Selbst ungenutzt in der Tasche raubt das Handy Konzentration
Stumm geschaltet, weggepackt – und doch bindet das Smartphone einen Teil unserer Konzentration, einen Teil unserer intellektuellen Fähigkeiten. Das haben US-Forscher herausgefunden.
Ein Teil unseres Gehirns ist irgendwie immer mit dem Smartphone beschäftigt. Oder besser: Damit beschäftigt, sich nicht damit zu beschäftigen. Denn das Handy ist so sehr zum integralen Bestandteil unseres Alltags geworden, dass es schon einige Energie kostet, nicht an es zu denken, es nicht zu benutzen. Das gilt zumindest für die jüngere Generation, die Forscher an der Universität von Austin/Texas als Probanden für ihre entsprechende Studie nutzten.
Die Testpersonen waren fast alle zwischen 20 und 25 Jahre alt. Mehr als 500 Studierende unterzogen die Wissenschaftler einem ersten Test: Sie mussten zwei gut erprobte Versuche durchlaufen, bei denen die Konzentrations- und Merkfähigkeit über einen gewissen Prozess gemessen wird. Dafür wurden alle Probanden gebeten, ihre Smartphones stumm zu schalten. Eine Gruppe sollte das Handy in einem anderen Raum lassen, eine weitere sollte es in die Tasche packen, die letzte durfte das Gerät direkt neben sich auf den Tisch legen.
Eindeutiges Ergebnis
Das Ergebnis war eindeutig: Je näher und präsenter das Handy, desto mehr Hirnkapazität ging dafür drauf, es nicht zu benutzen, es auszublenden. Entsprechend geringer war die Leistung bei den beiden Tests, wobei der Unterschied zwischen der Gruppe „Handy in der Tasche“ oder „Handy in einem anderen Raum“ eher marginal ausfiel.
Die Wissenschaftler sahen damit ihre Hypothese bestätigt. „Die Teilnehmer wurden ja nicht abgelenkt durch Nachrichten auf ihrem Telefon, sondern schon die schiere Anwesenheit des Smartphones reichte aus, um ihre kognitiven Fähigkeiten einzuschränken“, sagt Adrian Ward, Professor an der University of Texas in Austin. Für die Forscher war das ein nicht sehr überraschendes, aber doch wichtiges Ergebnis. Denn bisherige Untersuchungen, die sich mit dem Zusammenhang zwischen mobilen Endgeräten und kognitiven Funktionen befassten, hätten dies eben nicht belegt.
Zwar wurden schon vor mehr als 15 Jahren verzögerte Reaktionszeiten und zeitweise „Blindheit“ durch die Nutzung der Geräte festgestellt – aber viele dieser Studien haben laut Ward nur den grundsätzlichen Effekt der Ablenkung von einer Aufgabe belegt, der auch beispielsweise durch ein Gespräch mit einem anderen Menschen ausgelöst werden kann.
Nun aber gibt es nach Einschätzung der texanischen Experten einen Beleg dafür, dass das Smartphone durch seine schiere Existenz massiv auf uns einwirkt. Und genau dafür spricht ein weiteres Ergebnis der Studie: 85 Prozent der Teilnehmer gaben an, dass die Anwesenheit des Handys ihre Konzentration subjektiv nicht beeinflusst habe. „Die Teilnehmer waren also nicht in der Lage, die kognitiven Folgen der Gegenwart ihrer Smartphones vorherzusehen oder zu akzeptieren“, sagt Ward.
Zweiter Test ermittelt die Abhängigen
Mehr Übereinstimmung mit der Realität zeigte dagegen der zweite Teil der US-Studie mit knapp 300 Studierenden. Sie wurden im Prinzip demselben Test unterzogen, aber zuvor nach dem Grad ihrer subjektiv empfundenen Abhängigkeit von ihrem Handy befragt. Und hier zeigte sich, dass die diejenigen, die sich als besonders abhängig beschrieben, auch unter den Teilnehmern mit dem stärksten Verlust an Konzentration und Merkfähigkeit waren. Woraus man schließen könnte, dass Smartphones wohl doch nicht vollkommen blöd machen.
Aber süchtig. So hat ein Bonner Professor den Umgang mit dem Smartphone genau unter die Lupe genommen. Und die Gewohnheiten von 60.000 Nutzern erfasst. 53 Mal pro Tag nutzen sie ihr Handy, alle 18 Minuten unterbrechen sie dafür ihre eigentliche Tätigkeit. Vor allem bei jungen Leuten wird die Smartphone-Nutzung zur Sucht.
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