Stuhl Celluar Loop: Von Zähnen und Knochen lernen
Auf der Fachmesse EuroMold in Frankfurt präsentiert ein Forscherverbund einen freischwingenden Stuhl, dessen innere Struktur von Zähnen und Knochen inspiriert worden ist. Mit Erfolg: Der Cellular Loop besitzt die dreifache Festigkeit bei gleichem Materialeinsatz.
Der Zahnschmelz ist das härteste Material, welches ein Mensch mitbringt. Unter dem Elektronenmikroskop sieht man, dass er aus bandförmigen in Bündeln gruppierten Kristalliten, also in der Schmelze erstarrten Kristallen besteht. Zahnschmelz ist extrem belastbar, so liegt sein Schmelzpunkt bei 1620 Grad Celsius.
Designerstuhl Cellular Loop ist optimal konstruiert
Es ist eine Mischung aus einer komplexen inneren Struktur und einem raffinierten Mix der Materialien, die dem Zahnschmelz diese Härte und Belastbarkeit verdankt. „Wir wollen von der Natur lernen, wie man optimal konstruiert“, sagt Dr. Raimund Jaeger, Leiter der Abteilung Biomedizinische Materialien und Implantate am Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM in Freiburg. Gesagt, getan: Und so schufen die Wissenschaftler vom IWM gemeinsam mit Forschern vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT in Oberhausen samt Industriepartnern sowie der Folkwang Universität der Künste in Essen den Prototypen eines Designerstuhls, den Cellular Loop.
Eine Hommage an Zähne und Knochen
Dieser Designerstuhl ist eine Hommage an Zähne und Knochen: Er bietet ein perfektes Verhältnis von Gewichtseinsparung und Festigkeit. Genau wie beim Knochen befindet sich Stützmaterial nur dort, wo es notwendig ist. Hergestellt wurde der Cellular Loop über das selektive Lasersinterverfahren. Dabei wächst das Werkstück Schicht um Schicht aus einem feinen Polyamidpulver, das von einem dünnen Laserstrahl in Form geschmolzen wird.
Cellular Loop ist ein Produkt der Mathematik
Den inneren Aufbau des Freischwinger-Stuhls haben die IWM-Wissenschaftler im Rahmen des Projekts „Bionic Manufacturing“ entwickelt. „Unser Part war es, mithilfe komplexer Rechenverfahren Strukturen nach dem Vorbild zu erzeugen, mit denen sich Produkte leicht und dennoch stabil gestalten lassen“, erklärt Jaeger. Der Cellular Loop ist somit ein Produkt der Mathematik. Er ist am Computer entlang seiner Konturen zunächst aus nahezu identischen, quaderförmigen Zellen aufgebaut. Sodann wurden in aufwändigen numerischen Simulationen die mechanischen Eigenschaften getestet.
Reale Belastungstests der Werkstücke sicherten die Simulationsergebnisse ab. Danach passten die Forscher die Zellwände auf die jeweilige Last an, gestalteten diese also dicker oder dünner. „Uns ist es gelungen, die Festigkeit des Stuhls nahezu zu verdreifachen, ohne mehr Material zu verwenden“, sagt Raimund Jaeger. Entworfen hat den Cellular Loop Prof. Anke Bernotat von der Folkwang Universität.
Cellular Loops großer Messeauftritt in Frankfurt
Das Ergebnis aus dem Projekt „Bionic Manufacturing“ ist noch bis zum 28. November auf der Fachmesse EuroMold in Frankfurt am Messestand der Fraunhofer-Allianz Generative Fertigung C66 in Halle 11.0 zu besichtigen. Diese Fachmesse darf sich getrost als Weltmesse für Werkzeug- und Formenbau, Design und Produktentwicklung bezeichnen.
EuroMold erstmals im Jahr 1994
Vor 20 Jahren, 1994, fand in Wiesbaden mit 270 Ausstellern die erste EuroMold statt, im vergangenen Jahr präsentierten 1.056 Aussteller ihre Innovationen 58.673 Fachbesuchern. Die EuroMold schließt die Lücke zwischen Industriedesignern, Produktentwicklern, Verarbeitern, Zulieferern und Anwendern. „Vom Design über den Prototyp bis zur Serie“ ist das Motto der EuroMold. Damit gliedert diese Messe die Prozesskette in einzelne Bereiche auf und vernetzt dieses gleichzeitig entlang dieser Prozesskette. Die EuroMold bietet hochkarätige Foren und Konferenzen sowie Themenparks rund um Design, Formenbau und Produktentwicklung an. Die Tageskarte für die EuroMold kostet 30 Euro.
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