Auf breiten Schultern – 750 Jahre Knappschaft
Als älteste Sozialversicherung der Welt feiert die Knappschaft in diesem Jahr ihr 750-jähriges Bestehen. Sie hat das deutsche und europäische Sozialsystem geprägt. Sie ist aus den besonderen Gefahren, die von jeher mit dem Bergbau verbunden waren, und der Notwendigkeit einer sozialen Absicherung entstanden. Das Deutsche Bergbaumuseum zeigt ab 1. 7. 10 eine Sonderausstellung.
Der Bergmann Daniel Knappe träumte einst davon, in der Krone eines Baumes nach einem Schatz zu suchen, wurde aber von einem Engel auf die Wurzeln im Boden verwiesen, wo er auf reichen Erzfund stieß, so entstand die Daniellegende. Diese symbolisiert den Beginn des (sächsischen) Bergbaus und der Knappschaft. Der Ursprung der Knappschaft geht auf eine auf den 28. Dezember 1260 datierte Urkunde des Hildesheimer Bischofs Johann I. von Brakel zurück, in der er der Sankt Johannis Bruderschaft am Rammelsberg bei Goslar seinen Schutz bei der Unterstützung kranker und verletzter Bergleute und deren Hinterbliebener zusichert. In vielen Bereichen der sozialen und gesundheitlichen Absicherung erfüllte die Knappschaft in den darauf folgenden Jahrhunderten eine Vorbildfunktion.
In der Knappschaft haben soziale Absicherung und Krankheitsfürsorge ihren Ursprung. In der Geschichte der Knappschaft liegt die Geburtsstunde der Renten- und Krankenversicherung, der Hinterbliebenenversorgung, der ersten Rentenformel, der Sozialversicherungspflicht, der gemeinsamen Beitragszahlung von Arbeitnehmern und -gebern sowie der Begründung der sozialen Selbstverwaltung: alles Meilensteine auf dem Weg der Entwicklung zum heutigen modernen Sozialstaat.
Heute ist die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (KBS) neben ihrer Funktion als Sonderversicherungsträger für Bergleute, Seeleute und Bahnbeschäftigte auch Träger der Rentenversicherung für viele andere Berufsgruppen. Die KBS unterhält ein eigenes medizinisches Netz aus niedergelassenen Ärzten, Krankenhäusern und Rehabilitationskliniken. In der Minijob-Zentrale betreut die KBS die geringfügig Beschäftigten und deren Arbeitgeber.
Gilbert Gratzel, Kommunikationsreferent der KBS, erläutert die Namensgebung: „Der Name ,Knappschaft’ entstand offenbar erst etwas später. Im Jahr 1426 wird erstmals die Belegschaft des sächsischen Bergbaureviers zu Freiberg als ,dy knabschafft’ bezeichnet. 1479 wird die Knappschaft in der Bergordnung für Schneeberg genannt. 1496 gründeten Bergleute im Erzgebirge die Stadt Annaberg und zwei Jahre später eine ,Knappschaft’. Die Annaberger Knappschaft errichtete 1521 in der St. Annenkirche im heutigen Annaberg-Buchholz einen Altar, auf dessen Rückseite bergmännisches Leben dargestellt ist und in dessen Mitte sich der Schriftzug ,Knappi’ in Anlehnung an die Daniellegende und den Bergmann ,Knappius’ befindet. Der Altar ist noch heute dort zu besichtigen.“
Das Deutsche Bergbau-Museum (DBM) in Bochum würdigt das Jubiläum mit einer Sonderausstellung. Für die Eröffnungsansprache am 1. 7., die eigentlich Ex-Bundespräsident Horst Köhler hätte halten sollen, konnte nun Bundesarbeitsminister a.D. Norbert Blüm gewonnen werden. Eva Koch, Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des DBM, erläutert: „Für die Ausstellung konnten zahlreiche Exponate von insgesamt 66 Leihgebern eingeworben werden. Sie werden ergänzt durch bislang nicht gezeigte Gegenstände und Dokumente aus den eigenen Sammlungen des DBM. Unter den Exponaten befinden sich Unikate wie Lucas Cranachs (d. Ä.) Porträt des Herzogs Moritz von Sachsen, der 1546 demonstrativ Mitglied der Freiberger Knappschaft wurde, die silberne Bergkanne mit zwei Pokalen von 1477/1519 aus dem Goslarer Ratssilber sowie eine farbige Panoramadarstellung des Bergbaus im Oberharz von 1661, die auf gut 10 m² ein einmaliges Bild von vorindustriellem Erzbergbau bietet.“
Koch hebt die Bedeutung der Knappschaft im Ruhrgebiet hervor: „Die Umwälzungen der Reformationszeit gingen mit dem ersten Massenkommunikationsmittel einher – dem Buchdruck, was an einer historischen Druckerei demonstriert wird. Mit Preußens Gloria begann die Entwicklung des Steinkohlenbergbaus an der Ruhr. Zahlreiche Gegenstände illustrieren das enorme Wachstum des Bergbaus mit der Industrialisierung, aber auch seine Risiken und Gefahren.“ Die Knappschaft sei zu einer machtvollen finanzstarken und einflussreichen Versicherungsorganisation in den Bereichen der Renten- und Krankenversicherung gewachsen, sie habe ihr einzigartiges System der medizinischen Betreuung durch Knappschaftsärzte, Knappschaftskrankenhäuser und Reha-Einrichtungen entwickelt. „Das persönliche Band zu den Versicherten wurde durch die ehrenamtlichen Knappschaftsältesten geknüpft, ein System, das zumal im Ruhrgebiet geradezu einen Mythos darstellt.“ ECKART PASCHE
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