Platinfreie Option prescht vor
Platin oder nicht Platin – die Frage hat durch die Technologie des israelischen Start-ups Cellera neuen Schwung in die Brennstoffzellen-Welt gebracht. Dabei ist eine differenzierte Betrachtung nötig: Zellentypen mit hoher Arbeitstemperatur kommen ohne das Edelmetall aus. Und bei Niedertemperatursystemen schlagen die Platinkosten je nach Anwendung unterschiedlich zu Buche.
Es war relativ ruhig in den letzten Jahren um das Thema Brennstoffzellen. Doch jüngst sorgte der Schweizer Finanzinvestor BrainsToVentures (b-to-v) für Aufmerksamkeit, weil er sich an Cellera Technologies aus Israel beteiligte. Das Unternehmen habe 2009 den „weltweit ersten massenmarkttauglichen Prototyp einer platinfreien Brennstoffzelle entwickelt“ und plane somit die Kosten für die Massenproduktion von Brennstoffzellen „dramatisch zu reduzieren“, gaben die Investoren als Begründung an.
„Obwohl Unternehmen seit Jahren an der Entwicklung von Brennstoffzellen arbeiten, konnte sich bislang noch keine Technologie in einem Massenmarkt durchsetzen“, erklärte Christian Schütz, Partner bei b-to-v. „Die Markteintrittsbarrieren, die im Wesentlichen auf den hohen Materialkosten beruhen, können durch platinfreie Brennstoffzellen künftig überwunden werden.“ Das Edelmetall bilde den mit Abstand größten Kostenfaktor bei der Produktion von Brennstoffzellen. Cellera plane, mit der neuen Technologie die Kosten für die Entwicklung und Fabrikation um über 70 % gegenüber herkömmlichen Brennstoffzellen zu reduzieren.
Experten raten zu einer differenzierteren Betrachtung in puncto Platin. Es müsse je nach Anwendung und Brennstoffzellen-Typ unterschieden werden. Zum Beispiel betonen Hersteller von oxidkeramischen Hochtemperatur-Brennstoffzellen (SOFC: Solid Oxide
Fuel Cell), dass hier überhaupt kein Edelmetall wie Platin notwendig ist. Hingegen ist Platin bei Niedertemperatur-Brennstoffzellen wie den Polymer-Elektrolyt-Membran-Zellen, kurz PEM, ein wichtiger Katalysator. Cellera setzt auf die alkalische Brennstoffzelle AFC (Alkaline Fuel Cell). Sie arbeitet bei niedrigen Temperaturen und mit reinem Wasserstoff.
„Generell kann man sagen, je geringer die Betriebstemperaturen sind, desto mehr Katalysator wird gebraucht“, bestätigt Frank Koch vom Netzwerk Brennstoffzelle und Wasserstoff der Energieagentur NRW. „Daher braucht eine AFC mehr als eine PEM“, nennt Koch ein Beispiel. Doch gemessen an den gegenwärtigen Systemkosten sei der Platinanteil auch bei der PEM eher zu vernachlässigen. „Momentan wird der Preis vorrangig durch die Entwicklungskosten und die manuelle Montage bei kleinen Stückzahlen bestimmt.“
So ist bei der PEM das letzte Wort in Sachen Platin noch nicht gesprochen. Die Entwickler arbeiten vehement daran, den Platineinsatz weiter zu verringern, indem sie die Platinmenge auf der Membran optimieren oder die Reaktionstemperatur erhöhen. Bei einer typischen Hausenergiezentrale mit 1 kW bis 4 kW elektrischer Leistung, wie sie aktuell im Pilotprojekt Callux zum Einsatz kommt, schätzt Koch die Platinkosten bei einer Serienfertigung der PEM im Bereich von unter 100 €. „So gesehen steht der Platinpreis bei dieser Anwendung sicherlich nicht der Markteinführung entgegen.“
Eine gewichtigere Rolle spiele der Platinpreis hingegen bei PEM für mobile Anwendungen mit elektrischen Leistungen um 90 kW. Geschätzte Platinkosten von 2500 € stünden hier im Wettbewerb mit preiswerten Verbrennungsmotoren.
Cellera strebt Zellleistungen von 1 kW bis 20 kW an. „Anstelle von Platin nutzt Cellera andere Rohstoffe wie Eisen, Kobalt oder Silber als Katalysator“, erläutert Walter Czarnetzki von der Hochschule Esslingen, der im Auftrag von Investor b-to-v die technische Prüfung der Beteiligung übernommen hatte.
Derzeit liegt die Lebensdauer der Zelle nach Angaben von Cellera noch bei 200 h. Nach Feldversuchen bei Endkunden und endgültiger Anpassung der Spezifikationen ist für Anfang 2012 die Massenfertigung geplant. Haupteinsatzgebiete sollen dezentrale Stromversorgungen, Notstromaggregate sowie die Kombination mit Wind- und Solarkraft für Energiespeicherung und -gewinnung sein. Im stationären Einsatz sollen die Cellera-Zellen zum Beispiel herkömmliche Blei-Säure-Batterien ersetzen – ein Marktvolumen von über 3 Mrd. $. ROBERT DONNERBAUER
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