Elektromagnetisches Material 28.12.2016, 08:00 Uhr

Neuartige Festplatten verbrauchen deutlich weniger Energie

Ein Material, das die Datenspeicherung revolutionieren könnte, haben Schweizer Forscher entwickelt. Ihr per Schockbehandlung verändertes Material kann Daten speichern bei deutlich niedrigerem Energieverbrauch. Und auch Hitze entsteht deutlich weniger.

Rechenzentrum des Deutschen Wetterdienstes: Schweizer Forscher haben ein Material entwickelt, das für die Datenspeicherung weniger Energie verbraucht und auch weniger Wärme abgibt.

Rechenzentrum des Deutschen Wetterdienstes: Schweizer Forscher haben ein Material entwickelt, das für die Datenspeicherung weniger Energie verbraucht und auch weniger Wärme abgibt.

Foto: Deutscher Wetterdienst/dpa

Werkstoffe aus der Klasse der so genannten magnetoelektrischen Multiferroika gelten als die Datenspeicher der Zukunft. Sie haben eine größere Kapazität als die bisher verwendeten Materialien und vor allem: Der Energieaufwand, um Daten abzulegen, ist weitaus geringer.

Sie haben nur einen Nachteil: Ihre überragenden Eigenschaften entwickeln sie nur bei sehr tiefen Temperaturen. Üblich sind minus 200 °C. Um diese mehr als eisigen Temperaturen zu erzeugen, ist weit mehr Energie nötig als die, die beim Beschreiben eingespart wird.

Elektrische statt magnetische Felder

Bis jetzt jedenfalls. Forscher am Schweizer Paul Scherrer Institut (PSI) haben jetzt ein Multiferroikum entwickelt, das bereits bei Zimmertemperatur funktioniert. Jetzt steht dem Einsatz als Festplatte nicht mehr viel im Weg. Die energiesparende Wirkung liegt an einer eigentümlichen physikalischen Eigenschaft des Materials, in dem magnetische und elektrische Eigenschaften miteinander verkoppelt sind.

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Die Ummagnetisierung der winzigen Punkte, an denen Bits gespeichert beziehungsweise gelöscht werden, ist mit elektrischen Feldern möglich, deren Erzeugung weniger Energie verschlingt als die von magnetischen Feldern.

„Wird ein elektrisches Feld an magnetoelektrische Multiferroika angelegt, wirkt dieses auf die elektrischen Eigenschaften des Materials“, erklärt Marisa Medarde das Phänomen, Leiterin der neuen Studie. „Durch die magnetoelektrische Kopplung bekommt man dann noch eine Veränderung der magnetischen Eigenschaften hinzugeschenkt.“

Die Einsparung fällt noch größer aus, weil durch den geringeren Energieaufwand weniger Wärme anfällt. Die muss abtransportiert werden, um die Elektronik vor Überhitzung und damit vor der Zerstörung zu schützen. Der Kühlungsbedarf sinkt also, was den Stromverbrauch noch einmal reduziert. Da jährlich viele Milliarden Kilowattstunden Energie im Cloudcomputing verbraucht werden, sind Einsparungen in diesem Bereich von großer Bedeutung.

Blitzschnell um 1200 °C abgekühlt

Die PSI-Forscher haben ihr Ziel erreicht, indem sie die chemische Zusammensetzung des Materials veränderten und einen speziellen Herstellungsprozess anwandten. Der Datenspeicher der Zukunft besteht aus Yttrium, Barium, Kupfer und einem speziellen Eisenoxid. Die chemische Formel lautet YBaCuFeO5.

Das Material wurde auf eine Temperatur von etwa 1000 °C erhitzt und dann schlagartige auf minus 200 °C abgekühlt. Bei hohen Temperaturen sortieren sich die Atome so, dass sich die gewünschte elektromagnetische Funktion einstellt. „Die rasche Abkühlung friert dann diese Anordnung quasi ein“, so Medarde.

Und sie bleibt erhalten, wenn das Material Zimmertemperatur erreicht. Das Material ist eng verwandt mit den ersten Hochtemperatur-Supraleitern, die 1987 entdeckt wurden. Denen fehlte lediglich das Eisenatom.

Mit einer ganz anderen Idee will ein Dresdner Start-up in die Zukunft gehen. Gerade die Wärme von Servern will das Unternehmen nutzen, um damit Einfamilienhäuser zu beheizen.

Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Kempkens

    Wolfgang Kempkens studierte an der RWTH Aachen Elektrotechnik und schloss mit dem Diplom ab. Er arbeitete bei einer Tageszeitung und einem Magazin, ehe er sich als freier Journalist etablierte. Er beschäftigt sich vor allem mit Umwelt-, Energie- und Technikthemen.

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