Metallfedern dämpfen Sturz 26.06.2018, 13:09 Uhr

Schluss mit kaputten Displays

Fällt ein Smartphone auf den Boden, hilft eine gängige Schutzhülle meist nur bedingt. Oft ist das Display beschädigt und muss für viel Geld ausgetauscht werden. Einen Studenten aus Aalen hat das so verärgert, dass er zum Erfinder wurde: Er hat einen Aufprallschutz entwickelt, der den Glasbruch verhindert.

In einer 4,9 mm dünnen Schutzhülle sind Sensoren eingebaut, die den freien Fall des Smartphones erkennen.

Foto: Ad-Case

Während des Absturzes entfalten sich Metallfedern.

Foto: Ad-Case

Die seitlich montierten Federn werden nach dem Absturz einfach manuell eingeklappt und schützen auch beim nächsten Fall.

Foto: Ad-Case

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Moderne Smartphones haben meist ein brillantes Display aus gehärtetem Glas. Bruchsicher ist das tolle Display aber trotzdem nicht. Nach einem Sturz ist es häufig von Bruchlinien übersät und muss durch ein neues ersetzt werden. Genau das ist dem 25-jährigen Mechatronikstudent Philip Frenzel von der Hochschule Aalen passiert, als er seine Jacke lässig über ein Treppengeländer warf. Das brandneue iPhone rutschte aus der Jackentasche und krachte ein Stockwerk tiefer auf den Boden. Das Display: zersplittert. Frenzel ließ ein neues einbauen, doch nach zwei Wochen blieb das teure Ersatzstück nur noch schwarz. Das Smartphone war schrottreif: „Durch den Sturz war die ganze Elektronik kaputt“, sagt Frenzel, den diese schlechte Erfahrung erst zum Erfinder und nun auch noch zum Preisträger gemacht hat.

Erste Experimente mit Luftkissen

Weil alle am Markt verfügbaren Schutzhüllen Frenzel nicht überzeugten, setzte er sich selber an den heimischen Tüftlertisch im Keller. „Das iPhone mit seinem ästhetischen Design in eine klobige Outdoorhülle zu packen, macht ja keinen Spaß“, so Frenzel. „Also habe ich mich daran gemacht, eine Lösung zu finden.“ Erste Experimente in Richtung „Handy-Airbag“ mit Luftkissen und Schaumstoff waren stark vom Autovorbild inspiriert und gefielen dem Studenten nicht wirklich. Er überzeugte seinen Hochschulbetreuer, Prof. Dr. Arif Kazi, sein Mechatronik-Studium in Aalen mit der Entwicklung eines „Handy-Airbags“ zu verknüpfen. „Es ist toll, wenn Studierende eigene Ideen und Projekte, für die sie brennen, an die Hochschule mitbringen. Da lernen sie noch viel intensiver als in den Lehrveranstaltungen – das unterstützen wir gerne.“

Metallfedern dämpfen Aufprall

In einem Praxissemester und im Rahmen seiner Bachelorarbeit konnte Philip Frenzel seine Idee eines „Handy-Airbags“ weiterverfolgen. Und fand eine Lösung, die das ästhetische Design eines Smartphone nicht durch eine klobige Hülle zunichte macht. Denn sein Display-Schutz bleibt bis zum Fall der Fälle nahezu unsichtbar. Frenzel baute in seine nur 4,9 mm dünne Schutzhülle Sensoren ein, die den freien Fall des Smartphones erkennen.

Noch während des Absturzes entfalten sich die von Philip Frenzel selbst entwickelten Metallfedern und dämpfen die Kraft und Energie aus dem Sturz. Dieses Schutzkonzept der aktiven Dämpfung führte Frenzel auch zu dem Namen seines Produkts. „AD Case“ heißt es, was für „active damping“ also „aktives Dämpfen“ steht. Die seitlich montierten Federn werden nach dem Absturz einfach manuell eingeklappt und schützen das iPhone zuverlässig auch beim nächsten Fall der Fälle. Der AD Case passt auf alle iPhones ab der Modellreihe iPhone 6.

Mechatronik-Preis 2018 ergattert

Für seine Erfindung hat Frenzel Anfang Mai 2018 den ersten Preis der Deutschen Gesellschaft für Mechatronik für herausragende Bachelorarbeiten auf dem Gebiet der Mechatronik ergattert. „Philip Frenzel zeigt in seiner Abschlussarbeit eindrucksvoll, wie ein Mechatronik-Ingenieur systematisch und zielgerichtet an eine Problemstellung herangeht und eine technisch umsetzbare und wirtschaftlich verwertbare Lösung entwickelt“, sagte Prof. Dr. Rolf Biesenbach, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Mechatronik bei der Preisverleihung.

Start-up gegründet

Damit ist die Geschichte aber noch nicht am Ende: Inzwischen treibt Frenzel im Masterstudiengang „Mechatronik – Systems Engineering“ seine Erfindung weiter voran. Gemeinsam mit Peter Mayer, einem Absolventen der Wirtschaftswissenschaften der Hochschule Aalen, hat er ein Start-up gegründet, um den AD Case auf den Markt zu bringen. Arbeitsräume hat die junge „Frenzel + Mayer Solutions GbR“ im Innovationszentrum der Hochschule Aalen. „Das ist einfach super, da man lauter Leute kennenlernt, die genauso ticken wie man selber“, sagt Frenzel. „Durch das INNO-Z mit seinen vielen Angeboten bekommt man zusätzlichen Input.“

Crowdfunding auf Kickstarter geplant

Nun bereiten die beiden Gründer eine Crowdfunding-Kampagne vor. Ab Juli wollen sie auf der Finanzierungsplattform Kickstarter mit einem selbst gedrehten Video Geld für den AD Case einsammeln. „Die Anbindung an die Hochschule und die Unterstützung ist wirklich toll. Dadurch ist man nicht im luftleeren Raum und wir konnten uns hier durch das Equipment alles selbst erarbeiten“, resümiert Frenzel zufrieden. Der Tüftler brennt darauf, mit seiner Schutzhülle durchzustarten. Aktuell wartet er noch auf den positiven Bescheid vom Patentamt, wo er Schutz für seinen Schutz beantragt hat. Frenzel und sein Partner Peter Mayer haben klare Ziele für die Zukunft des AD Case: „Wir möchten unseren Lebensunterhalt damit finanzieren können“, erklärt Frenzel selbstbewusst. „Kurz gesagt, wir hoffen auf einen Hype.“

Ein Flüssigglas, das zum Schutz des Displays auf dieses aufgetragen wird, ist inzwischen auf dem Markt. Stöße von maximal sechs Kilogramm machen dem geschützten Display nichts aus. Fällt das Handy einmal versehentlich aus der Hand, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass das Glas Risse bekommt. Bei Stürzen aus großer Höhe stößt ProtectPax an seine Grenzen.

Ein Beitrag von:

  • Detlef Stoller

    Detlef Stoller ist Diplom-Photoingenieur. Er ist Fachjournalist für Umweltfragen und schreibt für verschiedene Printmagazine, Online-Medien und TV-Formate.

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