Entlastungspaket 3: Wer profitiert? Und wo gibt es Kritik?
Angesichts der extrem gestiegenen Energiekosten hat die Bundesregierung ein drittes Entlastungspaket auf den Weg gebracht. Wer profitiert davon – und wie gerecht ist das Paket?
Die Erwartungen waren hoch, Finanzminister Christian Lindner (FDP) nannte das dritte Entlastungspaket gar „wuchtig“ – so wie von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich im Vorfeld gefordert. Und in der Tat: Zumindest die Gesamtsumme ist nicht unbeträchtlich und deutlich höher als zuvor spekuliert. 65 Milliarden Euro will die Bundesregierung aufwenden, um die Bürgerinnen und Bürger angesichts der Energiekrise und steigender Kosten zu entlasten. Das nunmehr dritte Paket ist mehr als doppelt so groß wie die ersten beiden Pakete zusammen. „Deutschland steht zusammen in einer schwierigen Zeit“, erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Sonntag bei der Vorstellung der Ergebnisse im Berliner Kanzleramt. „Wir werden als Land durch diese schwierige Zeit kommen.“
Entlastungspaket 3: Wer profitiert?
Grünen-Chef Omid Nouripour lobte das Entlastungspaket als „substanziell und rund“. Seine Partei hatte vor allem Geld für den Nahverkehr und Unterstützung für Menschen mit wenig Geld im Fokus, der SPD sind Entlastungen für Rentner und Studierende wichtig. Die FDP wiederum verbucht Unterstützung für Christian Lindners neueste Steuerpläne.
Doch welche Maßnahmen greifen nun? Wer wird entlastet?
Bleibt das 9-Euro-Ticket?
Klar ist: Das 9-Euro-Ticket in der jetzigen Form wird es wohl nicht mehr geben, aber die Regierung hat sich im Entlastungspaket auf einen bundesweit gültigen Nachfolger geeinigt. Das Ticket wird allerdings deutlich teurer und soll zwischen 49 und 69 Euro pro Monat kosten. Der Bund will das Ticken mit 1,5 Milliarden Euro subventionieren, die Länder sollen dann mindestens ebenso viel beisteuern. Kritiker glauben: Viele Menschen mit eher geringem Einkommen werden angesichts dieses Preises wohl eher auf das Ticket verzichten.
Einmalzahlungen für Rentner und Studierende
Rentnerinnen und Rentner sowie Studentinnen und Studenten wurden bei den letzten Entlastungspakete nahezu vergessen, sagen Kritiker. Da will die Bundesregierung nachbessern. So sollen Rentner zum 1. Dezember eine einmalige Energiepreispauschale von 300 Euro erhalten, Studierende und Berufsfachschülerinnen und -schüler bekommen einmalig 200 Euro.
Strompreisbremse: Günstigerer Strom für Privathaushalte und KMU
Nicht nur die Gaspreise steigen, in der Folge ziehen auch die Stromkosten deutlich an. Teil vom Entlastungspaket ist deshalb eine Strompreisbremse. Das heißt: Privathaushalte sollen die Strommenge für einen Basisverbrauch zu einem vergünstigten Preis erhalten. Für kleine und mittlere Unternehmen mit Versorgertarif soll das auch gelten. Auch die für den Strompreis relevanten Netzentgelte sollen bezuschusst werden. Der CO2-Preis, der Heizen und Tanken im Sinne des Klimaschutzes teurer macht, soll im nächsten Jahr nicht wie geplant um fünf Euro auf 35 Euro pro Tonne steigen, sondern erst im darauffolgenden Jahr.
Unterstützung für Wohngeldbezieher und Geringverdiener aus dem Entlastungspaket
Menschen, die Wohngeld beziehen, erhalten im Herbst einen einmaligen Heizkostenzuschuss. Bei Ein-Personen-Haushalten sind das 415 Euro.
Bedürftige sollen mit der für 1. Januar geplanten Weiterentwicklung des heutigen Hartz-IV-Systems zu einem Bürgergeld um 50 Euro höhere Regelsätze erhalten. Das sind etwa 500 Euro monatlich.
Beschäftigung knapp über der Mini-Job-Schwelle mit geringeren Sozialbeiträgen soll erleichtert werden. Die sogenannten Midi-Jobs sollen künftig monatlich bei bis zu einem Verdienst von 2.000 Euro liegen können.
Entkastungspaket 3: Steuerentlastungen für 48 Millionen Menschen
48 Millionen Bürgerinnen und Bürger sollen bei der Steuer entlasten werden. Konkret geht es um Anpassungen des Einkommensteuertarifs. Steuererhöhungen infolge der Inflation soll es möglichst nicht geben.
Kritiker merken indes an, dass von den Anpassungen des Einkommenssteuertarifs an die Inflation vornehmlich die oberen Einkommensgruppen profitieren. Die Anhebung der Midi-Job-Grenze etwa wird Betroffenen nur maximal 50 Euro pro Monat mehr auf dem Konto bringen. Und Hartz-IV-Empfänger haben de facto nichts von der Erhöhung des Kindergeldes, weil es mit dem Regelsatz verrechnet werden soll.
Mehr Kindergeld
Das Kindergeld soll zum 1. Januar um 18 Euro monatlich für das erste und zweite Kind angehoben werden.
Entlastung für Unternehmen
Energieintensive Unternehmen, die Kostensteigerungen nicht weitergeben können, sollen mit einem neuen Programm unterstützt werden. Bestehende Unternehmenshilfen unter anderem mit zinsgünstigen Krediten und erweiterten Bürgschaften sollen bis 31. Dezember verlängert werden. Geprüft werden Schritte für Unternehmen, die aufgrund von Gasmangel und hoher Energiepreise die Produktion zeitweise einstellen müssen.
Kommt jetzt doch eine Übergewinnsteuer?
Jein – oder: Zumindest wird die Übergewinnsteuer anders heißen. „Abschöpfung von Zufallsgewinnen“, so hat die Ampelkoalition die Maßnahme getauft. , klingt besser. Allerdings will die Bundesregierung nun zunächst eine mögliche Lösung auf europäischer Ebene abwarten, bevor sie selbst ins Strommarktdesign eingreift. Finanzminister Christian Lindner sagte dazu in einem Interview mit der ARD: „Ich bin sehr dafür, dass wir den Rendite-Autopiloten am Strommarkt abschalten. Konkret geht es darum, dass zum Beispiel Produzenten von Windstrom so bezahlt werden, als hätten sie teures Gas eingekauft. Das muss abgeschaltet werden.“ Eine Übergewinnsteuer soll nicht erhoben werden, aber „Zufallsgewinne“, die Energieunternehmen durch extrem hohe Strompreise infolge der Gaskrise erzielen, sollen teilweise abgeschöpft werden. Mit dem Geld soll die geplante Strompreisbremse finanziert werden.
„Bei der Abschöpfung von Zufallsgewinnen haben wir ein Vorbild: die EEG-Umlage, aber mit umgekehrten Vorzeichen. Wir schaffen keine Steuer, sondern eine Erlösobergrenze, bei der Geld eingesetzt wird, um den Grundbedarf an Strom für Menschen & Entlastung für Betriebe zu sichern“, schrieb Lindner via Twitter. (mit dpa)
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