Start-up-Porträt: Okinlab 27.05.2014, 12:00 Uhr

Designerstücke aus der CNC-Fräse

Eine filigrane Empore aus Holz schmiegt sich an die Zimmerdecke. Dort, unter der Dachschräge in 4m Höhe, schlafen die Sprösslinge des Bauherrn. Entworfen wurde das Kinderzimmer vom saarländischen Start-up Okinlab. Bald bringt das Gründerduo eine Software auf den Markt, mit der Kunden Möbel am Computer selbst gestalten und direkt danach auf CNC-Maschinen anfertigen lassen können.

Ecken sucht man in den Entwürfen des Start-ups Okinlab vergeblich. Organische Formen herrschen vor. Die Gründer Nikolas Feth und Alessandro Quaranta sind Freunde noch aus Schulzeiten. Der Architekt Feth studierte an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes und forschte anschließend über die Fertigung bionischer Freiform-Konstruktionen. Quaranta absolvierte die Universität des Saarlandes als Diplom-Kaufmann und ist zusätzlich IT-Berater.

Der Anstoß für ihre gemeinsame Unternehmung war die Anfrage, ob sie einen Uni-Shop gestalten können. „Dabei haben wir festgestellt, wie schwer sich Schreiner noch mit solchen komplexen, ergonomisch angepassten Formen tun“, sagt Quaranta. Am Ende aber meisterte das Duo die Aufgabe. Und weil das Feedback überwältigend war, beschlossen die Freunde, weiter zu machen. Exist-Stipendien erleichterten ihnen die Gründungsvorbereitung. Der offizielle Startschuss der Okinlab GmbH fiel im November 2013.

Kernstück ihrer Geschäftsidee ist die Designlinie form.bar <https://form.bar> , mit der Nutzer Möbel selbst entwerfen können, ausgehend von den Basis-Modellen des Design-Labors.

Der Nutzer könne mit den eigenen Wunschmaßen arbeiten, die Form variieren, aus verschiedenen Farben und Materialien wählen. Die 3-D-Benutzeroberfläche soll intuitiv zu bedienen sein. Der Entwurf wird in Fräsdaten umgewandelt. Drei kooperierende Schreinereien produzieren künftig dann die individuellen Möbelstücke auf CNC-Fräsen der letzten Generation aus Massivholz, beschichteter Spanplatte oder Multiplexplatte. Weil eine Patentanmeldung geplant ist, verrät Quaranta keine weiteren Details.

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Billig sind die Unikate nicht. Ein Couchtisch kostet um die 1000 Euro – je nach Material und Größe. „Es handelt sich um ein Designstück, funktional und nach Maß, von der Natur inspiriert, vom Kunden selbst gestaltet“, gibt Quaranta zu bedenken. Einen vergleichbaren Service gebe es am Markt nicht. Wer etwa Regale an eine runde Wand stellen wolle, sei bisher auf einen versierten Handwerker angewiesen.

Neben der Softwareanwendung realisiert Okinlab für private und gewerbliche Kunden noch individuellere Aufträge: einzelne Möbelstücke, komplette Inneneinrichtungen, Pavillons – bis hin zum Hausbau. „Da wir Preise bei Gründerwettbewerben wie 1,2,3 Go! und IKT Innovativ gewonnen haben, lesen die Menschen über uns in den Medien und fragen an, ob wir ihre speziellen Probleme lösen können.“ Beispiele: die Empore unter dem Dach des Kinderzimmers oder ein Ferienhaus auf Stelzen.

„Die Interessenten schauen sich diverse Formen und Projekte auf unseren Webseiten an: Damit bekommen sie eine Vorstellung davon, was möglich ist. Dann reden wir zuerst über ihre Wünsche und Bedürfnisse, schauen uns das Umfeld an, ermitteln die Maße und machen einen Entwurf und eine Kalkulation“, schildert Quaranta das Vorgehen. Diese „individuelle Auftragsschiene“ soll durch Online-Marketing und Direkt‧akquise weiter ausgebaut werden.

Also eine Nische für betuchte Individualisten und Ästheten? Mitnichten. „Wir haben gerade das Mobiliar eines Kindergartens im Auftrag und verhandeln mit einigen Altenheimen“, sagt der Gründer: „Wir schauen, wo solche Sozialeinrichtungen entstehen, und sprechen sie an.“ Denn im barrierefreien Arbeiten und Wohnen sehen die Jungunternehmer einen Zukunftsmarkt. Mit dem Rollator oder im Rollstuhl sei es schließlich besonders schwer, um eine Ecke herumzukommen. Sanfte Kurven entsprechen dem natürlichen Bewegungsverlauf – und sparen Platz.

Bauherren im sozialen Bereich müssen meist genau aufs Geld schauen, „aber wir können da mithalten“, ist Quaranta überzeugt: „Dadurch, dass wir die Maschinen besser ansteuern und komplexe Formen abwickeln können, können wir bis zu 50% günstiger sein als konventioneller Hersteller.“ Immer vorausgesetzt, dass man ähnliche Formen und Funktionen miteinander vergleicht.

„Für den Anfang konzentrieren wir uns auf den deutschsprachigen Raum und die Nachbarregion einschließlich Frankreich und Luxemburg“, so die Saarländer. Das erleichtere die Kundenansprache. Mit Kooperationspartnern stemmen sie jedoch schon internationale Projekte: Zurzeit planen sie die Einrichtung einer Schulbibliothek in Abu Dhabi.

Okinlab hat seine Räume im Starterzentrum der saarländischen Universität und beschäftigt fünf Voll- und Teilzeitangestellte, drei Freiberufler und eine Praktikantin. Es sind Softwareentwickler, Produktdesigner und Architekten, auch ein Spezialist für Online-Marketing ist dabei. „Wir suchen noch weitere Produktdesigner oder Architekten“, sagt Quaranta. Risikokapital besorgten sich die Gründer bei der Saarländischen Wagnisfinanzierungsgesellschaft SWG, die junge Technologieunternehmen aus der Region mit Summen zwischen 125.000 Euro und 1 Mio. Euro finanziert. Weiter wachsen soll Okinlab aus dem eigenen Umsatz – organisch eben.

 

Ein Beitrag von:

  • Matilda Jordanova-Duda

    Matilda Jordanova-Duda ist freie Autorin für Print, Radio und Onlinemedien. Ihre Themenschwerpunkte sind Existenzgründung und Mittelstand, Energiewende und Industrie 4.0. sowie Bildung und Migration.

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