Stromproduktion im Mietshaus 08.02.2013, 11:51 Uhr

Die Wohnungswirtschaft kann neben Wärme auch Strom an Mieter verkaufen

Vermieter, die sich für die klimafreundliche Kraft-Wärme-Kopplung entscheiden, haben zunächst einen größeren Aufwand. Doch wenn es ihnen gelingt, den erzeugten Strom an ihre Mieter zu verkaufen, kann sich die Investition in überschaubarer Zeit auszahlen.

Die Wohnungswirtschaft kann neben der Wärme auch Strom liefern.

Die Wohnungswirtschaft kann neben der Wärme auch Strom liefern.

Foto: Stefan Schoeter

Einer der wenigen deutschen Stromversorger, die zum Jahreswechsel ihre Preise nicht erhöht haben, ist Thomas Kasselmann aus Löbau. „Das wäre mir viel zu kompliziert“, bekannte der Unternehmer im Dezember bei einem Workshop des Bundesverbands Kraft-Wärme-Kopplung (BKWK) in Dresden. Allerdings ist Kasselmann auch kein typischer Stromversorger: Der Unternehmer betreibt in der ostsächsischen Stadt ein Autohaus und vermietet daneben auch eine Wohnanlage mit drei Häusern und 96 Wohnungen. Bei einer Komplettsanierung im Jahr 2010 ergänzte er die Wohnanlage um ein Blockheizkraftwerk (BHKW), das aus Erdgas gleichzeitig Strom und Wärme produziert.

Aus dem BHKW beliefert Kasselmann seine Mieter nun nicht nur mit Wärme für Warmwasser und Heizung, sondern auch mit Strom, den er preisgünstiger anbietet als der örtliche Grundversorger. Da das BHKW nicht durchgehend läuft, muss er derzeit ein Drittel des Strombedarfs zukaufen. Doch der Unternehmer arbeitet bereits an einer Lösung mit Fotovoltaikanlage, Windrad und Stromspeicher, mit der er die Wohnungen fast vollständig mit eigenem Strom versorgen will.

Das größte Kopfzerbrechen bereitet ihm dabei nicht einmal die anspruchsvolle Systemintegration. Für komplizierter hält er die Abrechnung des Stroms aus den drei verschiedenen Quellen, bei der er unterschiedlich hohe, gesetzlich festgelegte Einspeisevergütungen einbeziehen muss. „Ich bin aber zuversichtlich, es hinzukriegen“, sagte Kasselmann.

Günstige Strompreise senken Nebenkosten

Neben dem Klimaschutz verfolgt er vor allem das Ziel, die Wohnungen durch niedrige Nebenkosten attraktiv zu machen und so vollständig vermieten zu können. Ostsachsen gehört zu den Regionen, in denen durch den Bevölkerungsrückgang viele Wohnungen leer stehen.

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Einzelne Projekte für die dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung in der Wohnungswirtschaft gibt es schon seit Jahren. In Bremen, München und Hannover hätten Wohnungsgesellschaften sogar schon Tochterunternehmen dafür gegründet, berichtete BKWK-Referent Jens Jäger.

KWK-Projekte erfordern zwar höhere Investitionen und einen größeren Wartungsaufwand als die herkömmliche Wärmeversorgung mit Erdgaskesseln, dass sie sich dennoch in einer überschaubaren Zeit bezahlt machen können, rechnete Bernd Thomas vor, Leiter des Forschungsinstituts der Hochschule Reutlingen. Das Institut plant derzeit eine Heizzentrale für zwei Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 34 Wohnungen, in der ein BHKW mit einem Spitzenlastgaskessel eingesetzt werden soll. Beide Geräte liefern Heißwasser für einen Pufferspeicher, der wiederum die Kreisläufe für Warmwasser und Heizungen speist.

Durch diese Wärmespeicherung kann das BHKW so flexibel betrieben werden, dass es den Strombedarf der Haushalte in den Spitzenlastzeiten möglichst weitgehend abdeckt. Das ist ein wichtiger Punkt für die Wirtschaftlichkeit, weil der selbst genutzte Strom nach Thomas‘ Rechnung mit knapp 22 Cent/kWh doppelt so hohe Erlöse bringt, als wenn er ins Netz eingespeist würde. „So gesehen muss es das Ziel sein, den Strom selbst zu nutzen“, sagte Thomas.

Investitionen lohnen sich schon nach fünf Jahren

Durch BHKW, elektrische Einbindung und Pufferspeicher entsteht im Vergleich zu einem Gas-Brennwertkessel zunächst ein hoher Mehraufwand für Investition und Wartung. Doch mit den zusätzlichen Stromerlösen kann der Betreiber diese Mehrkosten schon in fünf Jahren wieder verdienen. Unter weniger günstigen Bedingungen könne es auch acht Jahre dauern, sagte der KWK-Experte voraus. Entscheidend dafür sei, wie viele Haushalte gewonnen werden können, den BHKW-Strom zu beziehen – und zu welchem Preis er an sie verkauft werden kann.

Wohnungsunternehmen, die sich für ein solches Projekt interessieren, müssen auch Lösungen für die konfliktträchtigen Themen Steuerrecht und Abrechnung finden. Heinz-Ullrich Brosziewski, Geschäftsführer des Hannoveraner KWK-Spezialisten Beta, führte zehn Gesetze auf, die dabei zu beachten sind. Dabei können auch einzelne Punkte ziemlich knifflig werden: So müssen die Betriebskosten der Wärmeproduktion aus den gesamten BHKW-Kosten herausgerechnet und getrennt von den Kosten der Stromproduktion ausgewiesen werden, damit eine korrekte Heizkostenabrechnung für Mieter erstellt werden kann. Um diese umlegbaren Kostenanteile zu ermitteln, hat der VDI die Richtlinie 2077 entwickelt. „Das müssen Sie aber gar nicht alles selber können“, beruhigte Brosziewski in Dresden die Wohnungswirtschaftler. „Dafür gibt es spezialisierte Dienstleister.“

Es ist auch möglich, das gesamte BHKW-Projekt von einem Dienstleister umsetzen und für einen vereinbarten Zeitraum betreiben zu lassen. „Wir wollten uns nicht alle Probleme mit der Stromabrechnung auf den Tisch ziehen“, begründete Technik-Controller Steffen Zweinert die Entscheidung für das Betreibermodell. Die ersten Erfahrungen sind gut: Schon für das erste Betriebsjahr 2011 konnte Zweinert für die 60 Wohnungen eine Heizkostenersparnis von 9 % verbuchen.

Ein Beitrag von:

  • Stefan Schroeter

    Stefan Schroeter verfasst fachjournalistische Berichte über die Energiewirtschaft.

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