Die Autoindustrie ist eine Arbeitswelt im Wandel
Die Automobilindustrie spiegelt aktuell den enormen Wandel in unserer Arbeits- und Lebenswelt wider. Das Urteil zur Dieselmotor-Technologie ist dabei ein deutlicher Wegweiser, der auch das Berufsfeld der Ingenieure massiv betrifft.
Jeder Wandel hat immer zwei Gesichter: Für manche ist die aktuelle Phase eine beunruhigende, die Ängste auslöst. Die anderen erkennen darin eine Chance für Neuorientierung, Quereinstieg oder für einen Karrieresprung.
Von jeher werden in einer von Technologie geprägten Welt Ingenieure gebraucht. Gerade von ihnen wird aber auch eine Bereitschaft zur Flexibilität und Mut zur Veränderung verlangt. Neben den Arbeitgebern rund um die Automobilherstellung öffnen sich für Ingenieure gerade neue Branchen: Der Klimawandel, eine angestrebte Energiewende und ein sich abzeichnender Trend zur Elektromotorisierung bieten neue berufliche Herausforderungen und manchmal auch einen überraschend einfachen Zugang für Quereinsteiger.
Die Autoindustrie im Wandel – Krise oder Dynamisierung?
Der Wandel in der Autoindustrie ist extrem und ein Ende ist nicht abzusehen. In den nächsten zehn Jahren werden Veränderungen Einzug halten, wie wir sie aus den letzten 50 Jahren nicht kennen. Allein auf der letzten IAA zeigten 1000 Aussteller über 220 Weltpremieren. Die Welle der Innovationen reicht von der Digitalisierung über das Elektroauto hin zu alternativen Verkehrskonzepten für Metropolen. Allein deutsche Hersteller präsentierten auf der IAA mehr als 150 E-Autos.
Ebenso revolutionierend wirkt sich die Digitalisierung auf die Automobilindustrie aus. Neue Branchen zeigen sich auf der IAA und schaffen Synergien. Die New Mobility World hat hier bereits, anders als noch in den USA, eine gemeinsame Plattform der Autowelt mit IT und Social Media geschaffen: Neben Mercedes, BMW und Audi findet man Google, Facebook, Qualcomm und SAP.
Desweiteren wird die Automobilindustrie in Deutschland bis 2020 rund 40 Milliarden Euro in die Entwicklung alternativer Antriebe investieren. Der Absatz von Elektrofahrzeugen hat sich im vergangenen Jahr verdoppelt. Der Marktanteil deutscher E-Autos in der Bundesrepublik stieg 2017 auf 63 Prozent, in Westeuropa auf 52 Prozent. In dem Land, in dem jede dritte Pkw-Neuzulassung ein Elektroauto ist, nämlich Norwegen, hat Deutschland einen Marktanteil von 60 Prozent.
Die Digitalisierung pusht das automatisierte Fahren und wird mit über 15 Milliarden Euro bis 2020 gefördert. Weltweit sind hier 52 Prozent der Patente aus Deutschland, unter den 10 Top-Unternehmen der Branche sind sechs deutsche Firmen dabei. Doch wie wirkt sich die dynamisierte Automobilbranche auf die berufliche Orientierung von Ingenieuren aus?
Die Autobranche braucht immer gute Ingenieure
Als klassische Branche für Ingenieure wird es auch weiterhin viele Arbeitsplätze rund um das Automobil geben. Und trotz allen Wandels wird vielen bleiben, wie es ist: Mit welchem Antrieb sie auch immer versehen sind, Autos müssen weiterhin konstruiert, gebaut und gewartet werden. Es bedarf ebenso weiterhin sämtlicher Zulieferindustrien, etwa in den Bereichen Metall, Kunststoffe und Reifen. Ein zunächst noch großer Teil der Pkw wird weiter auf Benzin angewiesen sein. Sowohl die Kraftstoffindustrie als auch der herkömmliche Motorbau bedürfen deshalb der Unterstützung von Ingenieuren.
Die Berufsbilder werden sich jedoch wandeln. Weil andere Themen in den Fokus rücken: Die Umweltfreundlichkeit wird zu Innovationen und neuen Technologien führen. Eine wichtige Aufgabe wird dabei der Elektronik und der Computertechnik zukommen. Das gilt in gleichem Maße für die Entwicklung des autonomen Fahrens: Auch hier werden die klassischen Fähigkeiten der Ingenieure weiter benötigt, sie werden zukünftig aber in großem Maße von IT-Technologie und Elektronikfachwissen profitieren. Ingenieure in diesem Bereich werden solche Fähigkeiten erwerben und mit ihren Grundkompetenzen verbinden. In anderen klassischen Autoberufen passierte das auch und schlägt sich deutlich in heute gängigen Berufsbezeichnungen nieder: Aus dem früheren Automechaniker wurde über die letzten Jahre der Kfz-Mechatroniker. In den kommenden Jahren dürfte sich der Ingenieur den Beinamen des Informatikers irgendwie einverleiben.
Auch alternative Werkstoffe werden in der Autobranche zukunftsweisend sein. Der Anteil an Kunststoffen in Automobil etwa wird durch die geforderte Leichtbauweise zunehmen. Ein leichtes, metallärmeres Auto ist mit weniger Energie zu bewegen und auch mit weniger Energie herzustellen. Die Zeichen für Ingenieure in der Autobranche stehen also vor allem in Forschung, Innovation und Entwicklung auf Grün.
Elektro- und Steuerungstechnik fordern teamfähige Ingenieure
Der Elektronik und Elektrotechnik kommt die Stellung einer Schlüsseltechnologie zu. Schon jetzt sind Elektromobilität, Mikrotechnik, Smart Grids, und Embedded Systems ohne gut ausgebildete Elektroingenieure nicht machbar. Der Weg in Richtung E-Auto wird diesen Trend noch deutlich forcieren, die Bereitschaft zur Interdisziplinarität wird unerlässlich. Denn die Konstruktion von leistungsstarken Elektromotoren braucht kompetentes Ingenieurwissen. Gleiches gilt für die Lade- und Akkutechnologie. Die Verschränkung mit der Digitalisierung tut hier ein Übriges: Alles, was Software in Hardwarebauteilen an Steuerungspotenzial zur Verfügung stellt, muss über Elektronik und Elektrotechnik an die Mechanik weitergegeben werden. Die emissionsfreie Gewinnung von Energie könnte auch für PKW-Akkus eine wichtige Anforderung für ein umweltfreundliches Gesamtkonzept sein.
Von Ingenieuren wird aber hier nicht nur eine hohe Bündelung an Fachkompetenzen erwartet. Die Teamfähigkeit ist gefragt: Mehr denn je muss ein Ingenieur auf internationaler Ebene mit Menschen unterschiedlicher Berufsgruppen auf hohem Niveau zusammenarbeiten. Auch winken hier noch immer gute Gehälter: Ein durchschnittliches Jahreseinkommen über 60.000 Euro ist realistisch. Für die Karriereplanung im Automobilbereich ist jedoch vor allem folgende Überlegung wichtig: Je mehr vor- und nachgelagerte Branchen der Automobilindustrie sich an einem Arbeitsplatz berühren, um so krisensicherer ist er. Denn dann ist auch die Möglichkeit, den Berufsweg bei Notwendigkeit oder Interesse im benachbarten Feld fortsetzen zu können, gegeben. Kritisch zu sehen sind dagegen alle Berufsfelder, die eine Art Inselexistenz entwickeln.
Ingenieure in der Autoindustrie – ein Ausblick
Die Berufsfelder für Ingenieure rund ums Auto sind in starker Bewegung. Einige Berufsfelder werden verschwinden, andere neu hinzukommen. Vor allem junge Ingenieure sollten bei ihrer Bewerbung die Zulieferindustrien und Nebentechnologien des klassischen Automobilbaus stärker berücksichtigen. Etwa den Modell- und Prototypenbau, die Mess- und Prüftechnik, Umwelttechnologien, Maschinen- und Anlagenbau, Eisen- und Stahlgießereien, Buntmetallindustrie (Kupfer, Zink, Blei, Zinn, Nickel), die kunststoffverarbeitende Industrie, die Kautschukindustrie, Softwareunternehmen für CAx-Lösungen, Entwicklungsdienstleister sowie Ingenieurbüros.
Eine breite Vielfalt an Wissen, auch aus anderen Technologiebereichen und dem PC- und IT- Sektor, erhöhen die Chancen für Quereinsteiger. Wenn die Grundqualifikationen stimmen, können Teamfähigkeit, Flexibilität, aber vor allem Spezialwissen und -fertigkeiten das entscheidende Plus für eine berufliche Karriere als Ingenieur in der Autobranche sein.
Den Einstieg findet man am besten bei einem persönlichen Gespräch. Dafür bieten die Recruiting Tage der VDI nachrichten eine Plattform – demnächst u.a. in Frankfurt am Mein, München und Ludwigsburg. Informieren Sie sich außerdem über das Gehalt im Fahrzeugbau und darüber, welche Faktoren das Einstiegsgehalt von Ingenieuren bestimmen.
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