Inflation: IG Metall mit deutlichem Appell an VW
Das erklärte Ziel der IG Metall: Reallohn-Zuwächse in 2022. Die Industriegewerkschaft appelliert insbesondere an Volkswagen. Warum der Konzern erneut im Fokus steht.
Verbraucherpreise steigen – so stark wie zuletzt 1993. Bundesweit hat die Inflation kürzlich 5,3 Prozent erreicht. Vor allem Lebensmittel sind deutlich teurer geworden. Dass 2020 die Mehrwertsteuer wegen der Corona-Pandemie gesenkt wurde, wird beim Amt für Statistik als Hauptgrund für die hohe Inflationsquote gesehen. 2021 galt wieder der volle Satz, sodass die Preise auch wieder stiegen. Diese Entwicklung bestimmt auch Tarifrunden. Die IG Metall formuliert als Einzelgewerkschaft eine dringende Bitte.
IG Metall fordert Lohnsteigerung trotz Inflation
Das Tarifjahr 2022 wird von einer angemessenen Lohnsteigerung trotz hoher Inflation bestimmt – dafür spricht sich die IG Metall aus. Zudem fordern Vertreter der Gewerkschaft mehr Schutz gegen ausufernde Energiepreise. Thorsten Gröger, Regionalchef in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt warnt davor, dass weiter anziehende Strom- oder Spritkosten manche Verbraucher und Firmen überlasten könnten. Besonderes Augenmerk legt er auf den Automobilkonzern VW. Zuletzt machte Volkswagen mit möglichen Stellenabbau Schlagzeilen. Im VW-Konzern genießt die Gewerkschaft gewissen Einfluss und formuliert daher deutlich, dass der Strukturwandel in der Autobranche aufgrund der Verschiebung hin zur Elektromobilität Entlohnung bei den Beschäftigten finden müsse. Auch die Politik wird angesprochen, denn diese könne mehr Vernetzung und Unterstützung anbieten. Politisch gelte es laut dem Regionalchef, vor allem den Strommarkt im Blick zu behalten. Hier nennt er die Abschaffung der EEG-Umlage, über die Kunden den Ökostrom-Ausbau mitfinanzieren.
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“Deutliches Plus in den Tarifen”
Nach zurückhaltenden zwei Corona-Jahren müsse nach Gröger ein “deutliches Plus” in den Tarifrunden herauskommen. “Es wäre aktuell zu früh zu sagen, dass es nicht auch noch andere Notwendigkeiten gibt. Die starken Preiserhöhungen werden aber ein Schwerpunktthema sein.”
Zudem sagt er: “Die Absicherung der Realeinkommen muss angesichts der derzeitigen Teuerung ein zentrales Ziel sein.”
Die Energiefrage dürfte nicht zur sozialen Frage werden. “Wir müssen beispielsweise darauf achten, dass sich in Zukunft nicht nur bestimmte Menschen bestimmte Formen von Mobilität noch leisten können“, meint Gröger in Bezug auf teureren Sprit für Verbrennerantriebe bei gleichzeitig relativ hohen Kosten für das Laden von E-Autos.
Tarifverträge laufen aus – auch bei VW
Ende September laufen die Flächentarifverträge in der Metall- und Elektroindustrie aus, zwei Monate später endet der aktuelle Haustarifvertrag bei Volkswagen und den VW-Töchtern. Ab Ende Mai gehe das gleiche Spiel in der Stahlindustrie weiter. Verhandlungen führt hier der IG-Metall-Bezirk NRW.
Nach dem jüngsten Machtkampf zwischen VW-Vorstandschef Herbert Diess und dem VW-Betriebsrat sprach sich Gröger dafür aus, die Sachthemen im größten europäischen Autokonzern wieder in den Vordergrund zu rücken.
Machtkampf bei VW: Worum ging es?
Herbert Diess leistet sich einen hartnäckigen Machtkampf mit dem Betriebsrat. Das Ergebnis: Der VW-Konzernchef bleibt im Amt, dennoch muss Diess die Verantwortung für einige wichtige Bereiche abgeben. Ralf Brandstätter, Chef der Kernmarke VW, soll zudem in den Vorstand aufrücken und ab Mitte 2022 die Verantwortung für das zuletzt schwächelnde Geschäft in China übernehmen.
Weiteres Konfliktpotenzial entstand durch die Überlegungen von Diess, einen umfangreichen Stellenabbau zu planen. IG-Metall-Bundeschef Jörg Hofmann, der im VW-Aufsichtsrat sitzt, sagte dazu: “Das ist jetzt noch mal ein letzter Versuch der Zusammenarbeit. Wir tun das in der Hoffnung, dass seine (Diess‘) erratischen Ausbrüche ein Ende finden.”
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Zukunftstarifverträge auch für KMU
Die IG Metall nimmt neben großen Konzernen wie VW auch kleine und mittelgroße Arbeitgeber in den Blick. Diese müssten ebenso die Transformation der Branche schaffen und mit Zukunftstarifverträge Beschäftigten Sicherheit geben. Finanzierung, Qualifizierung und Technologie seien für kleine und mittelgroße Arbeitgeber schwieriger zu organisieren als für große. “Deshalb ist es besonders wichtig, dass noch mehr Unterstützung aus den Netzwerken kommt, die dazu gegründet wurden.” (mit dpa)
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