Arbeitsmarkt 03.09.2010, 19:48 Uhr

Fachkraft mit Schwerbehinderung

Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern müssen Schwerbehinderte beschäftigen. Doch viele Firmen zahlen lieber eine Ausgleichsabgabe. Das ist schade, denn sie verpassen im Zeitalter des viel beschworenen Fachkräftemangels beispielsweise solche kompetenten Mitarbeiter wie die Wirtschaftsinformatikerin Christina Ziegler.

Christina Ziegler ist kein Mensch, der jammert. „Ich habe keinen Kontakt zu anderen Schwerbehinderten, die ihren Kopf in den Sand stecken, sich bedauern und bemitleiden lassen.“ Ihre Bekannten mit Behinderung haben einen Job. Christina Ziegler wurde mit einer Fehlbildung an vier Gliedmaßen geboren. Dysmelie an vier Extremitäten, haben die Ärzte zur Mutter gesagt, als Christina vor 24 Jahren in Stuttgart geboren wurde. Warum ihre Tochter mit zwei kurzen Armstümpfen, ohne rechtes Bein und mit einem fehlgebildeten linken Bein auf die Welt kam, konnte der zunächst verzweifelten Mutter niemand sagen.

Heute ist das Herz der Mutter voller Stolz, wenn ihre Tochter morgens auf das Brett mit Rollen steigt – eine Art Skateboard mit Sitz. Mit dem linken Bein, an dem einige Knochen und ein Zeh fehlen, schiebt sie ihr ungewöhnliches Fahrzeug an, Richtung S-Bahn, dann geht es mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit. Wenn sie bei ihrem Freund war, fährt sie mit dem eigenen Auto, einem behindertengerecht umgebauten Fahrzeug.

Bei der Allianz, ihrem Arbeitgeber, mussten lediglich die Knöpfe im Fahrstuhl tiefer gesetzt werden, damit sie ihren Arbeitsplatz erreicht. Im Büro sitzt sie auf einem höhenverstellbaren Tisch, hält das Telefon mit ihren vier Zehen, bedient damit die Maus, macht sich Notizen oder tippt in die Tastatur. Für Christina Ziegler ist das ganz normal.

Die junge Frau hat nach dem Abitur Wirtschaftsinformatik an der Berufsakademie Stuttgart studiert. Ihr Ausbildungsbetrieb war schon die Allianz. Im Oktober 2008 hat sie ihr Studium abgeschlossen und wurde übernommen. Seitdem kümmert sie sich um Beratungssoftware für den Außendienst. „Wir sind die Schnittstelle zwischen Programmierern und Anwendern“, beschreibt sie ihren Job. Den macht sie nach Auskunft ihres Vorgesetzten mindestens ebenso gut wie alle anderen, ist gleich schnell und nicht häufiger krank. Christina Ziegler ist ein Beispiel dafür, dass schwerbehinderte Menschen selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können. Von Gesetzes wegen sind ihnen 5 % aller Arbeitsplätze in Deutschland vorbehalten. Soweit die Theorie.

Stellenangebote im Bereich Prozessmanagement

Prozessmanagement Jobs
Energie und Wasser Potsdam GmbH-Firmenlogo
Energy-Analyst (m/w/d) Energie und Wasser Potsdam GmbH
Potsdam Zum Job 
KLEBL GmbH-Firmenlogo
Kalkulator (m/w/d) für Tiefbau KLEBL GmbH
Neumarkt in der Oberpfalz Zum Job 
Stadtwerke Esslingen am Neckar GmbH & Co. KG-Firmenlogo
Fachkraft für Nah- und Fernwärme-Hausanschlüsse (m/w/d) Stadtwerke Esslingen am Neckar GmbH & Co. KG
Esslingen am Neckar Zum Job 
Fresenius Kabi-Firmenlogo
Instandhalter (m/w/d) Prozesstechnik - API Herstellung Fischöl Fresenius Kabi
Friedberg (Hessen) Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Bauingenieur als Bauwerksprüfer (m/w/d) Die Autobahn GmbH des Bundes
Darmstadt Zum Job 
LENSER Filtration GmbH-Firmenlogo
Bacheloranden (m/w/d) oder Masteranden (m/w/d) LENSER Filtration GmbH
Jungheinrich Aktiengesellschaft-Firmenlogo
Ingenieur / Meister / Techniker als Teamleiter Eingangs-Check und Check & Paint (Wareneingangs- und Qualitätskontrolle) (m/w/d) Jungheinrich Aktiengesellschaft
Dresden Zum Job 
Stadtwerke Essen AG-Firmenlogo
Betriebsmanager (gn) Netzbetrieb Entwässerung Stadtwerke Essen AG
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung-Firmenlogo
Ingenieurin/Ingenieur (w/m/d) für die Koordination der Fachrichtung Elektrotechnik bzw. Nachrichtentechnik Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung
Kromberg & Schubert Automotive GmbH & Co. KG-Firmenlogo
Ingenieur / Materialwissenschaften (m/w/d) Kromberg & Schubert Automotive GmbH & Co. KG
Abensberg Zum Job 
EMSCHERGENOSSENSCHAFT und LIPPEVERBAND-Firmenlogo
Ingenieur*in (m/w/d) im Bereich der Elektrotechnik EMSCHERGENOSSENSCHAFT und LIPPEVERBAND
Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen-Firmenlogo
Ingenieur:in Elektrotechnik, Maschinenbau, Versorgungstechnik, Master/Dipl.-Ing. (univ.) für das technische Referendariat Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen
Hamburg Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Ingenieur (w/m/d) für Geotechnik, Abfall, Altlasten und Georisiken Die Autobahn GmbH des Bundes
Nürnberg Zum Job 
Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen-Firmenlogo
Ingenieur:in Elektrotechnik, Maschinenbau, Versorgungstechnik, Bachelor/Dipl.-Ing.(FH) für den technischen Vorbereitungsdienst (TOIA) Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen
Hamburg Zum Job 
BG ETEM - Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse-Firmenlogo
Ingenieur/in (m/w/d) für die Ermittlung von Berufskrankheiten BG ETEM - Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse
Stuttgart Zum Job 
VetterTec GmbH-Firmenlogo
Verfahrensingenieur (m/w/d) Sprühtrocknung VetterTec GmbH
Kassel, Reutlingen Zum Job 
EMSCHERGENOSSENSCHAFT und LIPPEVERBAND-Firmenlogo
Gruppenleiter*in Elektrotechnik (m/w/d) EMSCHERGENOSSENSCHAFT und LIPPEVERBAND
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Bauingenieur (w/m/d) als Bauwerksprüfer Die Autobahn GmbH des Bundes
Bayreuth Zum Job 
BAYERNOIL Raffineriegesellschaft mbH-Firmenlogo
Ingenieur (m/w/d) Technische Integrität BAYERNOIL Raffineriegesellschaft mbH
Neustadt an der Donau Zum Job 
ZVEI e.V. - Verband der Elektro- und Digitalindustrie-Firmenlogo
Manager/in technische Regulierung und Normung (w/m/d) ZVEI e.V. - Verband der Elektro- und Digitalindustrie
Berlin, Frankfurt am Main Zum Job 

Die Praxis sieht häufig ganz anders aus. Alle privaten und öffentlichen Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitnehmern sind verpflichtet, Schwerbehinderte zu beschäftigen. In diesen Betrieben müssen 5 % der Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten besetzt sein. Eine Schwerbehinderung liegt bei über 50 Grad körperlicher, geistiger oder psychischer Beeinträchtigung vor. „Rund 135 000 Betriebe müssen Schwerbehinderte einstellen, davon haben 38 000 keinen einzigen“, weiß Dorothee Czennia, Referentin Sozialpolitik im Sozialverband VdK Deutschland in Bonn.

Firmen, die die Fünf-Prozent-Quote nicht erfüllen, müssen eine Ausgleichsabgabe zwischen 105 ‹ und 290 ‹ je Monat und unbesetztem Pflichtarbeitsplatz zahlen. „Viele Arbeitgeber bevorzugen es, sich freizukaufen, wobei die Ausgleichsabgabe keine freiwillige Zahlung ist, die eine Firma der Beschäftigung Schwerbehinderter vorziehen kann“, so Czennia. Doch im Alltag wird danach verfahren.

In jedem Frühjahr müssen alle Unternehmen der Bundesagentur für Arbeit melden, ob und wie viele Schwerbehinderte sie beschäftigen. Laut Mikrozensus des Statistischen Bundesamts gab es 2007 in Deutschland fast 7 Mio. Schwerbehinderte. Knapp die Hälfte davon ist im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 65 Jahren. Nach dem Behindertenbericht der Bundesregierung lag die Quote der beschäftigten Schwerbehinderten bei 4,4 %. Rein rechnerisch haben also von den rund 38 Mio. Arbeitnehmern in Deutschland etwa 1,7 Mio. Schwerbehinderte Arbeit, 5,3 Mio. nicht. Unternehmen, die keine oder nicht gerne Menschen mit Handicap beschäftigen, wollen das nicht in die Öffentlichkeit bringen, es könnte ja dem Image schaden.

Der Automobilbauer BMW legt seine Karten offen auf den Tisch, die Firma hat nichts zu verheimlichen und liegt mit 5,4 % über der gesetzlich vorgeschriebenen Quote. Tendenz: seit Jahren leicht steigend. Doch nicht alle der 5,4 % arbeiten bei BMW, denn die Quote kann auch dadurch erfüllt werden, indem die Firmen mit Behinderteneinrichtungen zusammenarbeiten und dorthin einen Teil ihrer Arbeit austragen. Im Falle BMW ist das beispielsweise die Stiftung Pfennigparade in München, die IT-Aufträge bekommt.

Die Allianz bringt es auf insgesamt 4,1 %. Im Innendienst sind es mehr, im Außendienst weniger. „Unsere Vertriebsmitarbeiter sind viel unterwegs, für Schwerbehinderte stellt das eine zusätzliche Belastung dar“, begründet Claudia Pfeifer, Leiterin Grundsatz und Vergütung im Personalbereich des Versicherungskonzerns in München. Auch bei der Allianz steigt die Quote, von 3,4 % im Jahr 2006 auf 4,1 % aktuell. Und das Unternehmen beschäftigt einige ähnlich Schwerbehinderte, wie Christina Ziegler: Querschnittsgelähmte sowie Blinde. „Zum Teil haben sie ihre Schwerbehinderung erlitten, als sie schon bei uns gearbeitet haben, etwa durch einen Unfall. Andere haben wir mit ihrer Erkrankung eingestellt, wie Frau Ziegler“, so Pfeifer. Die 5 %-Hürde will die Allianz in den nächsten Jahren schaffen.

„Das Gesetz macht es für uns Schwerbehinderte einfacher, an einen Arbeitsplatz zu kommen“, sagt Christina Ziegler. Und Dorothee Czennia vom VdK fordert, dass behinderte Kinder die Regelschule besuchen und Förderschulen nur in begründeten Ausnahmefällen. Denn: „Eine wichtige Grundlage für das gleichberechtigte Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung dient dem Abbau von Vorurteilen.“ Je früher man damit beginnt, desto leichter lassen sich Barrieren in den Köpfen überwinden. Christina Ziegler war in einem ganz normalen Kindergarten und hat ihr Abitur an einer ganz normalen Schule gemacht. PETER ILG

Ein Beitrag von:

  • Peter Ilg

    Peter Ilg ist freier Journalist und verfasst Texte über Arbeitsmarkt und Berufe, Mobilität und Fahrberichte, Wirtschaft und Märkte.

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.