Investieren in Schwellenländer und Industriestaaten
Wer mutig ist, sollte auch über den Tellerrand hinaussehen. In vielen aufstrebenden Volkswirtschaften wachsen gut ausgebildete junge Leute heran. Aber wie finde ich eine interessante Region? Wichtige Voraussetzung ist der richtige demographische Faktor: Indien und Mexiko stehen ganz oben.
Die Altersstruktur einer Bevölkerung hat erheblichen Einfluss auf das wirtschaftliche Potenzialwachstum. Treten jedes Jahr, wie in Indien, eine erhebliche Anzahl junger Arbeitskräfte in den Wirtschaftskreislauf ein, dann hat dies direkt einen positiven Einfluss auf das Brutto-Nationalprodukt. Im Regelfall ist die Zeit der Familiengründung mit erheblichen finanziellen Investitionen (Hauskauf etc.) verbunden, sodass von diesen Kohorten auch maßgeblich der Konsum bestimmt und beeinflusst wird. Jüngere Menschen tendieren zudem dazu, noch stärker auf Werbung und Marken zu reagieren und sind deshalb auch in dieser Hinsicht für Werbeinvestitionen der Konsumindustrie von Relevanz. Aber Vorsicht: Nur auf eine junge Bevölkerungsstruktur zu sehen und danach zu investieren, ist brandgefährlich.
Inflation zur Lösung der Verteilungsfrage
Mit vielen jungen Menschen, die in den Wirtschaftskreislauf eintreten, entstehen auch große Verteilungsfragen. Hier gibt es neben politischen und fiskalischen Maßnahmen auch geldpolitische Instrumente, um solche Verteilungskonflikte zu entschärfen. Das geldpolitische Mittel erster Wahl ist die Inflation.
Inflation, ausgelöst unter anderem durch zu niedrige Zinssätze, gibt jedem Wirtschaftsteilnehmer eines Landes das gute Gefühl, dass es vorangeht. Zudem werden individuelle Leistungen im heute stärker belohnt. Der Nachfragedruck nach Arbeitsplätzen kann so besser bedient werden und das Aggressionspotenzial gegenüber bestehenden Institutionen durch die neue Generation besser ventiliert werden. Leider gibt es einen Kollateralschaden, der den Großteil der Bevölkerung nur in geringem Maße tangiert. Der Außenwert der Währung sinkt angesichts unattraktiver, oft sogar negativer Realrenditen.
China als volkswirtschaftlicher Sonderfall
In der Volkswirtschaftslehre wird der kometenhafte Aufstieg Chinas mit einer geringen Inflation und damit einem stabilen Außenwert nicht zuletzt in Verbindung gebracht mit der jahrzehntelang gepflegten Ein-Kind-Politik. Damit bestand für die Parteiführung keine Notwendigkeit, die Notenpresse anzuwerfen und die Inflation als Schmiermittel der Wirtschaft zu missbrauchen. Dieses gesellschaftliche Phänomen ist jedoch weltweit einzigartig, sodass China wohl keine Blaupause in dieser Hinsicht für aufstrebende Länder wie Indien darstellen dürfte.
So vorteilhaft die Rahmenbedingungen für China in den letzten Jahrzehnten gewesen sind. Vielfach werden schon Befürchtungen laut, dass China nun erst alt wird, bevor es reich wird, d.h. der Wachstumspfad durch die demographischen Auswirkungen der Ein-Kind-Politik recht schnell auf ein niedrigeres Niveau geerdet wird.
Wo lohnt sich eine Investition?
Welche Regionen sollten dann für internationale Investoren Chancen bieten? Grundsätzlich bietet eine junge Altersstruktur ein höheres Potenzialwachstum. Damit aber für internationale Investoren eine Partizipation möglich wird, darf der Druck auf den Arbeitsmarkt durch Neueinsteiger nicht zu hoch sein. Länder wie Indien, Südafrika, Indonesien und Mexiko sollten hierbei gerade an einer beachtenswerten Wegscheide angekommen sein. In Indien ist die Geburtenrate seit 2000 von 3,3 auf 2,4 im Jahr 2015 gesunken. Ähnliches gilt für Mexiko und Südafrika. In Indonesien liegt diese bereits seit 1998 auf einem Plateau von 2,45.
In welche Regionen sollte man lieber nicht investieren?
Vorsicht ist dagegen in den meisten afrikanischen Staaten geboten. Durch die nach wie vor hohe Geburtenrate wird die Inflation dort aller Voraussicht nach auch in Zukunft internationalen Investoren das Geschäft vermiesen. Hingewiesen sei darauf, dass eine gesunde Alterspyramide nur eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für eine aussichtsreiche internationale Makroinvestition sein kann. Entscheidend ist letztlich, dass auch institutionelle Rahmenbedingungen wie Rechtssicherheit vorgefunden werden können.
Vorsicht ist jedoch auch vor vielen osteuropäischen Ländern geboten. Für Länder wie Bulgarien und Kroatien, die durch den Fall der kommunistischen Regierungen (und Bürgerkrieg im Falle Kroatiens) einen erheblichen Wegzug junger Menschen beklagen müssen, gehen Schätzungen davon aus, dass in den kommenden zehn Jahren bis 2026 rund 10 % der arbeitenden Bevölkerung wegfallen.
Vorsicht ist auch geboten, bei Ländern, die die Schuldenlast nicht in den Griff bekommen oder bekommen wollen. Augenfällig hierbei sind die südeuropäischen Länder wie Italien, Griechenland und Portugal, deren niedrige Geburtenraten auch dazu führen werden, dass immer weniger Steuerzahler die Schuldenlast tragen müssen. Auch in Deutschland dürfte das Umlageverfahren im Rentensystem eine erhebliche steuerliche Belastung künftiger Generationen implizieren. Eine höhere Steuerquote sollte die logische Folge sein – nicht unbedingt das Umfeld, in dem sich internationale Anleger wohl fühlen. Aber auch die angelsächsischen Länder USA und Großbritannien sind mit Vorsicht zu genießen. In den USA sind die Pensionsverpflichtungen im staatlichen Sektor teils erheblich unterdeckt. Großbritannien lebt in allen Bereichen auf Pump. Besonders gravierend: die Sparquote der Bürger beträgt im Durchschnitt 0 %, sie sorgen also gar nicht für das Alter vor.
Wer in Zukunft erfolgreich investieren will, sollte diese tektonischen Verschiebungen im Hinterkopf haben und auf Unternehmen setzen, die hiervon profitieren können. Bei denen die Marktdurchdringung von Ländern wie Indien, Südafrika, Mexiko und Indonesien etwa mithilfe durchdachter Managemententscheidungen ganz oben auf der Prioritätenliste steht.
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