Kleine Investition bringt großen Gewinn
ERP kann CAFM-Systeme nicht vollständig ersetzen.
Obwohl es unumstritten ist, dass ein professionelles Facility Management nicht ohne den Einsatz von Informationstechnologie möglich ist, verwenden nur sehr wenige Unternehmen in Deutschland CAFM-Software. „Es ist eine winzige Minderheit. Und von dieser nutzen nur die Wenigsten CAFM als Werkzeug für die Produktivitätssteigerung“, weiß Peter Prischl, Geschäftsführer der Wiener A-Null Facility Management GmbH.
Die meisten Unternehmen würden zwar von Facility Management sprechen, tatsächlich jedoch lediglich Facility Administration betreiben. Soll heißen: Die bestehenden Defizite werden elektronisch verwaltet.
Dabei lassen sich durch den Einsatz von CAFM-Software gewaltige Effekte erzielen. So weist eine Studie, die an der TU Wien durchgeführt worden ist, anhand von vier Beispielen nach, dass der Return on Investment einer CAFM-Investition zwischen 17 % und 33 % liegt. Prischl führt als Beispiel den Musikkanal MTV an. Dessen Mutter Viacom hat im Hauptgebäude des Senders am Londoner Times Square ein simples CAFM-System installiert, in dem unter anderem alle Ausgänge für Mikrofone, Kameras, Scheinwerfer, Nebelmaschinen und ähnliches erfasst sind. Dadurch wurde eine bessere Planung der Studioumbauten möglich. Prischl: „Die Umbaupausen in den einzelnen Studios konnten so von 2 h auf 20 min. reduziert werden. 50 % der Studios wurden dadurch überflüssig.“
Natürlich lohnt sich der Einsatz von CAFM-Software nicht für jedes Unternehmen. „Ein Mindestmaß an Gebäuden und Anlagen, die zu managen sind, muss schon da sein“, sagt der Experte. Seine Faustregel: „Bei Unternehmen mit einer Gebäudefläche über 10 000 m2 ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit sinnvoll, bei weniger als 5000 m2 eher nicht. Gleiches gilt für mehr als 100 und weniger als 50 Mitarbeiter.“ Je höher die Zahl der Mitarbeiter, desto größer sei die Tendenz, dass diese durch eine schlecht organisierte Arbeitsumgebung, also schlecht geordnete Facilities in ihrer Produktivität gebremst werden, begründet Prischl den Maßstab Mitarbeiterzahl.
Unternehmen, die über den Einsatz von CAFM-Systemen nachdenken, haben die Qual der Wahl. CAFM-Consultant und Buchautor Jens Nävy aus Solingen schätzt, dass in Deutschland etwa 50 Programme auf dem Markt sind. Führende Anbieter sind Speedikon, Nemetschek mit dem System Allfa, Agiplan Technosoft mit BuiSy, Fa Me und das US-Unternehmen Aperture. Hinzu kommen die Anbieter unternehmensweiter Standardsoftware.
„SAP hat lange den Eindruck erweckt, dass man nur das Modul Real Estate (RE) ihrer Standardsoftware R/3 braucht, um Facility Management zu betreiben“, berichtet Prischl. Das sei jedoch ein Irrglaube. „Das RE-Modul ist im Grunde nur dazu gut, Mieten vorzuschreiben und Betriebskosten abzurechnen“, spitzt er zu. Nävy formuliert nicht ganz so drastisch, stimmt seinem Kollegen aus Wien aber im Kern zu: „SAP RE unterstützt den Bereich Immobilienmanagement. Facility Management umfasst aber auch Flächenmanagement, kaufmännisches und technisches Gebäudemanagement sowie Services.“
Mit SAP RE allein werden Unternehmen, die ein vernünftiges Gebäudemanagement aufsetzen wollen, also nicht weit kommen. Trotzdem kann die Anwendungslösung R/3 und ihr Nachfolger MySAP das Facility Management durchaus sinnvoll unterstützen. „Ein vernünftiges Gebäudemanagement wird aber erst durch das Zusammenspiel verschiedener Module der Software ermöglicht“, sagt Prischl. Seinen Angaben zufolge müssen mindestens die Programmbausteine Finanzen und Controlling (FI/CO), Anlagemanagement (AM), Anlagen- und Werksinstandhaltung (Plant Maintanance, PM) und das Projektsystem, mit dem Projekte gemanaged werden können (PS), zusammenarbeiten.
Was dann aber immer noch fehlt, ist die Visualisierung – beispielsweise von Gebäudegrundrissen, Stockwerks- oder Flächenbelegungsplänen. Denn die SAP AG bietet in ihren Programmen keine Grafikunterstützung an. „Die grafische Visualisierung ist die Domäne der Anbieter von CAFM-Software, die oft aus dem CAD-Bereich kommen“, erklärt Prischl und ergänzt: „Für das Facility Management ist sie jedoch unverzichtbar.“
ERP-Software kann CAFM-Systeme also nicht komplett ersetzen. Auf der anderen Seite haben viele Spezialprodukte Schwächen bei den kaufmännischen Funktionen. „Hier hat SAP als langjähriger Hersteller von Rechnungswesen- und Buchhaltungssoftware eindeutig Vorteile“, urteilt Hans-Joachim Hilbert, Management Direktor beim Beratungsunternehmen BearingPoint. CAFM-Experte Nävy sieht es ähnlich: „Je mehr kaufmännische Integration benötigt wird, desto größer der Vorteil auf Seiten der ERP-Software.“ Neben SAP nennt er Navision von Microsoft als weitere unternehmensweite Standardsoftware mit Funktionen für das Facility Management. Allerdings bestehe ein CAFM-Gesamtsystem immer aus mehreren komplementären Produkten. Nävy: „Die Kostenrechnung wird immer in einem ERP-System laufen, die Gebäudeleittechnik in einem GLT-System und Funktionen wie die Gebäudeplanung in einem CAD-System. Die entscheidenden Fragen sind, welches System das Führungsinstrument ist und wie die Programme integriert sind.“
Gehört das Facility Management nicht zum Kerngeschäft eines Unternehmens, dürfte es Nävy zufolge wenig Sinn machen, dafür extra eine SAP-Lösung anzuschaffen. Vielmehr mache hier ein Ansatz Sinn, bei dem ein CAFM-System als Führungsinstrument eingesetzt wird, in dem die überwiegenden FM-Prozesse abgewickelt werden. Die kaufmännischen Prozesse wie Finanzbuchhaltung und Kostenrechnung laufen dann im ERP-System.
Unternehmen, die bereits SAP im Einsatz haben oder FM als Kerngeschäft betreiben, können die FM-Prozesse überwiegend in der unternehmensweiten Software abbilden und ein CAFM-System oder ein anderes grafisches Tool für die Visualisierung nutzen. In diesem Fall reicht ein einfaches CAFM-Programm mit einer guten Gafikdarstellung aus.
„Der dritte Weg ist die Kombination von Funktionalitäten aus dem CAFM- und dem SAP-System“, so Nävy. So könne mit SAP RE das Immobilienmanagement abgewickelt werden und das Flächenmanagement im CAFM. Bei Prozessen wie Instandhaltung und Auftragsbearbeitung, die in beiden Systemen abgebildet werden können, haben die Unternehmen dann die Wahl und können sich ihr individuelles System zusammenstellen lassen.S. THOLE
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