Business Angels investieren viel, verdienen aber wenig
Es tut sich was auf dem deutschen Markt für informelles Wagniskapital
Eine jüngst preisgekrönte Studie besagt, dass „subklinische Psychopathen“ die besseren Unternehmensgründer sind. Sie würden stärker nach Geld, Macht und Status streben als andere Menschen. Zugleich lasse sie ihr stark übersteigertes Selbstbewusstsein an eigene, scheinbar überragende Fähigkeiten glauben. Das aktuelle Business Angels Panel belegt nun, dass auch die informellen Gründungsfinanzierer nicht dem Durchschnittsdeutschen entsprechen.
Bereits bekannt ist, dass die Start-up-Förderer viel Zeit und Geld in Projekte investieren, deren Rendite ziemlich ungewiss ist. Nun aber geben 32 % von ihnen auch noch zu, sogar dann Interesse an einer Beteiligung zu haben, wenn schon vorher fest steht, dass dabei kaum etwas rausspringen wird: Sieben der 22 Umfrageteilnehmer geben an, dass Ideen aus dem Bereich „Social Entrepreneurship“ für sie potenzielle Investitionsobjekte sind. Drei Panelisten haben sogar schon einmal ihr Portmonee für entsprechende Vorhaben geöffnet.
Business Angels investieren auch in Start-ups, deren Rendite ungewiss ist
Rational erklären lässt sich diese Selbstlosigkeit nicht. Man könnte vielleicht annehmen, dass es ausreichend lukrative Angebote gibt, mit denen sich die guten Taten querfinanzieren lassen. Das Panel liefert dafür tatsächlich Hinweise: So hat jeder Befragungsteilnehmer im 3. Quartal 2011 fast 24 (!) Businesspläne zur Ansicht erhalten. Das ist ein neuer Rekord in der knapp zehnjährigen Geschichte der Erhebung. Er relativiert sich allerdings etwas, wenn man einen „Ausreißer“ außen vor lässt. Ohne diesen Investor, der satte 200 Pläne erhielt, ergibt sich nur noch ein Durchschnitt von 15,1. Immerhin: Das ist mehr als der langjährige Durchschnitt (14,1).
Und offensichtlich waren in der Flut der Geschäftsideen auch einige dicke Fische: Die Befragten absolvierten im Durchschnitt nämlich 5,5 konkrete Beteiligungsverhandlungen – mehr als je zuvor. Selbst ohne den „Ausreißer“ liegt das Ergebnis von 3,3 weit über dem langjährigen Mittel (2,67).
Folgerichtig gab es auch viele neue Beteiligungen. Fast jeder zweite Finanzierer (45 %) hat ein neues Unternehmen angeschoben. Auch dieser Wert liegt weit jenseits des langjährigen Durchschnitts (37 %). Eben so viele Kapitalgeber (45 %) setzten ihre Unterschrift unter einen „Follow-up-Vertrag“, d. h. sie investierten ein weiteres Mal in ein Unternehmen, dass sie schon vorher im Portfolio hatten.
Business Angels: 47 000 € pro Engel
Jeder Engel investierte im Durchschnitt insgesamt rund 47 000 €. Das ist aus Sicht der profitierenden Gründer erfreulich. Der Betrag hat sich im Vergleich zu den beiden Vorquartalen nämlich deutlich erhöht. Von den Höchstständen in der Panelgeschichte ist er allerdings noch weit entfernt. 2002 und 2004 waren die Beträge regelmäßig sechsstellig.
Leider hat die Bilanz zum 3. Quartal einen Makel – und das an zentraler Stelle: bei den Exits. Nur zwei Unternehmen konnten aus den Portfolios entlassen werden. Eines davon landete direkt auf dem Friedhof, musste also abgeschrieben werden. Resultat: Die Business Angels haben kaum etwas verdient!
Dieser Makel kann offenbar auch Berufsoptimisten die Laune verderben: Die Business Angels bewerteten ihre Geschäftslage auf einer Skala von 1 (=sehr schlecht) bis 7 (=sehr gut) nur noch mit 5,18 Punkten. Das ist nicht schlecht, markiert aber doch die zweite Abwärtsbewegung in Folge. Noch drastischer bergab geht es bei den Geschäftsaussichten. Auch hier reichte es nur noch für 5,18 Punkte. Zum Vergleich: Ein halbes Jahr zuvor wurden noch 5,85 Zähler erreicht (siehe Grafik).
Für künftige Unternehmensgründer ist diese Entwicklung gleich aus zwei Gründen unerfreulich: Wenn bei den Geldgebern die Zuversicht schwindet, neigen sie zu erhöhter Sparsamkeit. Außerdem hat die zurückliegende Spendierlaune die Budgets deutlich verkleinert: Die Befragungsteilnehmer haben durchschnittlich schon 60 % ihrer für Angel-Investments vorgesehenen Mittel ausgegeben. Das ist der zweithöchste Wert in den vergangenen drei Jahren.
Business Angels setzen vor allem auf Medizintechnik und Web-Services
Wer darf sich trotz dieser Vorzeichen die größten Hoffnungen auf die Unterstützung von Business Angels machen? Im Branchenranking hat sich die Medizintechnik nach anderthalb Jahren mal wieder die Spitzenposition gesichert. Auf den zweiten Platz schafften es wie im Vorquartal Web-Services bzw. E-Business-Lösungen. Auch Platz drei blieb unverändert: Hier richtete sich der ehemalige Dauersieger Umwelttechnik ein. Die Energiebranche wurde vom ersten auf den vierten Rang verdrängt. Auf dem fünften Platz findet sich ein Neueinsteiger: Software.
Schlechte Karten im Poker um privates Wagniskapital haben die Vertreter aus den Branchen Chemie, EDV-Hardware und Logistik.
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