Werden Kinder von smarten Puppen ausspioniert?
Schon Kleinkinder können Opfer versteckter Werbung und Spionage per Internet werden – das alles mithilfe einer Puppe und eines Spielzeugroboters, die per App mit dem Internet verbunden sind. Das ist das Einfallstor ins Kinderzimmer.
„Cayla“ sieht etwa so gefährlich aus wie, sagen wir – wie Pippi Langstrumpfs Freundin Annika. Und selbst ihr Kollege für die Jungs-Abteilung, Roboter „i-Que“, wirkt nicht gerade wie einer, der die Welt bedroht. Und doch haben die beiden es in sich. Der Europäische Verbraucherschützer-Verband BEUC jedenfalls warnt eindringlich vor den beiden internetfähigen Puppen, vor allem vor dem weißblonden Mädchen namens Cayla.
Die Puppe lässt sich per mitgelieferter App mit dem Web verbinden. Dann kann man ihr Fragen stellen, und wie ein Sprachassistent etwa nach Art von Siri setzt die Software die Sprache in Text um, sucht nach entsprechenden Quellen im Internet und gibt Antworten.
Cayla findet zum Beispiel heraus, dass die höchsten Tiere der Welt Giraffen sind, oder dass man junge Pferde Fohlen nennt. Und diplomatisch-umsichtig gegenüber zarten Mädchenseelen kann sie auch sein: „Ich glaube schon…“ ist die Antwort auf die Frage, ob es denn Feen wirklich gebe.
US-Firma erhält alle Kommunikationsdaten
Das war’s dann aber wohl mit den guten Eigenschaften von Cayla. Die Verbraucherschützer warnen, dass die Puppe – deren Hersteller über Lizenzen mit dem Disney-Konzern verbunden ist – unverblümt für Filme aus dem Hause Disney werbe. Hinzu komme, dass die Bluetooth-Verbindung so unsicher sei, dass andere Personen in der Nähe die Kommunikation zwischen Kind und Puppe mithören oder gar manipulieren könnten. Das biete Zugang nicht nur für Eltern, sondern auch noch für Ganoven im Nebenraum.
Der dritte kritische Punkt sei, dass jede derartige Kommunikation an ein US-Unternehmen übermittelt werde, die sich das Recht vorbehalte, diese für die unterschiedlichsten Zwecke zu nutzen. „Kinder sind besonders verletzlich. Solange Hersteller deren Recht auf Sicherheit und Privatsphäre nicht ernst nehmen, sind derartige vernetzte Produkte nicht geeignet für Kinder“, sagt BEUC-Generaldirektorin Monique Goyens.
In Deutschland sogar für Preis nominiert
Der europäische Verbraucherverband hatte seine nationale norwegische Mitgliedsorganisation mit der Untersuchung der Internetpuppe beauftragt. Die Kritik kommt nun passend zum Weihnachtsgeschäft und doch spät, denn Cayla ist schon seit 2014 auf dem Markt. In Deutschland wurde die Puppe noch im selben Jahr sogar für den nationalen Kindersoftwarepreis „Tommi“ nominiert, der unter Schirmherrschaft der Bundesfamilienministerin vergeben wird.
Nach Angaben des Herstellers Vivid ist die rund 70 Euro teure Puppe jedenfalls in Deutschland durchaus ein Verkaufsschlager, war 2014 gar die am dritthäufigsten verkaufte Puppe überhaupt. Sicherheitsmängel sieht der Anbieter nicht, denn man habe „mehrere Stufen“ eingebaut, die dafür sorgten, dass Kinder nicht an bedenkliche Netzinhalte kämen. Tests scheinen das insofern zu bestätigen, als die Puppe zu bestimmten Themen einfach die Antwort verweigerte. Dazu gehörten Krieg, Religion und Sex.
Doch Cayla und i-Que sind nicht die ersten Spielzeuge, die wegen ihrer Internetverbindung in die Kritik geraten sind. Ihre große Schwester, die Barbie, erlebte 2015 ihren Super-Gau. Denn die smarte Ausführung der Barbie wurde damals gehackt, was für weltweite Schlagzeilen sorgte. Die Hacker hatten Gespräche in Kinderzimmern abgehört.
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