Fischertechnik: Die haben ordentlich was auf dem Kasten
Seit 60 Jahren beglückt Fischertechnik mit seinen Konstruktionsbaukästen Kinder und Technik-Profis gleichermaßen.

Dieses Jahr feiert Fischertechnik den 60. Geburtstag. Am Stand der Firma auf der Nürnberger Spielwarenmesse, die zurzeit stattfindet, präsentiert das Unternehmen die wichtigsten Meilensteine der Geschichte der Konstruktionsmodelle.
Foto: Heinz Wraneschitz bildtext.de
Eigentlich waren die „Bausteine“ zunächst als Weihnachtsgeschenk für Dübel-Großkunden gedacht. Doch die Konstruktionsbaukästen mit den einst grauen Stangen und Eckstücken haben sich über die vergangenen sechs Jahrzehnte zum nachgefragten Produkt gemausert, das sowohl bei Kindern als auch bei Technikprofis im Einsatz ist. 60 Jahre Fischertechnik: Das feiert der kleine, aber feine Ableger des großen, vielen als Fischer-Dübel bekannten Befestigungstechnik-Anbieters aus der 6000-Einwohner-Gemeinde Waldachtal in Baden-Württemberg auf der Nürnberger Spielwarenmesse 2025, die bis zum 1. Februar 2025 läuft. Der Ort ist gut gewählt. Denn schon 1966, also ein Jahr nach besagter Geschenkaktion, war Fischertechnik auf dieser nach eigener Aussage „größten Fachmesse aus der Spielwaren- und Konsumgüterbranche“ mit einem Stand vertreten.
1968 brachte Fischertechnik den ersten Elektromechanik-Baukasten auf den Markt
Gingen die ersten 1000 rein mechanischen Baukästen noch als Spende an die Hilfsorganisation „Aktion Sorgenkind“, so erkannte das Unternehmen offenbar recht schnell die Chancen, das System weiterzuentwickeln. Ein paar Meilensteine: 1968 der erste Elektromechanik-Baukasten. 1970 stieg man mit eigenen Lernbaukästen ins Schulsegment ein. 1981 wurden pneumatische Elemente eingeführt, weshalb spätestens 1982 Industrieentwickler auf den Fischer-Trichter, besser auf die Fischer-Systemsteine kamen. Seit 1985 ist Robotik Teil des Programms.
Solartechnik, Robotik, Brennstoffzelle, IOT – Fischertechnik ist am Puls der Zeit
1997 – also bereits drei Jahre vor dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) – begann bei Fischertechnik die Solarzeit. Kurz vor dem „40-Jährigen“ wurde das Sortiment „altersangepasst“ strukturiert – von Junior über Profi bis Computing. Brennstoffzellen finden sich seit 2009 in verschiedenen Baukästen, ins IOT, das Internet of Things, wagten sich die Entwickler erstmals 2018.

Zum Geburtstag gibt es was Neues: Fischertechnik hat im Jubiläumsjahr die Ab-fünf-Jahre-Reihe Junior pro entwickelt, die sich an kleine Kinder wendet. Hier ist das Modell des Löschhelikopters zu sehen.
Foto: Heinz Wraneschitz bildtext.de
Passend zur Messe 2025 wurde ein neues Angebot fertiggestellt: Junior Pro. Kinder ab fünf Jahren – Fischer nennt sie „kleine Tüftler“ – können Löschfahrzeuge, Flieger, Güterwagen, Traktoren „schnell und einfach bauen und damit spielen, ganz nach ihren Vorstellungen“, wird versprochen. Geschäftsführer Martin Rogler begründet die Erweiterung des Programms in Richtung Kitas so: „Wir wollen damit die jüngste Gruppe ansprechen, weil viele Kinder den Zugang zu Mint verloren haben“, also zu den mathematisch-technischen Lernstoffen. Passend zum Jubiläum hat das Unternehmen übrigens 404 Schulen im „Ländle“ mit Robotik- und Kreativ-Klassensätzen versorgt, um die Fünft- bis Achtklässler „für Informatik und Technik zu begeistern“.
Bereits 1992 hat das Unternehmen Industriemodelle vorgestellt
Dass die Baukästen und Systeme immer wieder auf „Top-Ten-Spielzeug“-Listen landen oder – wie 2021 der Baukasten „Green Energy“ – sogar den Deutschen Spielzeugpreis gewinnen, das war den meisten Besuchern und Besucherinnen der 60-Jahres-Feier in Nürnberg bekannt. Doch mit den seit 1989 nicht mehr grauen, sondern schwarzen oder gelben „Grundsteinen“ lässt sich viel mehr anstellen, als „nur“ zu spielen: Nicht alle wussten, wie weit verbreitet Fischertechnik in Ingenieur- und Wissenschaftskreisen ist. Schon 1982 hat das Unternehmen Industriemodelle vorgestellt. Seitdem wurde das Programm massiv ausgeweitet. Im Geschäftsfeld „Industrie und Hochschulen“ findet sich aktuell eine Palette von über 20 vorbereiteten Kästen: Simulationsmodelle, agile Produktion und KI, Industrie 4.0 sowie SPS-Programmierung. Beim „modularen Trainings- und Simulationsmodell Lernfabrik 4.0“ beispielsweise wird die Siemens-Steuerung S7–1500 gleich mitgeliefert. Der fünfstellige Preis zeigt aber auch deutlich auf: Das ist kein Spielzeug, sondern Profiausrüstung. Zur Grundausstattung gibt es außerdem Zusätze wie jenes Prozessmodul, mit dem bestehende Produktionskonfigurationen um weitere Prozessschritte erweitert werden können.
Geplante Fertigungslinien werden durch Fischertechnik simuliert
Heute nutzen viele Firmen oder Forschungseinrichtungen die zur Unterscheidung der Funktion in mehreren Farben gestalteten Konstruktionsteile mit Zapfen-Nut-Verbindungen, um geplante Fertigungslinien vor der tatsächlichen Installation zu simulieren und zu optimieren. Mit einzelnen Bausteinen, beispielsweise der „Biegemaschine 24V“ können wichtige Funktions- und Fertigungsprozesse getestet werden. Stolz wird dabei auf „große Unternehmen wie BMW, Mercedes Benz oder Airbus“ verwiesen, die „auf unsere Simulationsmodelle vertrauen“.
Jetzt wird auch bei der künstlichen Intelligenz mitgemischt – zusammen mit der Fraunhofer-Gesellschaft
Erst vor wenigen Monaten gab das Lernmittel-Unternehmen die Kooperation mit der Fraunhofer-Gesellschaft (FHG) bekannt. Die von der FHG initiierte Programmierumgebung Open Roberta Lab lässt unsichtbare komplexe Prozesse von künstlichen neuronalen Netzen (KNA) sichtbar werden. Kombiniert mit dem Fischertechnik TXT 4.0 Controller, lassen es KNA zu, dass sich zum Beispiel ein Fischertechnik-Roboter völlig selbstständig in seiner Umwelt bewegen kann. KNA werden übrigens oft auch KI genannt, also „künstliche Intelligenz“.
Die Fischertechnik GmbH ist eines von vier Teilen der Unternehmensgruppe des Ingenieurs Klaus Fischer, der neben Martin Rogler und Marc-Sven Mengis die Geschäfte führt. Für den „Dübel-Papst“ arbeiten weltweit etwa 4700 Menschen. Die vier Geschäftsbereiche erwirtschaften einen jährlich zehnstelligen Euro-Umsatz. Und bis heute gilt dort – also auch bei Fischertechnik – nach eigener Aussage: Qualität made in Germany.
Ein Beitrag von: