Start-up-Porträts 14.09.2012, 11:52 Uhr

Alkadur RobotSystems: „Der Gerät“ automatisiert die Dönerbude

Hähnchen oder Kalb, Salat, Zwiebeln, Soße, Fladenbrot

In der Hamburger Kebab Collection greift der Koch neuerdings nicht mehr zum Schneidemesser. Stattdessen tippt er auf dem Touchscreen des Döner-Roboters lediglich den „Start“-Knopf. Die glänzende Schneidefläche fährt dann vollautomatisch näher zum Bräter und hobelt einen langen Streifen Fleisch vom Spieß ab. Wählt der Koch dabei den Automatikmodus, schneidet der Roboter die gebratene Schicht rundum ab, wartet, bis der Spieß sich je nach Fleischsorte zwei-, drei- oder viermal gedreht hat, und schneidet wieder. Der Roboter kann aber auch je nach Programmeinstellung nach einer Runde den nächsten Startbefehl abwarten. Oder er säbelt genau so viel Streifen ab, wie angefordert werden.

„Fünf Streifen sind genau eine Portion“, weiß Duran Kabakyer, gelernter Döner-Koch und Erfinder des weltweit ersten Döner-Roboters. „Dann hält die Maschine automatisch an. Wenn neue Kunden kommen, dreht sie den Spieß in die Position, wo sie aufgehört hat und schneidet von dort weiter“.

Der Döner-Robotor von Alkadur RobotSystems wurde als „Der Gerät“ bekannt

Kabakyer ist Gründer und Chef der Alkadur RobotSystems GmbH, die seit 2011 in Aalen den Roboter produziert. Bekannt wurde die Innovation als „Der Gerät“. Geboren wurde dieser Name in einer TV-Sendung. Dort pries der deutsch-türkische Schöpfer die Vorteile so: „Der Gerät wird nie müde, der Gerät schläft nie ein, der Gerät ist immer vor der Chef im Geschäft und schneidet das Dönerfleisch schweißfrei.“ Das Video fand schnell Hunderttausende Fans im Internet. Und so machte die Firma die eigenwillige Grammatik zu ihrem Markenzeichen.

Zahlreiche optische Sensoren helfen, das Messer zu positionieren: Sie zeigen an, wo es anfangen und wie tief es schneiden soll. Die jeweilige Endposition wird gespeichert, um sie beim nächsten Schnitt wieder zu finden. Diese Funktion erwies sich als größte Herausforderung bei der Entwicklung – schließlich dreht sich der Spieß immer weiter und der Kebab schrumpft beim Braten. Nach vier Jahren Tüftelei waren aber alle Probleme gelöst. Zwischenzeitlich wurden gut 30 t Fleisch verbraten.

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„Wir haben auch mit Wärmesensoren experimentiert“, so Kabakyer. Dadurch sollte „Der Gerät“ selbst erkennen, wann das Fleisch gar ist. Das klappte jedoch nicht. Der Koch wisse immer noch am besten, wie viele Bratrunden Hähnchen, Pute, Kalb oder Lamm jeweils brauchen. Auch die gewünschte Dicke müsse er einstellen: Genormt seien die Fleischstreifen eben nicht, so Kabakyer. Jeder Koch mache sie nach seinem Geschmack.

Seinen ersten Roboter stellte Kabakyer 2010 auf der Berliner Döga, der Messe der Döner-Industrie, vor. Damals wurde noch in der Türkei entwickelt und produziert, um die Kosten niedrig zu halten. „Aber die Qualität war nicht das, was ich mir gewünscht habe. Also haben wir die Firma in der Türkei dicht-gemacht und die Produktion nach Deutschland verlagert. Dabei haben wir entschieden: Wir tun diese Maschine noch mal optimieren nach deutschen Standards!“

„Made in Germany“ punktet auch in der Dönerbranche

Die zweite Roboter-Generation wurde in weiteren anderthalb Jahren Entwicklung komplett überarbeitet. Statt Schrittmotoren bekam sie Servomotoren, statt Keilriemen eine Kugelumlaufspindel: „Die Maschine ist 40 % bis 50 % schneller geworden und halb so laut.“ Eine speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) wurde eingebaut, ein Touchscreen ersetzte die Fernbedienung. „Dadurch haben wir viel mehr Möglichkeiten, Schneidefunktionen einzustellen.“

Kabakyer suchte dabei die Zusammenarbeit mit Elektronikern, Maschinenbauern und Informatikern. „Bis zu zwölf Ingenieure haben daran mitgearbeitet“, sagt er: „Selbstständige wie auch Leute von der Fachhochschule.“ Mit fünf Festangestellten und vier Aushilfskräften produziert die Aalener Firma weitgehend selbst. Handelsvertreter übernehmen den Vertrieb.

Die Entwicklung hat der Jungunternehmer mithilfe von Freunden und Verwandten finanziert. Für die Produktion gewährte ihm seine Hausbank ein Darlehen. Die türkische Periode mit eingerechnet, brauchte Alkadur bisher etwas mehr als 1 Mio. € Startkapital.

Alkadur RobotSystems-Gründer: „Wir haben weltweit keine Konkurrenz“

Mit „made in Germany“ lässt sich aber offensichtlich auch in der Dönerbranche punkten. Alkadur hat nach eigenen Angaben 2012 schon um die 100 Stück an Läden in der Schweiz, Österreich, Frankreich, Israel, der Türkei und Polen verkauft. In Deutschland schneiden Roboter in etwa 20 Städten den Kebab. „Wir haben weltweit keine Konkurrenz“, betont der Gründer. Auf Jahre umgerechnet, koste „Der Gerät“ weniger als 10 € am Tag. „Den Gesamtpreis behalten wir für uns.“ Die Kunden können bar kaufen, leasen oder in Raten zahlen. Je nach Kaufart gebe es Rabatte.

Lohnt die Automatisierung? „Eine Arbeitskraft sparen die Käufer nicht unbedingt“, so Kabakyer. Sie könnten jedoch hygienischer arbeiten. Und wenn die Köche nicht schweißgebadet zwischen Ofen und Theke wechseln und in der Zugluft stehen, würden sie auch seltener krank. Sie könnten sich dem Belegen und Bedienen widmen, mehr Kunden abfertigen und sich dabei mehr Zeit für den Einzelnen nehmen.

„Unsere Mitarbeiter-Zahl hat sich in den letzten sechs Monaten schon verdoppelt und wird sich im kommenden halben Jahr noch mal verdoppeln“, sagt der Firmenchef, der den dritten Platz beim diesjährigen Gründerpreis der Schwäbischen Zeitung gewann. Bis Ende des Jahres rechnet er mit mindestens 1 Mio. € Umsatz, für 2013 peilt er schon 3 Mio. € an. Im Mai 2013 soll auch schon die dritte Generation von „Der Gerät“ marktreif sein. Dieses Modell ist für den Einsatz in Fabriken gedacht, wo Fertig-Döner geschnitten werden. „Mit dem jetzigen Roboter kann man in acht Stunden 120 kg schneiden“, so Kabakyer. Der neue Roboter soll 600 kg in zwölf Stunden schaffen.  

Ein Beitrag von:

  • Matilda Jordanova-Duda

    Matilda Jordanova-Duda ist freie Autorin für Print, Radio und Onlinemedien. Ihre Themenschwerpunkte sind Existenzgründung und Mittelstand, Energiewende und Industrie 4.0. sowie Bildung und Migration.

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