Spiegellose Systemkameras im Trend
Spiegellose Systemkameras bestimmen das Bild der diesjährigen Photokina in Köln (18. bis 23. September). Nur vier Jahre ist es her, dass Panasonic mit der Lumix G1 diese Klasse neu definierte. Heute erfreuen sich die „Mirrorless“-Kameras steigender Beliebtheit. Canons frisches Engagement in dieser Kameraklasse wird deren Erfolg weiter beschleunigen.
Als Panasonic im September 2008 die Lumix G1, erste kompakte Systemkamera für Wechselobjektive ohne den bis dato üblichen Klappspiegel, dafür aber mit elektronischem Sucher und Monitor, auf den Markt brachte, wurde sie von Spiegelreflex-Puristen eher belächelt. Heute nach vier Jahren erfreuen sich die „Mirrorless“-Kameras weltweit steigernder Beliebtheit und gehören zu den Marktsegmenten mit dem größten Wachstum.
„Wir gehen bei den kompakten Systemkameras in 2012 von einem Absatz von 180 000 bis 200 000 Stück aus“, so die aktuelle Einschätzung von Photoindustrieverband-Geschäftsführer Christian Müller-Rieker. „Die Spiegelreflexkameras behaupten sich bei 980 000 Stück.“ Zum Vergleich: 2001 wurden insgesamt nur 280 000 Kameras für Wechselobjektive verkauft.
„2011 konnten die spiegellosen Kompakt-Systemkameras ihren Marktanteil verdoppeln“
Frohe Gesichter sieht man daher bei den Herstellern auf der Photokina. „2011 konnten die spiegellosen Kompakt-Systemkameras ihren Marktanteil verdoppeln“ freut sich Olaf Kreuter, Marketingleiter bei Olympus Deutschland. Als letzter der großen Hersteller hat nun Canon jüngst mit der EOS M eine sogenannte CSC (Compact System Camera) vorgestellt. Panasonic-Marketingleiter Armando Romagnolo sieht der neuen Konkurrenz gelassen entgegen: „Canons Einstieg bestätigt das Konzept der spiegellosen Systemkameras.“
Den Grund für den Erfolg der neuen Klasse bringt Juliane Homuth, Produktmanager Digital Imaging bei Sony, auf den Punkt: „Spiegellose Systemkameras verbinden das Beste aus zwei Welten – die Bildqualität von Spiegelreflex mit dem Komfort von Kompaktkameras.“
Kompaktkamera-Aufsteiger entscheiden sich für spiegellose Systemkameras
Die CSC-Hersteller visieren zwei Zielgruppen an. „Für spiegellose Systemkameras entscheiden sich Kompaktkamera-Aufsteiger, die mehr Qualität und Gestaltungsmöglichkeiten verlangen, sich aber nicht mit Größe, Gewicht und komplizierter Bedienung abmühen wollen. Zum anderen entdecken immer mehr Spiegelreflex-Fotografen, dass sie auch mit ihren Qualitätsansprüchen keine Riesenkameras und -objektive schleppen müssen“, lautet unisono die Erklärung aller Anbieter.
Dementsprechend gibt es die CSCs im typischen Stil von Kompaktkameras, z.B. Sony NEX-5R, oder aber in traditioneller Spiegelreflex-Form mit integriertem Sucherbuckel obendrauf wie die Olympus OM-D. Beide bieten einen „Live-View“-Monitor- und/oder ein Sucherbild. Es zeigt in Echtzeit das Motiv so, wie es als Bild gespeichert wird. Ohne Spiegel im Strahlengang eignen sich die kompakten Systemkameras zudem bestens für den Einsatz als Videokamera.
„Die Videofunktion wird durch die Konvergenz der Medien immer wichtiger“, so die Erfahrung von Panasonic-PR-Mann Michael Langbehn, der zur Photokina mit der Lumix GH5 ein Nachfolgemodell für die auch bei ambitionierteren Videofilmern geschätzte Lumix GH2 vorstellt. So ist die Full-HD-Videofunktion mit 1920 x 1080 Pixeln inzwischen Standard, und die besten der aktuellen CSC-Modelle beherrschen die hochauflösende Videoaufzeichnung in dem Modus mit 50 Vollbildern/sec (50 p) für beste Bildqualität.
Für den Autofokus (AF) der spiegellosen Kameras wird der Kontrast im Bild auf dem Sensor gemessen. Das ist genauer als der bei traditionellen Spiegelreflexkameras übliche Phasendetektions-Autofocus mit separatem Modul. Die besten aktuellen Kontrast-AF-Systeme reagieren zudem dank schnellerer Bildprozessoren und Motoren für den direkten Fokussierantrieb im Objektiv auch schneller. Dazu tragen aktuelle technische Entwicklungen wie der Hybrid-AF der neuen Canon EOS M oder Sony NEX-5R bei. Er kombiniert Kontrast- und Phasendetektion-AF, in dem ein paar Pixel des Sensors für den Phasenvergleich zweckentfremdet werden.
Auch beim Thema der Sensorgröße gibt es Unterschiede. Die Spiegellos-Pioniere Panasonic und Olympus favorisieren das rund 17 mm x 13 mm große Four-Thirds-Sensorformat. Canon mit der EOS M, Fujifilm mit der X-Pro1 und der neuen X-E1, Pentax mit seinen K-Modellen, Samsung mit seinen NX- sowie Sony mit seinen NEX-Modellen setzen dagegen auf das 23 mm x 15 mm große APS-C-Format, das bei Spiegelreflexkameras vorherrscht.
Größere Sensoren bieten mehr Platz für größere, rauschärmere Pixel, qualitativ ist aber das Gesamtpaket Sensor, Bildprozessor und Optik wichtiger als allein die Sensorgröße. Micro-Four-Thirds hat gegenüber APS-C den Vorteil, dass nicht nur Kameras, sondern auch Objektive kleiner ausfallen können. Durch den gemeinsamen Standard kann Micro-Four-Thirds zudem derzeit mit dem größten Kompaktobjektiv-Angebot aufwarten.
Spiegellose Systemkameras kosten durchschnittlich rund 500 €
Ausnahmefälle sind derzeit die kompakten Nikon-1V1-/J2-Modelle mit 1 Zoll-Sensor sowie die Pentax Q mit 1/2,3 Zoll-Sensor als kleinste der CSC-Klasse. Auf der anderen Seite nimmt die Leica M9 mit ihrem Sensor im Kleinbild-Format (24 mm x 36 mm), rein manueller Fokussierung und auch preislich eine Sonderrolle ein. Ansonsten liegt der Durchschnittspreis für CSCs laut Photoindustrieverband bei rund 500 €.
Angesichts von Marktanteilen über 50 % bei den Kameras mit Wechselobjektiven auf dem japanischen Markt und den zahlreichen neuen, verbesserten Modellen dieses Herbstes ist die Branche auch hierzulande optimistisch „2014 oder 2015 erreichen die Spiegellosen auch in Deutschland mehr als 50 % Marktanteil“, meint nicht nur Romagnolo. „Wir denken, dass der CSC die Zukunft gehört,“ ist selbst Stefan Daniel, Director Product Management beim Traditionshersteller Leica, überzeugt.
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