrauchten Gebäuden mit schlechter Sicht bewegen und bekommen ins Sichtfeld wichtige Informationen wie ein Gebäude- und Fluchtplan, Anweisungen vom Truppführer oder eigene Vitalwerte angezeigt“, erklärt Rigo Herold, Professor an der WHZ. Dafür werden in die Schutzkleidung der Feuerwehrmänner und Feuerwehrfrauen drei leichtgewichtige Ultrabreitband(UWB)-Funkknoten integriert. Sie messen vor allem den Ankunftswinkel und bestimmen die Distanz. Das System errechnet daraus die relative Position der Einsatzkräfte. Das soll ihnen dabei helfen, sich selbst zu orientieren und die Kollegen zu lokalisieren. Allerdings funktioniert die neue Technik nicht autark, sondern muss in der Lage sein, auf eine zuvor installierte Navigationseinheit im Gebäude zuzugreifen.
Die besonderen Einsatzbedingungen unter Rauch und Hitze stellen sehr hohe Anforderungen an die Technik: Elektronik und Stromversorgung mussten in die Atemschutzmaske eingebaut werden, ohne dass dabei das Sichtfeld des Trägers beeinträchtigt wird. Außerdem ist es wichtig, dass die gesamte Technik der Maske nach außen luftdicht abgeschlossen, hitzebeständig und mechanisch sehr stabil ist. Die Wissenschaftler der WHZ haben daher bei der Materialauswahl und Entwicklung des Systems auf Erfahrungen zurückgegriffen, die sie in vorherigen Forschungsprojekten gesammelt hatten, beispielsweise bei der Herstellung von Datenbrillen für Stahlwerke und Druckereien.
Anpassung der Standards für Brandschutz geplant
Die Feuerwehrkräfte testen die neue Technik im sogenannten Brandhaus des Instituts für Feuerwehr und Rettungstechnologie (IFR) in Dortmund. Dabei handelt es sich um eine Ausbildungs- und Forschungseinrichtung, in der realistische Szenarien wie brennende Räume nachgestellt werden können, um die korrekte Vorgehensweise zu trainieren. Die Ad-hoc Lokalisierung soll in diesem Gebäude installiert werden. Das eröffnet den Wissenschaftlern die Möglichkeit, die Navigation in Kombination mit Feuerwehrmaske, Datenbrille und UWB-Empfänger zu evaluieren und gegebenenfalls zu verbessern.
Das langfristige Ziel ist es, die Ergebnisse aus den praktischen Tests zu nutzen, um neue Standards für den Brandschutz zu schaffen. Demnach müssten neue Gebäude nicht nur mit einer Brandmeldetechnik, sondern auch mit einer Navigationstechnik für Rettungskräfte ausgestattet werden. Dann wäre es möglich, digitale Gebäudepläne zu verwenden und automatisch in das Lokalisierungssystem der Rettungskräfte einzuspielen. Für die Erstellung derartiger Pläne könnte die Software Building Information Modeling (BIM) eingesetzt werden, die bereits jetzt unter Architekten weit verbreitet ist. Die Software dient der Projektierung. Erfasst werden dabei aber auch alle relevanten Bauwerksdaten, sodass es möglich ist, ein virtuelles Modell zu visualisieren – dessen Innen- und Außenräume für die Feuerwehrleute über die Maske sichtbar wären.
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