Ferchau nimmt Metall-Tarif zum Maßstab
Bei der Able-Gruppe, zu der auch der Ingenieur-Dienstleister Ferchau gehört, orientiert sich ab Juli 2013 das Entgelt für alle Projektmitarbeiter am Metall-Tarif Nordrhein-Westfalen. Able-Geschäftsführer Frank Ferchau, Able-Personalleiter Joachim Lalla und der IG-Metall-Bevollmächtigte Werner Kusel sagen, warum sie diesen Tarifvertrag geschlossen haben.
VDI nachrichten: Die gleiche Bezahlung von Leih- oder Zeitarbeitern und Stammbeschäftigten ist seit Jahren ein Thema. Warum haben Sie sich jetzt entschlossen, einen Tarifvertrag zu vereinbaren?
Ferchau: Wir hatten bereits seit 2004 einen Haustarif mit der IG Metall. Da wir gute Erfahrungen mit der IG Metall gemacht hatten, haben wir uns mit der Gewerkschaft darauf verständigt, Equal-Pay tarifvertraglich zu gestalten. Außerdem hatte das Bundesarbeitsministerium den Tarifparteien eine Frist bis Ende März 2012 gesetzt, um eine Equal-Pay-Regelung zu vereinbaren. Ferchau ist unseres Wissens das erste Unternehmen, das es geschafft hat, innerhalb dieser Frist eine solche Regelung zu vereinbaren.
Was bringt der Equal-Pay-Tarifvertrag den Projektmitarbeitern?
Kusel: Ab dem 1. Juli 2013 gilt das Prinzip der gleichen Bezahlung für nahezu alle Beschäftigten des Able-Konzerns, zu dem auch Ferchau gehört – unabhängig davon, ob sie gerade eingestiegen sind oder ob sie schon lange bei Ferchau arbeiten und unabhängig davon, ob sie in den Technischen Büros arbeiten oder im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung oder eines Werkvertrags eingesetzt sind. Es spielt zudem auch keine Rolle, in welchen Branchen die Auftraggeber tätig sind, bei denen sie eingesetzt werden. Es gilt: ein Konzern, ein Tarifvertrag. Wenn Betriebsvereinbarungen in den Einsatzbetrieben bessere Bedingungen vorsehen, haben diese Geltung.
An welche Gehälter gleichen Sie das Entgelt ihrer Mitarbeiter an?
Lalla: Der Maßstab, an dem wir uns orientiert haben, ist der Flächentarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen. Das Referenzgehalt für Ingenieure ist die Entgeltgruppe 11.
Wie viel ist das?
Lalla: Derzeit sind das 3521 € im Monat, inklusive der Zuschläge. Diese Zuschläge werden vom ersten Arbeitstag an bezahlt und steigen von 165 € auf 659 € nach zwölf Monaten. Hinzu kommen Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld oder individuell vereinbarte Qualifikationszulagen, wie sie der Tarifvertrag vorsieht.
Kusel: Die Arbeitnehmer können zwischen einer 35- und einer 40-Stundenwoche wählen, ohne Nachteile befürchten zu müssen. Allerdings wird auch entsprechend unterschiedlich bezahlt.
Warum gibt es die volle tarifliche Entlohnung erst ab dem zwölften Beschäftigungsmonat?
Ferchau: Neue Kollegen sind, wenn sie bei uns anfangen, nicht sofort so produktiv wie die Kollegen, die ihren Job schon länger machen. Wir haben uns mit der IG Metall darauf verständigt, dass es angemessen ist, nach einem Jahr das volle Entgelt zu zahlen.
Wenn der ERA-Tarifvertrag den Maßstab bildet: Wird darin nicht schon die unterschiedliche Produktivität Jüngerer und Älterer abgebildet?
Kusel: Der ERA-Tarifvertrag richtet sich nach den Aufgaben, die den Beschäftigten übertragen werden. Eine Steigerung nach Beschäftigungsdauer gibt es im ERA-Tarifvertrag nur noch in den Entgeltgruppen 12, 13 und 14. Natürlich hätten wir gerne mehr rausgeholt, für uns war aber wichtig, dass es von Anfang an eine Zulage gibt. Da ist dieser Tarifvertrag weiter als die öffentliche Debatte über Equal-Pay. Und für viele junge Ingenieure ist Ferchau ein Sprungbrett. Es gibt kaum ein Unternehmen, das so viele Chancen bietet, sich in unterschiedlichen Arbeitsfeldern zu testen. Das sagen mir Ingenieure, die in der IG Metall organisiert sind. Ferchau gilt nicht als billige Leiharbeitsbude.
Der Equal-Pay-Tarifvertrag macht Leih- oder Zeitarbeit wie auch Werkverträge teurer. Was haben Ihre Kunden davon?
Ferchau: Das wird sicher etwas kosten, aber das wird durch den Vorteil aufgewogen, den die damit gewonnene Rechtssicherheit bietet.
Können Sie das erklären?
Lalla: Die Gerichte haben Zeitarbeitstarifverträge von christlichen Gewerkschaften rückwirkend für unwirksam erklärt. Damit tritt automatisch die Equal-Pay-Regelung in Kraft. Das heißt: Verleihunternehmen müssen unter Umständen die Lohndifferenz noch entrichten und Entleiher im Rahmen der Subsidiärhaftung die Sozialversicherungsbeiträge. Vergleichbare Risiken bestehen beim Abschluss von Pro-Forma-Werkverträgen, die geschlossen werden, um Equal-Pay zu umgehen. Mit einem Equal-Pay-Tarifvertrag, wie wir ihn jetzt abgeschlossen haben, sind die Kunden auf der sicheren Seite. Sie haben einen echten Mehrwert.
Hat Ferchau Probleme, Ingenieure zu finden?
Ferchau: Sicherlich gibt es zurzeit für Ingenieure viele Optionen. Man muss sich Mühe geben, aber dieser Tarifvertrag wird uns dabei helfen. Die Attraktivität eines Arbeitgebers bemisst sich auch nicht nur an der Entlohnung. Die ist wesentlich, aber nicht entscheidend.
Was zählt noch?
Ferchau: Wir bieten höchst interessante Aufgaben in unterschiedlichen Branchen und dazu vielfältige Chancen, sich zu qualifizieren und sich weiterzuentwickeln. Im Schnitt bleiben unsere Mitarbeiter zweieinhalb bis drei Jahre, dann wechseln sie in der Regel zu einem Kundenunternehmen. Das zeigt, dass unsere Auftraggeber die Qualität unserer Mitarbeiter schätzen. Ferchau ist eher mit einem herkömmlichen Ingenieurbüro zu vergleichen und weniger mit der Einsatz-Wechseltätigkeit, wie sie in der Arbeitnehmerüberlassung typisch ist.
Es gibt Branchengespräche zwischen der IG Metall und den Arbeitgeberverbänden der Zeitarbeit. Wie ist der Stand?
Kusel: Die Verbände zeigen sich sperrig. Mit diesem Equal-Pay-Tarifvertrag haben wir eine Vorreiterrolle übernommen und ich bin überzeugt, dieser Abschluss ist ein Signal in die richtige Richtung.
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