Investor Frank Thelen: „Deutschland muss endlich aufwachen“
Investor Frank Thelen spricht sich für einen Wiedereinstieg in die Atomkraft aus, beklagt ineffiziente Energiemärkte und Bürokratie
![The shit will hit the fan soon: Frank Thelen übt heftige Kritik an der Noch-Bundesregierung. Foto: Ben Fuchs](https://www.ingenieur.de/wp-content/uploads/2025/01/frank-thelen-factory-berlin-ben-fuchs-2-e1737737361714-1200x600.jpg)
The shit will hit the fan soon: Frank Thelen übt heftige Kritik an der Noch-Bundesregierung.
Foto: Ben Fuchs
Herr Thelen, vor welchen Herausforderungen stehen Unternehmensgründerinnen und -gründer derzeit in Deutschland?
Frank Thelen: Eines unserer größten Probleme ist die überbordende Bürokratie. Es gibt Abertausende Regularien und Dokumentationspflichten rund um Steckdosen, Netzteile, Sicherheitsausgänge, Toiletten und die Arbeitszeiterfassung. Die Regularien werden immer komplexer. Sie sind weder sinnvoll noch zumutbar. Die Bürokratie ist mittlerweile zu einer Existenzbedrohung geworden, die schon viele Start-ups getötet und Deutschland wertvolles Wachstum gekostet hat. Unter der Regulierungswut leiden aber auch große Konzerne, etwa die Deutsche Telekom AG – insbesondere im Bereich des Mobilfunkausbaus. Der Bau von Funktürmen und die Installation von Mobilfunkausrüstung erfordern oft langwierige Genehmigungsverfahren auf kommunaler und regionaler Ebene.
Es ist Augenwischerei zu glauben, die Deutsche Telekom oder SAP repräsentierten eine gesunde deutsche Wirtschaft. Denn das meiste Geld verdienen diese Konzerne in den USA. Doch trotzdem trauen wir uns bislang nicht, stark durchzugreifen und die Bürokratisierung endlich wirkungsvoll einzudämmen. Deshalb brauchen wir dringend eine neue Regierung, die die Deregulierung mit großen Schritten vorwärtsbringt. Denn es gibt noch genügend andere schwerwiegende Herausforderungen für Unternehmensgründer. Sie müssen sich in einem Deutschland aufstellen, in dem es dem etablierten Mittelstand immer schlechter geht. Unternehmen wie Sennheiser, Miele und Porsche kündigen Tausenden Mitarbeitenden und verlagern ihre Produktion ins Ausland. Damit gehen auch viele Aufträge verloren, die diese Unternehmen früher an Start-ups vergeben hätten. Die neue Regierung muss daher dringend dafür sorgen, für die Wirtschaft in Deutschland wieder bessere Bedingungen zu schaffen.
„Unsere Energiepolitik ist ineffizient und die Energiepreise für die Wirtschaft sind nicht länger tragbar“
Was erwarten Sie von der nächsten Bundesregierung konkret?
Fakt ist: Die Energiepolitik der Ampel-Regierung hat Deutschland in eine tiefe Krise gestürzt. Es ist unfassbar, wie wir derzeit versuchen, uns die Energiewende schönzureden. Wir zahlen Negativpreise, um überschüssigen Strom aus regenerativen Quellen loszuwerden. Wir kaufen ihn dann wieder teuer ein, wenn der Wind nicht weht oder die Sonne nicht scheint. Unsere Energiepolitik ist ineffizient und die Energiepreise für die Wirtschaft sind nicht länger tragbar. In diese Lage hat uns eine linke Ideologie geführt, die Chaos anrichtet und das Land Wachstum und Wohlstand kostet.
Wie sehr die Unternehmen darunter leiden, lese ich jeden Tag in meinen E-Mails. Der Tenor der Hilferufe, die mir wirklich das Herz brechen, lautet: „Wenn die Energiepolitik von SPD und Grünen fortgesetzt wird, müssen wir bald aufgeben.“ Ich bin tiefgreifend frustriert, schockiert und überzeugt: „The shit will hit the fan soon“ – will sagen: Die Ergebnisse der letzten drei Jahre werden bald überall sichtbar.
Was müsste Ihrer Einschätzung nach geschehen?
Um diese fatale Entwicklung zu stoppen, muss die nächste Regierung die Fehler der Ampel schnellstmöglich korrigieren. Wir brauchen eine Wende in der Energiepolitik und müssen wieder in die Atomkraft einsteigen. Darüber hinaus muss die neue Regierung eine vernünftige Migrationspolitik auf den Weg bringen, die unsere Sozialsysteme vor einer unkontrollierten Zuwanderung schützt.
Und das sage ich als rheinländische Frohnatur, die von Multikulturalität überzeugt ist. Wenn wir einfach nur weiter Geld drucken und mit dubiosen Gesetzen verteilen, wird Deutschland abrutschen. Und eine schrumpfende Wirtschaft ist eine sehr unschöne Sache. Sie generiert Angst, weil Menschen ihren Lebensstandard verlieren. Die Geschichte hat gezeigt, dass eine solche Entwicklung brandgefährlich ist. Deutschland braucht daher schnellstmöglich wieder eine wachsende Wirtschaft.
Frank Thelen: „Wir laufen Gefahr nicht mehr auf Augenhöhe mit Ländern wie den USA und China zu verhandeln“
Wie stellen Sie sich die Zukunft der deutschen Wirtschaft vor?
Deutschland – und ganz Europa – muss dringend neue Technologieführer hervorbringen, Unternehmen von der Größenordnung einer SAP, die auch international von Bedeutung sind. Ohne solche Akteure laufen wir Gefahr, in Zukunft nicht mehr auf Augenhöhe mit Ländern wie den USA und China zu verhandeln. Es darf nicht dazu kommen, dass wir zwar stolz auf unsere Freilichtmuseen sind, aber weder über eine eigene Batterieproduktion noch über bedeutende Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz verfügen.
Ich bin deshalb darum bemüht, vielversprechende Unternehmen schon in frühen Phasen zu unterstützen. Ein Beispiel dafür ist Robco aus München. Das Unternehmen entwickelt Roboter für die Industrie und macht Automatisierung auch für Betriebe erschwinglich, die bisher keinen Zugang zu solchen Technologien hatten.
Können Sie weitere Beispiele nennen?
Ein anderes Beispiel ist Endurosat. Das Raumfahrtunternehmen aus Bulgarien mit einer Niederlassung in Berlin entwickelt Nano-Satelliten, die den Zugang zum Weltraum effizienter und erschwinglicher machen. Für zukunftsweisend halte ich außerdem das Konzept der Flugtaxis, die Menschen sicher und günstig von A nach B bringen. Diese neuartige Form der Mobilität ist eine Billionenindustrie, die derzeit allerdings von China und den USA angeführt wird.
Um für ein europäisches Gegengewicht zu sorgen, unterstützen wir Lilium, ein deutsches Unternehmen für elektrische Luftmobilität. Bei diesem Fall hat sich gezeigt, wie schwer es derzeit für Start-ups sein kann, ausreichendes Wagniskapital zu bekommen. Im Silicon Valley ist es Standard, dass Investoren an der Theke 100-Mio.-$-Schecks für progressive Projekte ausstellen. Hierzulande finden sich weit weniger Unternehmer, die ihr Geld mutig anlegen. Und hier schließt sich der Kreis: Wir müssen dringend verhindern, dass vermögende Menschen in einer Braindrain-Welle das Land verlassen. Viele meiner finanzstarken Kollegen sind bereits gegangen. Ich selbst bin kurz davor.
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