Bosch hat mit Elektromobilität zu kämpfen
Der Umbau der Autoindustrie in Richtung E-Auto bereitet dem Zulieferer Bosch Probleme: Hunderte Stellen sollen wegfallen. Jetzt regt sich Widerstand.
Der Weg in die Zukunft ist steinig für Bosch. Der Auto-Zulieferer hat mit der Transformation der Branche in Richtung Elektromobilität hart zu kämpfen. Massenhaft sollen Stellen abgebaut werden, für zahlreiche Beschäftigte gebe es im Zuge des Produktionsumbaus schlicht keine Arbeit mehr, heißt es bei Bosch. Dagegen richtet sich jetzt massiver Widerstand.
Dabei hatte im Frühjahr alles noch so optimistisch geklungen. Im April machte Bosch-Chef Volkmar Denner anlässlich der Bilanzpressekonferenz klar: Die Elektromobilität entwickle sich zum Kerngeschäft für den Konzern. Die Rede war von Aufträgen im Wert von 20 Milliarden Euro, die man bis zum Jahresende 2020 akquiriert habe. Ab 2024 wolle das Unternehmen mit Elektromobilität in die Gewinnzone vordringen, spätestens dann sollten sich Investitionen etwa in Forschung und Entwicklung, amortisieren.
Bosch streicht Stellen an drei Standorten
Nur: Damit das gelingt, müssen offenbar Jobs wegfallen. Knapp 1.000 Vollzeitstellen an den Standorten München, im badischen Bühl sowie im thüringischen Arnstadt sind betroffen:
- In Bühl sollen nach Unternehmensangaben bis 2025 rund 700 Stellen sozialverträglich abgebaut werden. In dem Werk sind insgesamt 3.800 Menschen beschäftigt.
- In München mit rund 250 Beschäftigten wird Bosch zufolge über das Verlagern der industriellen Fertigung an andere Standorte gesprochen. Was genau das heißt, ist derzeit noch unklar.
- In Arnstadt wird die Robert Bosch Elektronik Thüringen GmbH ihre Tätigkeit wohl vollständig einstellen, weil es bald keine Aufträge mehr gebe. 100 Stellen der insgesamt 160 Stellen vor Ort sind betroffen.
IG Metall ruft zu Kundgebungen auf
Die Gewerkschaft IG Metall und Betriebsräte haben für den 19. November zu Kundgebungen an den drei Standorten aufgerufen.
Bosch: Dieser Plan soll Europa mit Halbleitern versorgen
Der Stellenabbau bei Bosch ist auch Thema in der Politik. Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) forderte Vertragstreue vom Unternehmen. Der Tarifvertrag, der die Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer bis Ende 2022 vorsehe, müsse eingehalten werden, „selbst wenn sich die Lage des Unternehmens verändert“, so Tiefensee. Er habe Verständnis für den Widerstand der Beschäftigten und der IG Metall gegen Überlegungen, die etwa 100 Mitarbeiter an dem Standort ab Dezember in die bezahlte Freistellung zu schicken.
Keine Aufträge mehr für Bosch-Werk
Die Beschäftigten im Werk in Arnstadt stellen Regler für die Lichtmaschinen von Verbrennungsmotoren hergestellt. Die Produktion war erst 2014 nach Thüringen gekommen, nach dem dort die Solarsparte von Bosch geschlossen worden war. Die Nachfrage nach solchen Reglern sei deutlich gesunken, heißt es bei Bosch – die Produktion werde nicht mehr gebraucht.
Megainvestitionen in Halbleiterproduktion
Kirsten Breuer von der IG Metall Erfurt sagte, es sei nicht hinnehmbar, dass die Beschäftigten in etwa zwei Wochen nach Hause geschickt werden sollen – auch wenn sie weiterhin ihr Geld erhielten. Wenn Arbeitnehmer etwa ein Jahr lang ohne Arbeit zu Hause gesessen hätten, sei es für sie schwierig, wieder ins Erwerbsleben einzusteigen. Die Verträge für den Standort Arnstadt bedeuteten auch, dass Bosch verpflichtet sei, seine dort Beschäftigten mit Arbeit zu versorgen.
Bosch hatte zuletzt mit Mega-Investitionen in andere Industriezweige für Aufsehen gesorgt. Im kommenden Jahr will der Konzern 400 Millionen Euro zusätzlich in seine Chipfertigung an mehreren Standorten pumpen:
- Das 300-Millimeter-Halbleiterwerk in Sachsens Hauptstadt Dresden soll schneller ausgebaut werden.
- Im baden-württembergischen Reutlingen nahe Stuttgart entstehen laut Bosch 4.000 Quadratmeter neue Reinraumfläche bis Ende 2023. Hier sollen nach Angaben des Unternehmens 150 neue Stellen in der Halbleiterentwicklung geschaffen werden.
- Im malaysischen Bundesstaat Penang baut Bosch ein neues Testzentrum: Ab 2023 sollen dort fertige Halbleiter-Chips und Sensoren getestet werden.
Das zeigt den grundlegenden Wandel, in dem sich der Zulieferer befindet. Vor einigen Monaten hatte Bosch seine neue Chipfabrik – ein der modernsten in Europa – in Dresden eröffnet. Bis zu 700 Mitarbeiter sollen hier Halbleiterelemente herstellen.
Der extreme Halbleiter-Mangel wirbelt die Weltwirtschaft durcheinander, vor allem die Autoindustrie hat seit vielen Monaten arg zu kämpfen. Mehrere große Werke mussten zwischenzeitlich schließen, andere produzieren „auf Halde“. Zulieferer Bosch wittert hier ein gigantisches Geschäft. (mit dpa)
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