Neuer Touchscreen ermöglicht Login über Fingerabdruck
Ein neuer innovativer Touchscreen soll die PIN- oder Passwort-Eingabe auf digitalen Geräten überflüssig machen: Fidelio scannt und erkennt Fingerabdrücke aller Menschen, die auf dem Touchscreen herumdrücken und überprüft deren Zugriffsrechte. Unmerklich und permanent im Hintergrund.
Touchscreens sind eine tolle Erfindung und haben schon den haptischen Umgang mit neuartigen technischen Geräten nachhaltig verändert. Jetzt haben Forscher des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) den ersten Touchscreen entwickelt, der auf der Bildschirmfläche Fingerabdrücke erkennt.
Fiberio heißt der Prototyp, den der erst 23-jährige HPI-Master-Student Sven Köhler jetzt in Hannover der Öffentlichkeit vorstellte. Und dieser hat ihm und seinem Miterfinder Dr. Christian Holz gleich eine Nominierung für den CeBIT-Innovation-Award beschert, der im Rahmen der CeBIT 2014 vergeben wird.
Bildschirm besteht aus Lichtleitfasern
Das System basiert auf Glasfaser-Technologie und Rückprojektion. Zum Einsatz kommt ein Standardsystem der diffusen Beleuchtung, bestehend aus einer Hochauflösungskamera, einem Projektor und einem Illuminator.
Der Bildschirm besteht aus mehreren tausend, im Durchmesser nur sechs Mikrometer großen Lichtleitfasern und zeigt die Fingerabdrücke bei Berührung an: die Grate der Papillarleisten werden bei Berührung der Oberfläche dunkel dargestellt, die Furchen und die Bereiche des Fingers, die nicht im Kontakt mit dem Bildschirm sind, erscheinen heller. Um den notwendigen Kontrast zur Erkennung des Fingerabdrucks zu erzeugen, zerstreut die Lichtleitfaserscheibe das vom Projektor übertragene Licht und reflektiert es durch Spiegelung.
PIN-Eingabe ohne Tastatur
„Fiberio ist ein völlig neuer Ansatz, Benutzer sicher mit ihrem System interagieren zu lassen“, sagt Köhler. Das System verzichtet auf Tastaturen zur PIN-Eingabe und auch auf einen separaten Fingerabdruckscanner, der im neuesten iPhone für die zweifelsfreie Identifikation sorgen soll. Aus gutem Grund: Denn dieser wurde ja bekanntlich schon wenige Stunden nach der Präsentation vom Chaos Computer Club gehackt.
Fiberio-Benutzer müssen zur Identifikation kein Passwort mehr eingeben. „Während Anwender mit Fiberio wie mit einem ganz normalen Touchscreen interagieren, erkennt das System deren Fingerabdrücke und stellt dadurch sicher, dass die Benutzer entsprechende Zugriffsrechte haben“, erklärt Köhler.
Ein entscheidender Vorteil ist die Zeit. Normalerweise gibt der Anwender sein Passwort ein oder scannt seinen Fingerabdruck. Von da an gilt er vom System als autorisiert, bis eine Zeitsperre das System dann wieder sperrt. Und diese automatische Zeitsperre verwenden heute alle Computer, Notebooks und Mobilgeräte. Wenn sich ein unberechtigter Dritter innerhalb dieser Zeitspanne des Gerätes bemächtigt, kann ein großer Schaden entstehen.
„Das sind dann zum Beispiel zehn Minuten, in denen das System offen und damit unsicher ist. Doch Fiberio macht genau diese Zeitsperre überflüssig“, erklärt Köhler. Prof. Patrick Baudisch, an dessen Fachbereich Human Computer Interaction die Innovation entwickelt wurde, ergänzt: „Solche Systeme sind dann praktisch auch für jeden anderen Anwender offen. Fiberio hingegen authentifiziert die Benutzer für jeweils diejenige Interaktion, die gerade ausgeführt wird – biometrisch und sicher“.
Scanner könnte in Banken zum Einsatz kommen
Dadurch sind viele interessante Szenarien denkbar: Die lokalisierte biometrische Authentifizierung macht es möglich, dass mehrere Nutzer mit unterschiedlichen Kompetenzen an einem gemeinsamen Arbeitsplatz sicherheitskritische Dokumente bearbeiten.
So ist es für Banken möglich, dass alle Mitarbeiter die Kundendaten einsehen können, Zahlungsanweisungen oberhalb einer bestimmten Grenze aber nur von einem leitenden Manager freigegeben werden. „Fiberio weiß, wer welche Rechte hat und erlaubt oder sperrt den Zugriff – unsichtbar und im Hintergrund“, erläutert Köhler.
Erfinder verweisen auf James Bond
„Die Idee, dass ein Gerät sich nur durch seinen Besitzer benutzen lässt, wurde vor langer Zeit in Science-Fiction-Filmen angedacht. Mit Fiberio lassen wir das Wirklichkeit werden“, sagt Baudisch. Stolz verweisen die Erfinder auf filmische Vorbilder, wie den neuesten Bond-Film Skyfall. Da ist Bonds Waffe an seine biometrischen Daten gekoppelt, kann also nur von ihm selbst benutzt werden. Schon vor zwei Monaten, Anfang Oktober, war Fiberio auf einem wissenschaftlichen Symposium, der ACM User Interface Software and Technology 2013 im schottischen St. Andrews, mit dem Best Paper Award ausgezeichnet worden.
Nominiert für CeBIT Innovation Award
Jetzt ist auch die Jury des CeBIT Innovation Awards auf den innovativen Touchscreen aufmerksam geworden und hat Fiberio für den Preis nominiert. Jury-Vorsitzende Gesche Joost überzeugte vor allem die Benutzerfreundlichkeit des Systems: „Usability ist heute ein integraler Bestandteil der IT-Entwicklung geworden. Der Dialog mit den Nutzern sollte aber noch einen Schritt weiter gehen: Partizipatives Design fördert Innovationen in der IT-Forschung und erhöht gleichzeitig die Chance für einen Erfolg von neuen Technologien am Markt.“
Der CeBIT Innovation Award wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Deutschen Messe vergeben für herausragende Entwicklungen in den Bereichen Design, Nutzerfreundlichkeit und Mensch-Maschine-Interaktion. Er ist mit insgesamt 100.000 Euro dotiert. Ein Teil davon wird wohl nach Potsdam gehen – für den Touchscreen Fidelio.
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