Finanzkolumne 05.10.2020, 10:54 Uhr

Erben und Anlegen: 4 Fallstricke, die Sie umgehen sollten

Statistisch werden 10 Millionen Euro in Deutschland vererbt, wenn Sie 10 Minuten benötigen, um diesen zu lesen. Pro Jahr macht dies laut einer Studie des DIW (Deutsches Institut für Wirtschaft) rund 400 Milliarden Euro, Tendenz steigend. Kann doch nicht so schwer sein, werden Sie sagen, wenn Sie noch nicht geerbt haben. In der Realität gibt es nicht zu unterschätzende Fallstricke.

Geldscheine und Formular Nachlass

Erben und Anlegen kann zahlreiche Fallstricke beinhalten.

Foto: panthermedia.net/rtbilder

Fallstrick 1: Emotionale Hürden

Sagen Sie „ich habe geerbt“ und das Missfallen Ihres Gegenübers ist Ihnen nahezu gewiss. Das Erbe gilt als leistungsloses Einkommen schlechthin. Dabei kann für viele Erben und Erbinnen kein Geld der Welt den Verlust eines nahestehenden Menschen aufwiegen – und dies soll es auch nicht. Es ist die Rechtsnachfolge für die Vermögenswerte eines geliebten Menschen. Damit verbunden ist oft eine hohe emotionale Hürde. Viele Erben können auch nach Jahren nicht von dem Gedanken lassen. Hätte der Erblasser oder die Erblasserin in dieser Situation auch so gehandelt? Dies ist grundsätzlich auch eine adäquate Herangehensweise, allerdings verändert sich die Welt stetig und daher ist davon auszugehen, dass die Erblasser – oft finanziell erfolgreiche Menschen – auch die eigenen Prämissen neu adjustiert hätten.

Zum Beispiel kann eine Mietpreisbremse plötzlich die Anlageklasse Wohnungen deutlich unattraktiver werden lassen. Bei einer Privatbank ändert sich die Eigentümerstruktur und damit auch der Anlagestil – vielleicht hätte der Erblasser dies zum Anlass genommen einen neuen Vermögensverwalter zu finden. Festgelder werden durch Strafzinsen und wackelige Banken vom sicheren Hafen zum zinslosen Risiko. Plötzlich besteht Handlungsbedarf. Daher ist es wichtig, dass Erbe emotional anzunehmen und  dann nach bestem Gewissen die Rechtsnachfolge des Erblassers auszufüllen, wohl wissend, dass ein eigener Stil und Umgang mit diesen Werten unumgänglich ist.

Fallstrick 2: Das Finanzamt

Selbst für nahe Angehörige und Partner gelten recht eng bemessene Freigrenzen, die Wahrscheinlichkeit dass auf Immobilien und Wertpapiervermögen Erbschaftssteuer bezahlt werden muss, ist die letzten Jahre rapide gestiegen. Wieso? Nun: Die Freigrenzen sind konstant geblieben, da die Zinsen aber erheblich gefallen sind, haben die Vermögenswerte in der Regel deutlich zugenommen. Auch nicht schön: Maßgebliches Datum des Vermögensüberganges ist der Todestag des Erblassers, handlungsfähig ist der Erbe aber selbst ohne große Komplikationen erst nach mehreren Wochen. Auch die Bewertung von Immobilien, geschlossenen Fonds und Sammlerobjekten kann durchaus problematisch sein, wenn die entsprechenden Vermögensobjekte nicht liquide sind. Daher: Beginnen Sie rechtzeitig Liquidität für die Erbschaftssteuer zu schaffen.

Fallstrick 3: Gerechtigkeitsbedürfnis

In Familien ist eine Erbschaft oft ein hoher emotionaler Belastungsfaktor. Familien, speziell Kinder, zeichnen sich dadurch aus, dass es ein großes Gerechtigkeitsbedürfnis gibt. Dies wird auch auf die Vermögenswerte projiziert. Ganz gerecht wird es dabei nie zugehen. So hat vielleicht eines der Kinder schon zu Lebzeiten eine finanzielle Unterstützung für den Hausbau bekommen und soll dennoch gleich viel erben, in Patchwork-Familien greifen vielleicht gesetzliche Regelungen, die der Erblasser so nie gesehen hat.

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Einzelne Vermögensgegenstände, wie zum Beispiel das Elternhaus werden emotional bedeutender eingeschätzt als die Mietwohnungen. Zwei Punkte sollten Erben hierbei bedenken: Erstens: Vielleicht hat der Erblasser gar nicht so sehr im familiären Kontext der Familiengerechtigkeit das Erbe geregelt, obwohl die Zuneigung allen Kindern gleichermaßen galt, sondern eher im Kontext, wer als Rechtsnachfolger die Geschicke der Vermögenswerte am Besten weiterführen kann. Zwei: Eine funktionierende Familie mit enger Bande macht das eigene Leben um so vieles lebenswerter, will man dies wirklich aufgeben, nur um sein Missfallen ob einer missglückten Vermögensaufteilung zum Ausdruck zu bringen? Die Antwort sollte in fast allen Fällen ein klares „nein“ sein.

Fallstrick 4: Eigene Vermögenssituation

Wie soll sich das Erbe in die eigene Vermögenssituation einfügen? Wichtig: Zunächst die mögliche Erbschaftssteuer im Auge behalten, danach sollten gegebenenfalls noch eigene Verbindlichkeiten getilgt werden. Denn: der durchschnittliche Erbe in Deutschland ist rund 53 Jahre alt mit zunehmender Tendenz. Dementsprechend gilt es Vorsorge zu treffen für die eigene Rentenphase, bei der oft die gesetzlichen und betrieblichen Renten, Pensionen o.ä. nur einen Teil der erwarteten monatlichen Ausgaben decken werden.

Daher kann es oft sinnvoll sein, eine Erbschaft – obwohl eigentlich ein Vermögenszuwachs – konservativer und vorsichtiger anzulegen, als es der Erblasser hinterlassen hat. Denn nicht selten findet man als Vermögensverwalter Erbschafts-Depots vor, bei denen die Erblasser fast 100 Prozent in Aktien investiert haben. Wieso? Da diese gemerkt haben, dass sie in diesem Leben die verfügbaren Gelder nicht mehr zum Leben benötigen und daher den Ertrag für die nachfolgende Generation maximiert haben.

Dies muss aber eben nicht für die Erben gelten, die sich möglicherweise gerade erst ein Reservepolster für den Renteneintritt aufbauen. Dadurch kann eine neue Depotstruktur helfen. Auch bei vermieteten Wohnimmobilien kann eine Neuadjustierung sinnvoll sein. Angenommen die Erben sind beruflich erfolgreich und der Erblasser hat mehrere Wohnimmobilien selbst verwaltet, was durchaus mit recht viel zeitlichem Engagement verbunden sein kann. In solch einer Konstellation kann es eine Option sein, einen Verwalter einzusetzen, was allerdings die Nettoerträge deutlich senken kann. Alternativ veräußern die Erben die Wohnungen und erwerben stattdessen steuerlich bevorzugte Immobilien-REITs. Bei diesen Immobilien-Aktien mit oft mehreren Tausend Wohnungen o.ä. steht ein professionelles Management dahinter, eine passende Finanzierungsstruktur und vieles mehr, ohne die Anlageklasse zu wechseln.

Fazit: Ein Erbe ist für die meisten Menschen ein komplexer, nicht nur emotionaler Prozess, bei der die professionelle Hilfe, zum Beispiel juristischer oder psychologischer Natur, aber eben auch von einem erfahrenen Vermögensverwalter durchaus hilfreich sein kann.

Diesen und weitere Vermögensverwalter mit Ihren Meinungen und Online-Anlagestrategien finden Sie hier

Ein Beitrag von:

  • Michael Thaler

    Porträtbild von Michael Thaler

    Vorstand der Top Vermögen aus Starnberg

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