Kraftwerke 18.11.2011, 12:04 Uhr

CCS ist von CO2-Emissionszertifikaten abhängig

Zum Schutz des Klimas scheint es notwendig, das Treibhausgas CO2 aus den Abgasen von Gas- und Kohlekraftwerken abzuscheiden und entweder zu lagern oder als Rohstoff zu nutzen. Diese Carbon Capture & Storage (CCS) genannte Technologie wird zurzeit jedoch durch fehlende Rechts- und Investitionssicherheit sowie mangelnde Akzeptanz ausgebremst.

Uwe Remme, Energiepolitikexperte der Internationalen Energieagentur (IEA), erläutert die Rahmenbedingungen: Der Elektrizitätsbedarf stieg weltweit seit 2000 um 32 %, 2009 emittierten Kraftwerke für die Stromproduktion weltweit 12 Gt CO2 und nach 2030 wird mehr als die Hälfte der weltweiten Stromversorgung auf fossilen Energiequellen beruhen. Damit die CO2-Emissionen in die Atmosphäre nachhaltig verringert werden können, spiele auch die CCS-Technologie eine wichtige Rolle, erklärte Remme in Köln auf der Tagung „CO2: CCS and CCU“ des nordrhein-westfälischen Netzwerks Kraftwerkstechnik. 2050 könnte es weltweit mehr als 3000 CCS-Anlagen in Kraftwerken und Industrieanlagen geben.

Auch die EU setzt auf CCS. „Ein wettbewerbsfähiger klimafreundlicher Energiemix braucht diese Technik“, sagte Kai Tullius von der Generaldirektion Energie der EU-Kommission. Nur so lasse sich das EU-Ziel, 2050 das Klima mit rund 90 % weniger CO2 aufzuwärmen, erreichen. Demonstrationsprojekte sollen bis 2015 zeigen, wie CCS eingesetzt werden kann. Ab 2020 soll CO2 großtechnisch abgeschieden und gelagert werden. Die EU-Kommission geht davon aus, dass das Klimagas in der EU 2035 aus Kohle- und Gaskraftwerken mit einer Kapazität von 35 GW abgeschieden und gespeichert werden kann. Diese Annahme basiert auf Modellrechnungen.

CCS-Technologie: Entwicklung mit Hindernissen

Doch es fehlen Erfolgsmeldungen. Nur Spanien, die Niederlande und Rumänien haben die EU-Richtlinie zur geologischen Speicherung von CO2 vom April 2009 in nationales Recht übernommen. In allen anderen EU-Staaten fehlt Investoren die Rechtssicherheit.

Von den sechs Pilotprojekten der EU-Kommission (siehe Kasten) werde eventuell nur das in Rotterdam bis 2015 in Betrieb gehen, so Tullius. Dort wird CO2 aus einem Kohlekraftwerk abgeschieden. Es soll mittelfristig in einem 20 km entfernten ehemaligen Erdölfeld unter der Nordsee gespeichert werden.

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In Schottland scheitert ein Projekt zurzeit am Geld. Die norwegische Regierung wollte bereits 2006, dass der Energiekonzern Statoil ab 2014 jährlich bis zu 2,5 Mio. t CO2 vor allem aus dem Gaskraftwerk einer Raffinerie abscheidet und in tiefen geologischen Steinschichten unter der Nordsee speichert. Die Regierung entschied aber Anfang 2011, die Investition auf 2016 zu verschieben.

CO2-Speicher Nordsee

Die größte Hürde – vor allem in Mitteleuropa und Skandinavien – ist aber die fehlende Akzeptanz der CO2-Speicherung vor der eigenen Haustür. Hier biete sich eine Lösung an, so Tullius. „Unter Meeresböden gibt es geeignete geologische Formationen zur CO2-Speicherung.“

Heute schon sehen CCS-Projekte in Großbritannien, Norwegen und den Niederlanden vor, das CO2 unter der Nordsee oder dem Nordostatlantik in salinen Aquiferen und ausgebeuteten Erdölfeldern zu speichern. Das Klimagas kann auch in bestehende Erdöl- oder Erdgasfelder gepumpt werden, um Restmengen an Öl oder Gas nachzufördern.

Auch mit CCU – also der Nutzung (U = use) von CO2 als Rohstoff – wird sich das Klimaproblem nicht lösen lassen. An Universitäten und in der Chemieindustrie wird zwar fieberhaft daran gearbeitet, auf der Düsseldorfer Konferenz waren sich aber alle einig, dass sich so nur ein kleiner Anteil aller CO2-Emissionen nutzen lasse. „Alle 30 s füllen deutsche Kraftwerke und die deutsche Industrie ein großes Fußballstadium mit CO2“, erklärte dazu Bob Pegler, Geschäftsführer des Europabüros des australischen Global CCS Institute.

CCS arbeitet noch nicht wirtschaftlich

Das Hauptproblem ist: CCS ist noch nicht wirtschaftlich. 1 t CO2 abzuscheiden kostet nach Angaben von Peter Erich Arnold, CCS-Spezialist bei Alstom, zurzeit etwa 50 €. Der Preis für 1 t CO2 im EU-Emissionshandel liegt bei rund 10 €. Arnold glaubt, den CCS-Preis bis 2025 auf 40 €/t drücken zu können. „Europa sollte sich seinen Vorsprung in der CCS-Technologie nicht nehmen lassen“, ergänzte er.

Ein Beitrag von:

  • Ralph H. Ahrens

    Chefredakteur des UmweltMagazins der VDI Fachmediengruppe. Der promovierte Chemiker arbeitete u.a. beim Freiburger Regionalradio. Er absolvierte eine Weiterbildung zum „Fachjournalisten für Umweltfragen“ und arbeitete bis 2019 freiberuflich für dieverse Printmedien, u.a. VDI nachrichten. Seine Themenschwerpunkte sind Chemikalien-, Industrie- und Klimapolitik auf deutscher, EU- und internationaler Ebene.

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