Krauss-Maffei und Nexter wollen deutsch-französischen Rüstungskonzern schmieden
Die beiden größten Rüstungskonzerne Deutschlands und Frankreichs, Krauss-Maffei Wegmann und Nexter, wollen fusionieren und damit ihren Preiskampf einstellen.
„Wenn du deinen Gegner nicht besiegen kannst, dann umarme ihn“, lautet ein chinesisches Sprichwort. Der deutsche Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann (KMW) mit Sitz in München und der französische Staatskonzern Nexter Systems nehmen das offenbar ernst: Sie wollen in Zukunft gemeinsame Sache machen. „Auf Ausschreibungen werden wir künftig mit einer Stimme reagieren, statt uns in einem Preiskrieg gegenseitig zu unterbieten“, hieß es zu den Gründen.
Ausgeglichenes Kräfteverhältnis an der Spitze
Am Dienstagabend unterzeichneten Vertreter der Rüstungsunternehmen eine Erklärung, die einen Zusammenschluss in Form einer gemeinsamen übergeordneten Holding mit Sitz im niederländischen Amsterdam innerhalb der nächsten neun Monate vorsieht – das endgültige Einverständnis der deutschen und der französischen Regierung vorausgesetzt.
Bis dahin wollen KMW und Nexter sich weiter unter die Lupe nehmen, wozu auch der gegenseitige Einblick in die Bücher gehört. Die Vereinbarung sieht vor, dass beide Unternehmen je 50 Prozent der Aktien der Neugründung erhalten, die nach Angaben der Frankfurter Allgemeinen Zeitung noch den Arbeitstitel New-Co S.A. trägt. Auch das Kräfteverhältnis in der Unternehmensführung soll mit einer Doppelspitze aus zwei Deutschen und zwei Franzosen ausgeglichen sein. Hinzu kommen drei Führungskräfte, auf die sich die Unternehmen gemeinsam einigen wollen.
Im französischen Verteidigungsministerium heißt die Vereinbarung dem Nachrichtenmagazin Spiegel online zufolge Operation KANT, eine Abkürzung für KMW and Nexter together. Arbeitsplätze seien dadurch nicht gefährdet. Stattdessen würden durch die Bündelung der Kräfte bei Einkauf, Marketing, Forschung und Entwicklung neue Produkte und neue Möglichkeiten auf dem Weltmarkt geschaffen. Das neue Unternehmen hat einer gemeinsamen Erklärung von KMW und Nexter zufolge etwa 6000 Mitarbeiter, annähernd zwei Milliarden Euro Jahresumsatz und einen gemeinsamen Auftragsbestand von 6,5 Milliarden Euro für die nächsten Jahre.
Familienunternehmen trifft Staatsbetrieb
KMW befindet sich bis jetzt komplett in der Hand der Familienholding Wegmann Unternehmens-Holding, die hauptsächlich der deutschen Familie Bode gehört. Das Hightech-Unternehmen hat seinen Hauptsitz in München und beschäftigt etwa 3200 Mitarbeiter, viele davon Ingenieure. Nexter mit Sitz in Roanne gehört bisher dem französischen Staatsunternehmen Giat. Für die geplante Fusion soll es im Laufe der nächsten fünf Jahre aber privatisiert werden. Nexter beschäftigt an sieben Standorten rund 2800 Menschen, und ebenso wie bei KMW liegt der jährliche Umsatz bei etwa 800 Millionen Euro.
Operation Kant wäre also ein Zusammenschluss ebenbürtiger Partner. Das zeigt sich auch im Portfolio der Unternehmen: Trotz einer ähnlichen Angebotspalette, die jeweils Kampfpanzer, geländegängige Allradfahrzeuge oder gepanzerte Truppentransporter umfasst, seien die beiden zukünftigen Partner bisher in unterschiedlichen Märkten unterwegs gewesen, schreibt die Frankfurter Allgemeinen Zeitung und folgt damit der Argumentation der beiden Unternehmen. Zudem hätten die Franzosen zum Beispiel diverse Waffensysteme im Angebot, die es bei KMW nicht gebe. Lediglich mit den Panzern Leopard und Leclerc hatten sich die Konzerne in der Vergangenheit regelmäßig Konkurrenz gemacht, zuletzt bei einem Deal mit Katar, das 62 Panzer vom Typ Leopard 2 und 24 Panzerhaubitzen von KMW bezieht.
Regierungen haben Mitbestimmungsrecht bei Waffendeals
„Nexter, KMW und ihre Eigentümer bewerten ihren Schritt als entscheidend für die Konsolidierung der wehrtechnischen Industrie Europas“, heißt es in der Pressemitteilung der Unternehmen. Ihre gemeinsame strategische Neuaufstellung ermögliche den Erhalt von Arbeitsplätzen und Kompetenzen im Kern der Europäischen Union. Konkurrenz wird es also demnächst nicht mehr geben zwischen den beiden Panzerschmieden – völlig frei agieren können die Unternehmen jedoch auch in Zukunft nicht.
So hat der deutsche Staat bei Rüstungsexporten weiter den Daumen drauf: Bei jedem Deal ins Ausland ist die Zustimmung der Regierung erforderlich. Auch Paris hat bei Verkäufen in Krisengebiete ein Wort mitzureden – egal, ob Staatskonzern oder nicht. Ob die Bestimmungen in beiden Ländern tatsächlich so gut harmonieren wie behauptet, wird sich zeigen. Nachteile muss jedoch Rheinmetall befürchten, ein weiteres deutsches Rüstungsunternehmen, bisheriger KMW-Hauptpartner und gleichzeitig Konkurrent. Aber vielleicht stößt auch dieses Unternehmen zur neuen Holding, die bereits Offenheit für weitere Partner signalisiert hat.
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