Biomasse-Heizkraftwerke für die Industrie fallen aus der Förderung
Eine Neuregelung im novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) entpuppt sich ausgerechnet als Förderkürzung für Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung. Die bislang wenig beachtete Regelung könnte die Energiewende bei der Wärmeversorgung für die Industrie bremsen. Dieser Ansicht sind zumindest Projektentwickler und Investoren. Das geänderte EEG ist erst am Jahresanfang in Kraft getreten.
Biogene Festbrennstoffe wie Holz oder Pellets tragen zu knapp 18 % zur Wärmeversorgung aus Biomasse in der Industrie bei. Unternehmen mit hohem Wärmebedarf wie die Eisen- und Stahlindustrie, Papier- und Zellstoffwerke sowie die chemische Industrie und Nahrungsmittel- und Getränkehersteller werden meist über Dampfturbinen mit Prozesswärme versorgt. Dabei kommen entweder Gegendruckturbinen oder Entnahmekondensationsturbinen zum Einsatz.
Bei einem relativ konstanten Wärmebedarf in Form von Heißwasser oder Niederdruckdampf wie in der Lebensmittelindustrie nutzt man Gegendruckturbinen. Ist jedoch der Wärmebedarf nicht konstant, werden meist Entnahmekondensationsturbinen eingebaut.
EEG: Strom für Biomasse-Heizkraftwerke muss zu mindestens 60 % in KWK produziert werden
Fällt der Wärmebedarf produktionsbedingt niedrig aus, kann der zur Wärmeerzeugung nicht benötigte Dampf über den Niederdruckbereich der Turbine verstromt werden. Allerdings wird bei diesen Temperaturen der Dampf meist sehr früh aus dem Prozess ausgekoppelt, weil ein höheres Temperaturniveau gewünscht wird. Doch dann werden in der Regel nur weniger als 60 % des Stroms über Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) erzeugt. Diese Betriebsweise aber gerät in Konflikt mit dem novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das seit Jahresbeginn gilt. Es fordert für Biomasse-Heizkraftwerke, mindestens 60 % des Stromes seien in KWK zu produzieren, nur dann erhalte die Anlage eine Vergütung nach dem EEG.
Das bestätigt Daniel Hölder, Vorstandsmitglied im Bundesverband BioEnergie (BBE): „Bei hohen Temperaturen haben die Anlagen keine Chance, die 60 % zu erreichen.“ Damit fallen die Anlagen aus der EEG-Vergütung, selbst wenn 100 % der Wärme genutzt werden.
Hölder kann sich die Regelung nur so erklären, dass der Gesetzgeber „Biogasanlagen im Auge hatte, bei denen die bei der Stromproduktion entstehende Wärme häufig weggekühlt wird“. Vor der EEG-Novelle hätten die Anlagen zumindest noch den KWK-Bonus erhalten. Der jedoch ist mit der Neuregelung entfallen. Bereits bestehende Anlagen sind von der Neuregelung nicht betroffen.
Das Deutsche Biomasse-Forschungszentrum (DBFZ) beziffert die Zahl der Holzheizkraftwerke in Deutschland auf 270. Darin sind auch sechs Anlagen der Papier- und Zellstoffindustrie enthalten, die nicht alle voll EEG-fähig sind. Allein im vergangenen Jahr wurden 16 Anlagen neu gebaut. Der KWK-Bonus hat dafür gesorgt, dass nur noch bei 5 % der Anlagen keine Wärme ausgekoppelt wird, wie das DBFZ ermittelte. Die hohe Wärmeauskopplung ist erforderlich, um Neuanlagen überhaupt wirtschaftlich rentabel betreiben zu können.
Ohne EEG-Vergütung stehen Holzheizkraftwerke auf der Kippe
Ohne EEG-Vergütung steht die Finanzierung neuer Anlagen dieser Art auf der Kippe. Allein beim Projektentwickler Juwi in Wörrstadt, Rheinland-Pfalz, sind mehrere geplante Holzheizkraftwerke betroffen. Dadurch könnte nicht nur die Energiewende verzögert werden, auch die Wertschöpfung verringert sich.
Das Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) hat im Auftrag der Agentur für Erneuerbare Energien die jährlichen Wertschöpfungseffekte aus dem technischen und finanziellen Betrieb einer 5-MW-Beispielanlage errechnet. Demnach wird ein jährlicher Wertschöpfungseffekt von 320 €/kW installierter Leistung erreicht. Über 20 Jahre betrachtet– für die bisher die EEG-Förderung galt – ergeben sich demzufolge fast 6500 €/kW.
Ohne die gesicherte Vergütung bliebe den Heizkraftwerken nur, im Zuge der Direktvermarktung den produzierten Strom über Händler an der Strombörse zu verkaufen. Diese Möglichkeit hat der Gesetzgeber mit dem EEG 2012 neu geschaffen. Da die Erlöse schwer zu kalkulieren sind, gestaltet sich die Finanzierung dieser Projekte über Banken entsprechend schwierig.
Ein Korrekturvorschlag, der beim Bundesumweltministerium eingereicht wurde, hat zum Ziel, wieder zur Anforderung von 60 % Wärmenutzung statt 60 % KWK-Strom zurückzukehren. „Aktuell zeichnet sich leider keine Korrektur des EEG an dieser Stelle ab“, räumt Jürgen Bohn ein. Der Geschäftsführer der Juwi Bio GmbH hofft dennoch darauf, dass der Gesetzgeber möglichst zeitnah die Rechtssicherheit der EEG-Vergütung für diese Anlagen wiederherstellt.
Ein Nebeneffekt der bestehenden Neuregelung könnte sein, dass die Bundesregierung ihre selbst gesteckten Ausbauziele für den aus KWK erzeugten Strom verfehlen wird. „Die Folge ist, dass Holz verbrannt wird, ohne dass dabei Strom erzeugt wird“, befürchtet BBE-Vorstand Hölder.
Dabei könnte gerade die industrielle KWK-Nutzung Lücken schließen, die sich bei der Energiewende durch ein stärkeres Auseinanderklaffen von Stromerzeugung und -bedarf auftun, ist Felix Christian Matthes vom Öko-Institut überzeugt. Im Jahr 2010 wurden 15,4 % der Nettostromproduktion in KWK-Anlagen erzeugt. Die Bundesregierung strebt bis 2020 einen Anteil von 25 % an.
Als limitierend könnte sich dabei allenfalls das Biomassepotenzial herausstellen. Abzulesen ist das bereits an den seit Anfang 2009 stark gestiegenen Holzpreisen. Immerhin haben Biomassekraftwerke 2010 (neuere Zahlen sind noch nicht verfügbar) rund 7,6 Mio. t Holz als Brennstoff verbraucht. Da nach Angaben des DBFZ 53,5 % der industriellen Anlagen der Holzindustrie zuzurechnen sind, fällt dort innerbetrieblich eine Vielzahl an Reststoffen an, die zur Energieproduktion verwendet werden können.
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