Effizienz der CO2-Trennung und -Speicherung macht Fortschritte
Der Bundestag hat am 8. Juli den Weg zur Erprobung der unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid (CO2) frei gemacht. Mit dem CCS-Gesetz.
„Technologien zur Abscheidung und Speicherung von CO2 könnten 2035 für den Klimaschutz so wichtig sein wie erneuerbare Energien“, sagte Juho Lipponen auf der Veranstaltung „Efficient Carbon Capture for Coal Power Plants“ der Dechema in Frankfurt am Main. Lipponen leitet die CCS-Abteilung der Internationalen Energieagentur (IEA). Die Vision der Pariser Agentur: 2035 könnten 3000 mit CCS-Technologien ausgerüstete Kohlekraftwerke 19 % der weltweiten CO2-Emissionen auffangen. Dazu müssten jedoch 3000 Mrd. $ investiert werden, so Lipponen.
„Die technische Herausforderung ist, CO2 möglichst rein und effizient aufzufangen und zu speichern“, erklärte Detlef Stolten, Direktor des Instituts für Energie- und Klimaforschung am Forschungszentrum Jülich. Stand der Technik sei, mehr als 90 % des Klimagases aus den Rauchgasen eines Kraftwerkes abzufangen und in einer Reinheit von mehr als 99 % zu speichern. Der Wirkungsgrad eines Kraftwerkes sinkt dabei um 8 Prozentpunkte bis 12 Prozentpunkte.
Diese Verluste könnten zwar noch gesenkt, aber nicht ganz vermieden werden, so Stolten. Das CO2-Abtrennen werde den Wirkungsgrad immer um bis zu 2 Prozentpunkte senken und die Verdichtung, um CO2 transportieren und lagern zu können, um bis zu 3 Prozentpunkte.
Vattenfall betreibt Pilotanlage zur CO2-Abtrennung
Energiekonzerne experimentieren bereits. Am weitesten ist Vattenfall. Der Konzern betreibt seit September 2008 am ostdeutschen Braunkohlenkraftwerk Schwarze Pumpe eine Pilotanlage. Getrocknete Kohle wird in einer Sauerstoffatmosphäre vergast, dem Oxyfuel-Prozess. Das Rauchgas, das vor allem CO2 und Wasserdampf enthält, wird von Schwefeloxiden befreit, Wasserdampf wird auskondensiert. Danach werden mehr als 90 % des CO2 bei hohen Drücken und tiefen Temperaturen verflüssigt und abgetrennt. Das CO2 hat eine Reinheit von mehr als 99 %. Projektleiter Uwe Burchhardt ist mit den Ergebnissen zufrieden. „Diese Technologie senkt den Wirkungsgrad eines Oxyfuel-Braunkohlenkraftwerks um 7,5 Prozentpunkte bis 8 Prozentpunkte.“
Vattenfall will aber mehr CO2 mit weniger Energieaufwand abtrennen. Der Konzern testet dazu seit Mai mit dem US-Gasspezialisten Air Products, ob sich CO2 aus dem Rauchgas einer Oxyfuel-Vergasung effektiver abscheiden lässt. „Es ist ein völlig neues Verfahren mit hoher CO2-Abscheidung“, sagte Burchhardt.
Dabei wird erst Wasser in verdichtetes Rauchgas eingespritzt, um Schwefeldioxid und Stickstoffoxide als Schwefel- beziehungsweise Salpetersäure abzutrennen. Das Gas wird dann getrocknet, mit Aktivkohle von Schwermetallen befreit, auf 50 bar komprimiert und in einen Reaktor geleitet, wo sich das CO2 bei tiefen Temperaturen und geringem Druck verflüssigt. Das Restgas wird durch eine Membran geleitet, um Stickstoff und Argon vom restlichen CO2 abzutrennen.
Vattenfall will so bis zu 98 % des CO2 auffangen und speichern. Das Verfahren könne sogar die Energieeffizienz erhöhen, so Burchhardt. „Durch die kompakte Verfahrensführung kann der Eigenenergieverbrauch sinken.“
RWE und BASF setzen auf CO2-Fänger Amine
RWE setzt auf die CO2-Wäsche aus den Rauchgasen von Kraftwerken, in denen Braunkohle klassisch verbrannt wird, das Postcombustion-Verfahren. „Wir wollen 90 % CO2 abscheiden und dabei einen elektrischen Wirkungsgrad von mehr als 40 % erreichen“, so Sandra Schmidt, Leiterin des CO2-Wäsche-Projekts. Dazu müsse der Wirkungsgrad des Kraftwerks – zum Beispiel mithilfe einer Wirbelschichttrocknung – 48 % übersteigen und die CO2-Wäsche wenig Energie verbrauchen.
RWE sucht daher mit der Chemiefirma BASF nach Substanzen, mit denen sich CO2 energetisch günstig aus dem Rauchgas entfernen lässt. Die Firmen setzen auf Amine als CO2-Fänger. Der aufwendigste Schritt sei, das CO2 mit Dampf wieder von den Aminen zu lösen, so Schmidt. Die BASF hat dazu die Eigenschaften von 400 Aminen und Mischungen von Aminen miteinander verglichen. Gleichzeitig hat RWE zudem das Verfahren der CO2-Wäsche in ihrer Pilotanlage in Niederaußem optimiert.
Die Ergebnisse stellte Schmidt in Frankfurt vor: Typischerweise würden etwa 4000 MJ benötigt, um 1 t CO2 von Monoethanolamin zu lösen. In der Pilotanlage benötigt RWE dafür nur 3500 MJ und mit zwei, von der BASF bereitgestellten Aminen nur 2800 MJ. Die CO2-Abtrennung lässt sich also um etwa 30 % verbessern. Der wäschebedingte Wirkungsgradverlust des Kraftwerks ließe sich damit auf weniger als 10 Prozentpunkte senken, so Schmidt.
Einen Blick in die Zukunft wagte Hanno Tautz. Der Verfahrenstechniker des Anlagenbauers Linde stellte das Konzept eines Hochdruck-Oxyfuel-Prozesses vor. Hier wird Kohle bei bis zu 90 bar und mehr als 1000 °C vergast. Das Gas wird in einem Staubfilter gereinigt, stufenweise vollständig verbrannt und immer wieder in Wärmetauschern abgekühlt, um Kesselspeisewasser zu verdampfen und diesen Dampf bis zu Temperaturen von 700 °C zu überhitzen.
Energetische Wirkungsgrade von 80 % sind keine Utopie
Danach wird das Rauchgas bei rund 80 bar abgekühlt. Dabei gibt es einen Großteil der Kondensationswärme ab, mit der sich das Kesselspeisewasser auf mehr als 300 °C vorwärmen lässt. Zudem kondensiert erst Wasserdampf mit Schadstoffen wie SO2 aus – und danach CO2.
Diese CO2-Abscheidung bei hohem Druck habe Vorteile, so Tautz. Wird sie in einem 700-°C-Dampfprozess eingesetzt, ließe sich ein elektrischer Nettowirkungsgrad des Kraftwerkes von bis zu 46 % erreichen – inklusive Sauerstoffproduktion und CO2-Abtrennung. Wird auch noch die Kondensationswärme des Dampfprozesses für Fernwärme genutzt, „steigt der energetische Wirkungsgrad theoretisch auf mehr als 80 %“.
Das sei keine Utopie, so Tautz: Komponenten wie Kohlevergaser, Heißgasfilter und Wärmetauscher existieren bereits. „Der nahezu emissionsfreie Betrieb und der hohe energetische Nutzungsgrad sollten die Akzeptanz in der Bevölkerung stärken.“
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