Die Energiewende war und wird kein Jobwunder für Ingenieure
Was waren mit der Wende hin zu erneuerbaren Energien nicht alles für Hoffnungen verbunden: mehr Jobs, mehr Stabilität, mehr Gehalt. Offenbar zu Unrecht, wie aktuelle Zahlen zeigen.
Das Jobwunder ist ausgeblieben. Unternehmen, die sich mit den erneuerbaren Energien (EE) beschäftigen, werden in absehbarer Zeit keine neuen Jobs in großer Zahl anbieten können. Die Unternehmen und Investoren bemängeln die große Verunsicherung durch wenig stringente Entscheidungen der Politik. Die Planungssicherheit fehle. Aber die Energiewende ist beschlossene Sache, und langfristig wird sie auch neue Arbeitsplätze für Ingenieure mit sich bringen. Denn das Potenzial der Erneuerbaren, auch im Hinblick auf Jobs, ist groß.
Windenergie und Biomasse beschäftigt die meisten Menschen
Erstmals seit 2011 gab es von 2015 auf 2016 wieder einen leichten Anstieg der Beschäftigung im Bereich der Erneuerbaren Energien. Demnach waren zuletzt knapp 338.000 Personen im EE-Bereich tätig und damit 3% mehr als im Vorjahr. An den Höchststand von 2011 mit 416.100 Erwerbstätigen kommt die Branche zwar noch nicht ran, aber immerhin ist ein Aufbäumen zu erkennen. Grundlage dieser Zahlen ist der Research Report 2018/01 im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi), in dem die aktuellsten Zahlen zu den erneuerbaren Energien zu finden sind. Der Anteil der Mitarbeiter im technischen Bereich liegt demnach bei etwa zwei Dritteln, darunter fallen aber nicht nur Ingenieure, sondern auch die handwerklich-technischen Zweige. Wie hoch der Anteil der Ingenieure unter den Beschäftigten der erneuerbaren Energie ist, kann jedoch niemand genau sagen. Bei von der Politik und den Branchenverbänden veröffentlichten Zahlen zum Beschäftigungszuwachs ist zumindest Vorsicht geboten. Sie beruhen auf stichprobenartigen Befragungen und daraus abgeleiteten Schätzungen.
Doch zurück zu den Zahlen, die die Wissenschaftler Marlene O‘Sullivan, Dietmar Edler und Ulrike Lehr für das BMWi erhoben haben. Wenn man die Energieformen getrennt betrachtet, entwickelte sich die Beschäftigung zwischen 2000 und 2016 deutlich unterschiedlich. Bei der Windenergienutzung – sowohl On- als auch Offshore – gibt es eine steigende Tendenz. 2016 betrug der Anteil dieses Bereiches an der Gesamtbeschäftigung 47 %. Die häufig unterschätzte Nutzung von Biomasse sorgt inzwischen auch für Beschäftigung auf relativ konstantem Niveau: 2016 hatte sie einen Anteil von etwa 31 % an der Gesamtbeschäftigung im EE-Bereich. Bei der Solarenergie gab es ein ständiges Auf und Ab. Bis 2011 stieg die Beschäftigung stark an, mit 38 % hatte Solar damals den größten Anteil an der EE-Beschäftigung. Doch 2016 arbeiteten nur noch 45.300 Personen in diesem Bereich. Das entsprach einem Anteil von nur noch rund 13 %. Die Geothermie trug 2016 zwar nur 6 % zur EE-Beschäftigung 2016 bei, erreichte damit aber ein relativ konstantes Beschäftigungsniveau. Die Wasserkraft ist technologisch bereits gut entwickelt und trug 2016 mit 7.400 Personen zwei Prozent zur gesamten EE-Beschäftigung bei.
Nischenposten etwa für Elektroingenieure
Eine sehr dynamische Entwicklung gibt es derzeit bei der Batteriespeichertechnik. Jede zweite kleine Solaranlage hat bereits einen Batteriespeicher, die von eher kleineren Unternehmen auf den Markt gebracht werden. Die Digitalisierung wirkt selbstverständlich auch in den Branchen der erneuerbaren Energien. In der Produktion, im Vertrieb und wenn man an Smart Grids denkt, ist diese Entwicklung im vollen Gange, woraus natürlich auch ein entsprechender Fachkräftebedarf entsteht.
Am Beispiel der Windkraft werde deutlich, wie vielfältig die Einstiegsmöglichkeiten für Ingenieure in den Branchen der erneuerbaren Energien ist, betont die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE). Ingenieure für Elektrotechnik könnten in der Forschung und Entwicklung neue Technologien mitentwickeln. Aber auch Maschinenbauer, Mechatroniker und Bauingenieure würden als wichtige Fachkräfte benötigt. Ob im Projektmanagement und in der Produktion, im Vertrieb, in der Logistik oder in der Verwaltung und im Service –überall würden Ingenieure gebraucht. Grundlegend sei aber, dass die Politik stabile Rahmenbedingungen für weiteres Marktwachstum der erneuerbaren Energien in Deutschland schaffe.
Jobaussichten für Ingenieure sind mild bis heiter
Die Jobaussichten dürften also gut bleiben, wenngleich der ganz große Boom bisher ausgeblieben ist. Vielleicht, weil die Energiewende für manche immer noch ein zukunftsweisendes Handlungsfeld ist, die Umstellungen ind er Wirtschaft sich aber hinziehen. Als Beispiel sei eine Umfrage des VDI und der Uni Hohenheim aus dem Jahr 2016 genannt. Darin prognostizieren knapp 70% der befragten (Ober-)Bürgermeister, dass der Ausbau intelligenter Energienetze und Energiespeicher in den Kommunen bis 2030 an Bedeutung gewinnen wird. Ergo auch Fachkräfte dafür eingestellt werden müssten.
Zwischenzeitlich werden aber erst einmal Arbeitsplätze in der alten Energiewirtschaft obsolet. Sie können nicht einfach durch „Ersatzarbeitsplätze“ in der neuen Energiewirtschaft kompensiert werden. Die alten – nun weitgehend diversifizierten – Energiekonzerne haben keinen entsprechenden Bedarf. Die Wirtschaft rund um die Erneuerbaren ist insgesamt geprägt durch klein- und mittelständische Unternehmen. Die dort arbeitenden Ingenieure verdienen durchaus gut, aber nicht vergleichbar mit Ingenieuren im Fahrzeugbau beispielsweise. Häufig verlangen die Aufgaben in den kleinen Ingenieurbüros große Mobilitätsbereitschaft. Und vielfach sind auch handwerkliches Know-how bzw. Allrounder-Kompetenz grundlegend.
Bereits vor drei Jahren haben wir uns gefragt, was aus den Jobaussichten im Zuge der Energiewende geworden ist. Wir haben aber auch aktuelle Informationen zu Ingenieurgehältern und falls Sie wissen wollen, ob Ihr Gehalt angemessen ist, machen Sie bei unserem kostenfreien Gehaltstest mit und erhalten Sie im Anschluss eine individuelle Auswertung.
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