Arbeitsmarkt 01.07.2011, 12:09 Uhr

Ingenieure für Elektrotechnik und Mechatronik sind gefragt

Die Elektrotechnik treibt den technischen Fortschritt in den weltweiten Megatrends, etwa der klimaverträglichen und effizienten Energieversorgung sowie die Elektromobilität. Dafür werden Ingenieure der Elektrotechnik und Mechatronik gebraucht. Beiden Berufsgruppen bescheinigen Experten langanhaltend gute Berufschancen. Allein Audi beschäftigt 1100 Mechatroniker, Tendenz steigend.

Im Mai 2011 hat die Ingenieurlücke als Differenz aus offenen Stellen und Arbeitslosen einen neuen Höchststand erreicht. Laut VDI-/IW-Ingenieurmonitor fehlten 73 100 Fachkräfte. IW steht für Institut der deutschen Wirtschaft. Der größte Mangel herrscht im Maschinen- und Fahrzeugbau, dann schon folgen Elektroingenieure mit 17 600 Personen.

Dieter Westerkamp, Geschäftsführer in der VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik, geht davon aus, dass die Nachfrage nach Elektroingenieuren auf Dauer und lang anhaltend weiter steigen wird. „Die Trends der Elektronikindustrie werden uns noch Jahre beschäftigen und sich deshalb werden sich die ohnehin schon guten Berufschancen für Elektroingenieure weiter verbessern.“

VDE: Drastische Ingenieurlücke spätestens 2020

Der VDE kommt in seiner Ingenieurstudie 2010 zu der Erkenntnis: „Zu geringe Studienanfänger- und Absolventenzahlen und eine hohe Abbrecherquote bei gleichzeitig steigendem Ersatz- und Zusatzbedarf werden spätestens 2020 zu einer drastischen Ingenieurlücke in der Elektro- und Informationstechnik führen.“ Eine Trennung der klassischen Disziplinen Elektrotechnik und Informationstechnik fällt nach Meinung von Westerkamp zunehmend schwerer – sie wachsen eher zusammen. Die Kombination mit dem Maschinenbau bietet das interdisziplinäre Studienfach Mechatronik.

Audi z. B. beschäftigt etwa 1100 Ingenieure der Mechatronik. „Tendenz weiter steigend, weil Ingenieure mit interdisziplinärem Wissen zunehmend gefragt sind“, sagt Michael Groß, Leiter des Personalmarketings in Ingolstadt. Rund 1200 Experten will der Automobilbauer in diesem Jahr einstellen. Ingenieure der Elektrotechnik haben für Audi in den vergangenen Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen, was an der Forschung und Einführung der Elektromobilität liegt. Diese Entwicklung wird sich nach Unternehmensangaben fortsetzten.

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Bosch, Stuttgart, rechnet für dieses Jahr mit mindestens 1200 neuen Mitarbeitern in Deutschland. „Dank unserer hohen Arbeitgeberattraktivität besteht bei uns pauschal kein Fachkräftemangel“, so Personalgeschäftsführer Wolfgang Malchow. Engpässe gebe es in der Leistungselektronik. Das ist ein Schwerpunkt im Elektrotechnik-Studium, und dessen Wissen wird im Bereich der Elektromobilität und Photovoltaik gebraucht. Rund 800 Stellen für Studienabschlussarbeiten wird Bosch 2011 vergeben. Die sind bekanntlich eine gute Gelegenheit, sich gegenseitig zu testen. Wenn es passt, folgt häufig ein Übernahmeangebot.

Fast 55 000 Studenten waren im Wintersemester 2009/2010 im Fach Elektrotechnik eingeschrieben. Das waren etwa 2500 mehr als im Jahr davor, der Frauenanteil lag bei 8 %. 7800 Absolventen haben 2009 ihr Elektrotechnik-Studium abgeschlossen. Das waren rund 200 mehr als im Vorjahr.

Die Mechatronik ist ein junger und stark wachsender Studiengang. Vom Wintersemester 2001/2002 bis 2009/2010 sind die Studentenzahlen von 1000 auf rund 12 500 gestiegen. Der Frauenanteil liegt bei etwa 7 % und die Absolventenzahl 2009 bei 1700, teilt das Statistische Bundesamt weiter mit.

Viele Ausländer studieren in Deutschland Elektrotechnik

Relativ hoch ist der Ausländeranteil in der Elektrotechnik, an den deutschen Universitäten liegt er bei fast einem Drittel. Viele ausländische Absolventen kehren in ihre Heimatländer zurück, vermutet der VDE, was ein Grund für den Ingenieurmangel ist. Doch Elektrotechnik ist nun einmal ein globales Thema. Mit einem Volumen von 2800 Mrd. € im Jahr 2010 ist die internationale Elektroindustrie nach wie vor die größte Wirtschaftsbranche weltweit. „Wir erwarten auch für 2011 und 2012 kräftiges Wachstum“, sagt ZVEI-Chefvolkswirt Andreas Gontermann. Im vergangenen Jahr hat die Branche hierzulande 165 Mrd. € umgesetzt, das waren 14 % mehr als im Vorjahr. Beim Umsatz 2011 erwartet der ZVEI einen Zuwachs von 10 %. Deutlich geringer als das Umsatzplus war der Zuwachs bei den Beschäftigen 2010, deren Anzahl stieg um 0,7 % auf 815 000. Die weitaus meisten davon arbeiten im Bereich von Investitionsgütern, dann folgt die Automation.

„Die Elektroindustrie ist eine Schlüsselbranche und langfristig Wegbereiter für Innovationen, Wachstum und Wohlstand“, sagt Michael Grömling vom IW Köln. Seine Erkenntnis beruht auf einer wissenschaftlichen Studie, er ist einer der Autoren. Insbesondere die Megatrends zu Globalisierung, zur Urbanisierung und zu Megacitys sowie zur Alterung in der Weltbevölkerung würden den technischen Fortschritt in der Elektroindustrie antreiben.

„Die Elektroindustrie ist der wichtigste Innovationstreiber für die industriellen Anwenderbranchen und Leitmärkte der Zukunft wie E-Mobility oder Smart Grids. Zugleich stellt sie innovative technische Lösungsansätze bereit, die zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen beitragen“, schreibt Michael Schanz in der VDE-Studie 2010‚ Ingenieure der Elektrotechnik/Informationstechnik – Trends, Studium und Beruf’.

Schanz leitet im VDE die Fachausschüsse „Ingenieurausbildung“ und „Beruf-Gesellschaft-Technik“. Bei den gesellschaftlichen Herausforderungen nennt er beispielsweise eine klimaverträgliche, sichere und effiziente Energieversorgung und die Folgen des demografischen Wandels ließen sich durch intelligente Assistenzsysteme abfedern. Die basieren auf dem Einsatz von Informationstechnik in den Gegenständen des täglichen Lebens, etwa Erinnerungsfunktionen, unter anderem zur Einnahme von Medikamenten.

„Die Abbrecherquote ist mit höchster Priorität zu behandeln“

Kurz- und mittelfristig rechnet Schanz mit mehr Studienanfängern – bei steigender Abbrecherquote und langfristig mit weniger Absolventen. „Die Abbrecherquote ist mit höchster Priorität zu behandeln“, so sein Fazit. Und das aus gutem Grund: In Informatik, Naturwissenschaften und in Ingenieurstudiengängen brechen besonders viele Studenten ab: Fast jeder Zweite hält nicht durch, jeder Vierte verlässt die Uni sogar ganz ohne Abschluss. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft in Essen.

Firmen können nach einem neuen Beschluss der Bundesregierung ausländische Ärzte und Ingenieure der Fachrichtung Maschinen- und Fahrzeugbau sowie der Elektrotechnik, die aus Drittstaaten kommen, ohne die sogenannte Vorrangprüfung in Deutschland einstellen. Voraussetzung für eine Zulassung ist, dass die Arbeitsbedingungen, vor allem die Höhe des Gehaltes, denen vergleichbarer inländischer Arbeitnehmer entsprechen. 

Ein Beitrag von:

  • Peter Ilg

    Peter Ilg ist freier Journalist und verfasst Texte über Arbeitsmarkt und Berufe, Mobilität und Fahrberichte, Wirtschaft und Märkte.

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