Hochleistungskunststoff mit integrierter Schmierung
Das Dresdner Start-up Perfluorence veredelt Hochleistungskunststoffe und Schmierstoff-Additive. Dafür koppelt es Teflon an Polymere und Öle an. Die drei Gründer suchen aktuell rund 700.000 Euro Beteiligungskapital.
Mit elf Patenten hat Dieter Lehmann sein Verfahren zur chemischen Kopplung von Polytetrafluorethylen (PTFE) abgesichert. Seit den 1990er-Jahren hat der Leiter der Abteilung Reaktive Verarbeitung am Leibniz-Institut für Polymerforschung (IPF) in Dresden getüftelt, um dem aus Fluor und Kohlenstoff zusammengesetzten Polymer die Reaktionsträgheit auszutreiben.
PTFE ist als Teflon geläufig. Das teilkristalline Polymer ist chemisch, thermisch und mechanisch sehr stabil und glatt wie Eis. Ein idealer Schmierstoffzusatz oder Basiswerkstoff für verschleißfeste Beschichtungen und selbstschmierende Lager und Getriebe – sofern er am vorgesehenen Platz bleibt. Doch das tat er nicht, ehe Lehmann die chemische Kopplung gelang. Bis dahin wurde PTFE nur beigemischt – was oft inhomogene Verteilung und schleichende Entmischung nach sich zog.
Lehmanns Verfahren ist mittlerweile vielfach ausgezeichnet. Und seit einem Jahr ist es Geschäftsgrundlage der Perfluorence GmbH. Hinter dem Spin-Off des IPF stehen die Ingenieure Thomas Engelhardt und Hagen Marks, Diplomkaufmann Frederico Rosenbaum und als Spiritus Rector Lehmann selbst. Er blieb am IPF, wohl wissend, dass seine Erfindung bei Engelhardt und Marks in guten Händen ist. Beide wirkten jahrelang in seinem Team mit.
„Wir kennen uns seit dem Studium am Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik der TU Dresden“, sagt Engelhardt. Nach dem Wechsel ans IPF näherten sie sich der PTFE-Kopplung von zwei Seiten. Während sich Marks auf Hochleistungskunststoffe spezialisierte, forschte Engelhardt an Schmierstoffen. Gemeinsam lernten sie, das träge Fluorkohlenstoff-Polymer zur Bindung anzuregen. „Wir aktivieren ihn in einem hochenergetischen Prozess“, erklärt Engelhardt. Dabei teilen sich dessen lange Molekülketten und bilden an den Enden reaktionsfreudige Carbonsäuregruppen. Das so funktionalisierte PTFE wird im Extruder mit einem gewünschten Trägerkunststoff vermischt. Den so veredelten Hochleistungskunststoff liefert Perfluorence als handelsübliches Granulat.
Zur Produktion der Schmierstoffadditive setzt das Team ebenfalls auf aktiviertes PTFE, wobei die Anbindung über stabile Radikale läuft. „Ergebnis sind dauerhaft stabile Dispersionen“, so Engelhardt. Damit geschmierte Lager müssten nur halb so oft gewartet werden. Mögliche Anwendungen für das „Lubofé“ getaufte Additiv: Windradgetriebe, Seil- und Maschinenschmierung oder Metallumformung. Ihre Hochleistungskunststoffe Marke „Tribofé“ sehen die Gründer als Werkstoff für Getriebe und Lager, die ohne zusätzliche Schmierung auskommen.
Die technische Basis legten die Dresdner im BMBF-Förderprogramm „Forschung für den Markt im Team“. Seit zwei Jahren werden sie im Exist-Forschungstransfer gefördert. Anfang 2013 gründeten sie die GmbH. Aktuell erproben sie ihre Produkte mit Pilotkunden aus dem IPF-Netzwerk – und suchen Investoren. „Nach unserer Kalkulation brauchen wir 700.000 Euro, um einen Standort mit Anlagen und Geräten zur Qualitätssicherung sowie ein schlagkräftiges Team aufzubauen“, so Rosenbaum. Der Maschinenpark solle nach und nach mit dem Auftragseingang wachsen. „Zunächst wollen wir uns auf die Qualitätssicherung konzentrieren und mit unseren Kunden Hochleistungskunststoffe für ihre Anwendungen designen“, ergänzt Marks.
Ihr Wunschinvestor sollte Kontakte und Know-how aus ihren Zielbranchen sowie langfristiges Interesse mitbringen. Die Umsatzaussichten beziffert das Team mittelfristig mit 6,5 Mio. Euro bis 10 Mio. Euro. Damit dürfte Perfluorence für Business Angels interessant sein. Zumal das Unternehmen zertifiziert ist, um am Förderprogramm „Invest-Zuschuss für Wagniskapital“ partizipieren zu können.
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