Ingenieure und IT – Berufe mit Zukunft
Im Zuge der Digitalisierung entstehen viele neue Jobs an der Schnittstelle zwischen IT und Ingenieurwesen. Wir haben einige zusammengetragen und präsentieren Berufsfelder der Zukunft.
Autos, Rollläden und selbst Stanzmaschinen werden immer kommunikativer. Die Folge ist, dass sich die Anforderungen an Ingenieurinnen und Ingenieure drastisch verändern. Wie deren Arbeitswelt im Jahr 2030 aussehen könnte, haben verschiedene Branchenverbände für uns skizziert.
Die Digitalisierung wirkt aber nicht nur auf Ingenieure, sie bietet die Chance auf völlig neue Berufe und Berufsfelder. Der Internetverband eco geht sogar davon aus, dass zwei Drittel der Jobs unserer Kinder heute noch nicht existieren.
Schon heute Ingenieur- und IT-Wissen verschmelzen
„Im Zeitalter von Industrie 4.0 werden Sie ohne starken IT-Background nicht mehr weit kommen“, versichert Jessica Volkwein, Partnerin bei der Executive Search Beratungsgesellschaft LAB & Company in München. Die Betriebswirtin ist spezialisiert auf die Besetzung von Managementfunktionen und rät Engineering-Studenten dazu, ihr Studium mit möglichst vielen IT- und Softwaremodulen anzureichern, wenn sie eine Führungsposition anstreben. In Zukunft, so ist sie überzeugt, werden diese Stellen nur an Personen mit digitaler Kompetenz vergeben.
Viele Positionen sind noch ohne Namen
Wer heute eine Position an der Schnittstelle von IT und Ingenieurwesen sucht, merkt schnell: Viele Stellenbeschreibungen sind noch vage, viele Berufe nicht wirklich greifbar. „Internationale Unternehmen kreieren gerne ihre eigenen Bezeichnungen. Oft wird erst im Anforderungsprofil klar, welche Kompetenzen eigentlich gesucht werden“, schmunzelt Volkwein.
Und Rolf Schultheis, Leiter Geschäftsfeld IT bei Ferchau ergänzt: „Viele Berufe und Berufsfelder sind gerade erst im Entstehen“. Im Engineering-Bereich fällt ihm zudem auf, dass die Arbeitsbereiche immer stärker miteinander verschmelzen. Ein Paradebeispiel dafür ist der Beruf des Data Scientist. Er ist, wenn er im industriellen Kontext arbeitet, ein Konglomerat aus den Berufen Informatiker, Mathematiker und vor allem auch Ingenieur.
Data Scientist, der Daten-Detektiv
Der Data Scientist filtert aus verschiedenen Datenquellen Informationen heraus und untersucht sie auf bestimmte Muster. Im Bereich Predictive Maintenance analysiert er z.B. wie sich Komponenten verhalten, kurz bevor sie ausfallen. Auf Basis dieser Daten werden dann Tools entwickelt, die den Ausfall vorhersehen sollen.
Wie der VDE betont, sind für diesen Beruf Kenntnisse in Datenverarbeitung und –analyse gefragt. Auf der anderen Seite müssen die Leute aber auch die physischen Auswirkungen in der Produktionsstätte nachvollziehen können. Daher sind auch klassische elektrotechnische oder gar maschinenbauliche Kompetenzen gefragt. Einigen wie Damian Borth vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligent (DFKI) gilt der Datenanalyst sogar als „Sexiest Job des Jahrhunderts“.
In vielen Jobangeboten werden Data Scientist und Data Analyst synonym verwendet, bzw. im Doppelpack gesucht. Der Business-Analytics-Experte Oliver Padmaperuma von Capgemini Consulting sieht den Unterschied darin, dass der Data Scientist neben methodischem Können auch über fachliche Expertise auf dem Gebiet verfügen muss, in dem er auf Datenjagd geht.
Experten für alles, was vernetzt ist
Auch im Bereich Smart Home und Industrie 4.0 braucht man intelligente Halbleiterkomponenten. Erst sie machen die Maschinen schlau. Und man braucht Experten, die die Hard- und Software für diese smarten Geräte entwickeln, etwa Embedded System Engineers. Ein Geschäft mit Zukunft.
Bei Ferchau macht dieser Bereich mittlerweile ein Viertel des Umsatzes aus. Da es kaum fertig gebackene Spezialisten von der Uni gibt, ist bei dem Ingenieursdienstleister „Learning by Doing“ angesagt. Dabei ist die Technik im Prinzip in allen Bereichen gleich. „Die Sensoren, die in der Fahrzeugtechnik genutzt werden, kommen auch im Bereich Smart Home zum Einsatz“, so Schultheis. Ingenieure, die hier durchstarten möchten, brauchen vor allem Kenntnisse in C, C++, Java, und SQL.
Cognitive Computing: Trainer für schlaue Rechner
Watson war erst der Anfang. Der Supercomputer von IBM hat Grippewellen vorausgesagt, er hat professionelle Schachspieler an die Wand gespielt und den Champion der Quizshow Jeopardy geschlagen. Bei der letztgenannten Sendung müssen Kandidaten die passenden Fragen zu Antworten finden, wie z.B. „Es ist der größte Kontinent“. Um zu gewinnen, musste Watson den Kontext der Anfrage verstehen, aus den Datenquellen die passende Information finden und eine klar verständliche Antwort liefern. Eine Meisterleistung der künstlichen Intelligenz.
Bis eine Anwendung aber so weit ist, muss sie angelernt werden. Dazu braucht es schlaue Menschen und noch schlauere Programme, die wiederum von Menschen entwickelt werden. „Hier bewegen wir uns auf dem Gebiet des Cognitive Computing und Machine Learning, wobei es schwer ist, hier eine Grenze zu ziehen“, kommentiert Volkwein. Wer sich schon im Studium mit dem Thema künstlicher Intelligenz befasst hat, ist auf jeden Fall gut gerüstet für einen zukunftssicheren Job. Finden Sie heraus, was man als Entwickler für maschinelles Lernen mitbringen sollte.
Soft- und Hardwareentwicklung für Fortgeschrittene
Immer häufiger liest man von DevOp und NetOp Engineers. Damit sind aber nicht zwangsläufig Ingenieure gemeint. „Engineer beschreibt hier mehr die Tätigkeit. Die Mitarbeiter haben die Rolle eines Ingenieurs“, erklärt Thomas King, Chief Innovation Officer beim Internetknoten-Betreiber DE-CIX in Frankfurt. Unter Internetknoten versteht man die Netzwerkknoten der Internetbetreiber, an denen der Datenverkehr zwischen den Netzen ausgetauscht wird.
Das Aufgabenspektrum der Entwickler ist vielfältig. Die DevOps entwickeln und implementieren Software, um die Serverinfrastruktur weiter zu automatisieren. Die NetOps sind für den Betrieb und die Steuerung des Knotens verantwortlich. Darüber hinaus entwickeln sie die Hardware weiter. Auch wenn der Titel etwas anderes meint, sind Ingenieure mit dem entsprechenden IT-Wissen gern gesehen.
Der lange Marsch der Mechatronik
Spezielle Studiengänge für die neuen IT-Berufe sind (noch) rar gesät. Mit einem explosionsartigen Anstieg ist erst einmal nicht zu rechnen. Für die Themenfelder Industrie 4.0 und Digitalisierung in der Produktion spricht sich selbst der VDE gegen spezielle neue Studiengänge aus. Alle erforderlichen Fächer seien bereits vorhanden. Ansonsten dauert es seine Zeit, bis sich ein neuer Bereich durchsetzt.
So war es in den 1990er Jahren auch mit dem Begriff Mechatronik, der erst durch die Unternehmen geisterte und sich mittlerweile in den Ingenieurwissenschaften als eigenständiger Studiengang etabliert hat. Inhaltlich geht es um die Verzahnung von Elektronik, Mechanik und Informationstechnik. „Vor 20 Jahren begann die Automobilzuliefererindustrie die ersten Mechatroniker auszubilden. Erst dann zogen die Universitäten nach, weil sie merkten, dass dieses Berufsfeld gefragt sein wird“, erinnert sich Volkwein.
Mit welchen Neuerungen die Hochschulen dem aktuellen Wandel zur digitalen Arbeitswelt begegnen.
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- Zukunft der Arbeit (2): Flexible Arbeitszeitmodelle liegen im Trend
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